Zweiklassen-Impfung gegen Schweinegrippe? / BDI: Panikmache ist kontraproduktiv
(Wiesbaden) - Die Verwirrung in der Bevölkerung ist groß: Bundesregierung, hohe Beamte und Bundeswehr bekommen einen anderen, angeblich verträglicheren Impfstoff gegen die Schweinegrippe als der Rest der Bevölkerung. Für den Präsidenten des Berufsverbandes Deutscher Internisten, BDI e.V., Dr. Wolfgang Wesiack, ist das faktisch die von der Politik eigentlich abgelehnte Priorisierung von Leistungen: Impfstoff erster Klasse für die politische Elite, Impfstoff zweiter Klasse für das Fußvolk.
Mit ihrem ungeschickten Vorgehen hat die Bundesregierung sehr viel Vertrauen in der Bevölkerung verspielt. Wesiack befürchtet, dass nun noch weniger Bürger die Grippe-Impfung in Anspruch nehmen. Mehr als die Hälfte der Deutschen sieht laut einer Umfrage von infratest dimap ohnehin keinen Anlass, sich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. Wesiack kritisiert: "Das kann ein Millionen-Flop werden."
Die bedauerliche Informationspolitik der Bundesregierung hat die Angst der Bevölkerung vor einer real nicht existierenden "Zweiklassenmedizin" bestärkt, stellt Privatdozent Dr. Andrew J. Ullmann, Sprecher der BDI-Sektion Infektiologie, fest. Die neue Grippe verläuft bisher relativ harmlos, doch kann eine zweite Welle potentiell anders ausfallen. Schwere Verläufe bei jungen Menschen und Schwangeren sind außerhalb Deutschlands berichtet worden.
Menschen in medizinischen Berufen haben eine besondere Verantwortung gegenüber den Patienten. Potentiell wären sie mindestens 24 Stunden vor einer Influenza-Erkrankung bereits infektiös und könnten Patienten anstecken. Ullmann empfiehlt daher den Angehörigen der medizinischen Berufe, sich sowohl gegen die saisonale Grippe als auch gegen A/H1N1v impfen zu lassen.
Die Impfung bietet Schutz. Die Empfehlung gilt besonders auch für Angehörige von Risikopatienten. Die Impf-Effektivität bei den betroffenen Patienten ist immer geringer im Vergleich zur übrigen Bevölkerung. Geimpfte Angehörige bieten ihnen einen zusätzlichen Schutz.
Der BDI rät daher, sich gegen die saisonale Grippe und gegen A/H1N1v impfen zu lassen. Da lokale Reaktionen häufig sind, sollten mindestens 5 Tage zwischen den Injektionen liegen. Drei Impfstoffe gegen A/H1N1v sind von der EMEA zugelassen:
- Celvapan
- Focetria
- Pandemrix.
In der Effektivität der Vakzine wurde kein Unterschied dokumentiert. Die Nebenwirkungen sind bei allen ähnlich, erklärt Ullmann. Am häufigsten wurde von lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle berichtet. Der BDI unterstreicht die Empfehlungen der STIKO und des Paul-Ehrlich-Instituts:
- Kinder von 6 Monaten bis 9 Jahren: zwei halbe Erwachsenendosen (0,25 ml) im Mindestabstand von drei Wochen
- Personen von 10 bis 60 Jahren: eine ganze Erwachsenendosis (0,5 ml)
- Erwachsene über 60 Jahre: zwei ganze Erwachsenendosen (0,5 ml) im Mindestabstand von drei Wochen.
Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI)
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