Verbändereport AUSGABE 4 / 2024

Automation und Innovation?

Wie KI-Sprachmodelle die Verbandswelt verändern werden

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Künstliche Intelligenz (KI) bietet eine doppelte Chance für Verbände: Effizienzsteigerung durch Automation und die Möglichkeit zur Innovation durch neue Mehrwertdienste für Mitglieder. Sprachmodelle und multimodale Dialogsysteme entwickeln sich immer weiter, sodass sie nicht nur wiederkehrende Prozesse optimieren, sondern auch als Grundlage für neue Mitglieder-Services dienen können.


Dieser Artikel stammt aus dem Special "Verbands-Tuning"

Sprachmodelle machen Dialogsysteme zu persön­lichen Assistenten

Seit der Verbreitung erster generischer Sprachmodelle im November 2022, oft als „GPT-Moment“ bezeichnet, hat sich das Bewusstsein für die Einsatzmöglichkeiten künstlicher Intelligenz in Verbänden und Unternehmen massiv erhöht. Ob proprietäre GPT- oder Open-Source-Modelle wie LLama oder Mistral – KI-Sprachmodelle lassen sich zunehmend mit multimodalen Dialogsystemen kombinieren, die verschiedene Medien integrieren (Bild zu Text, Text zu Video, Text zu Sprache etc.) und sich so zu sehr effektiven Tools und immer flexibleren, persönlichen Assistenten weiterentwickeln.

KI kann eine wichtige Stütze für Verbände sein

Während die technologischen Entwicklungen immer schneller ablaufen, steigt gleichzeitig auch die Anzahl an bürokratischen Vorgaben und Verordnungen, insbesondere in Deutschland, aber auch in der EU, konstant an. Dabei wird die Belastung der deutschen Wirtschaft und damit vieler Verbandsmitglieder inzwischen durch Bürokratie auf rund 65 Milliarden Euro jährlich geschätzt (Quelle: Normenkontrollrat).

Auf der Verbandsseite sind laut DGVM-Jahresumfrage 2023 drei große Trends bzw. Herausforderungen zentral, die alle direkt oder indirekt mit KI-Sprachmodellen in Beziehung stehen:

  • Digitalisierung weiter vorantreiben/Chancen für den Verband nutzen: Die Digitalisierung generell ist ein entscheidender Faktor, um als Verband zukunftsfähig zu bleiben. KI übernimmt hier mehr und mehr eine Schlüsselrolle, da sie immer tiefer in die Prozesse und Anwendungen wandert und damit hohe Effizienzgrade schafft (Automatisierung). Bestehende digitale Lösungen, die keine KI-Technologie integrieren, werden aufgrund des dynamischen Wettbewerbs bereits in wenigen Jahren keine große Rolle mehr spielen.

  • Mitgliederkommunikation intensivieren, Mitglieder gewinnen, Mitglieder binden: Eine enge Mitgliederbeziehung ist für das langfristige Funktionieren von Verbänden essenziell. KI ermöglicht dabei eine personalisiertere Ansprache und kann so den Dialog mit den Mitgliedern verbessern. Durch die Analyse von Mitgliederdaten kann KI gezielte Empfehlungen und Angebote unterbreiten, die individuell auf die Bedürfnisse der Mitglieder zugeschnitten sind. Zudem kann KI dazu genutzt werden, die Anliegen der Mitglieder besser zu verstehen, indem sie Trends und wiederkehrende Themen in den Anfragen identifiziert.

  • Ausbau von Mehrwertleistungen, Services und Dienstleistungen für die Mitglieder: Zusätzliche Leistungen, die den Mitgliedern echten Mehrwert bieten, können durch KI entwickelt und bereitgestellt werden. KI kann dabei helfen, neue Dienstleistungen zu entwickeln (Innovation).

Diese Auflistung zeigt, dass die Besonderheit von KI und insbesondere KI-Sprachmodellen darin liegt, dass es sich um eine Effizienz- und Effektivitätstechnologie handelt. Ihr Einsatz kann Prozesse effizienter und gleichzeitig Ergebnisse qualitativ besser machen.

KI macht den Alltag für Verbände effizienter

Im Bereich der Effizienzsteigerung kann KI insbesondere in folgenden Aufgabenbereichen konkrete Mehrwerte liefern:

  • Veranstaltungsplanung & -vermarktung: KI-gestütztes Marketing sorgt u. a. dafür, dass die richtigen Speaker und/oder Teilnehmer noch authentischer und zielgerichteter angesprochen werden oder dass Preise dynamisch gesetzt werden.

  • Fachkräftegewinnung: Automatisierte Systeme können unter rechtlichen Voraussetzungen Arbeitnehmerprofile und Stellenanforderungen noch effizienter zusammenbringen.

  • Internes Wissensmanagement: Intelligente Systeme sorgen dafür, dass internes Wissen schnell erfasst und wieder bereitgestellt wird („Closed-Loop-Prinzip“).

  • Bereitstellung von Branchen- und Marktinformationen: KI-gestützte Recherche-Möglichkeiten können unabhängig von Daten noch bessere und schnellere Informationen liefern.

  • Rund-um-die-Uhr-Helpdesk-Service: KI-Chatbots können verschiedenste Anwenderfragen für Softwarelösungen rund um die Uhr beantworten und so den Support entlasten.

KI als Innovationshebel für Verbände

Neben der Automatisierung bietet KI auch Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Geschäftspotenziale. Dazu gehören:

  • Beratungsdienstleistungen: KI macht aus klassischen Dienstleistungen neue (digitale) Services, die mitgliederzen­triert neue Mehrwerte schaffen, z. B. in den Bereichen Recht, Geschäftsprozesse, Finanzen, Personal sowie Forschung & Entwicklung. Insbesondere die Rechtsberatung kann auf Basis von Sprachmodellen teilweise neu gedacht und erbracht werden.

  • Fortbildung und Qualifizierung: Individuelle Entwicklungs- und Lernpfade auf Basis bestehender Inhalte ermöglichen eine noch flexiblere und personalisiertere Lernerfahrung. Skripte enden beispielsweise nicht als PDF-Dokument auf den Laufwerken, sondern werden zur Dauerhilfe über das Seminar hinaus. Zudem können die Skripte durch die Aussagen der Dozenten bei Aufnahmen weiter mit Wissen angereichert werden.

  • Kooperationsvermittlung: Durch intelligentes Matchmaking können neue Kooperationen zwischen Mitgliedern und mit anderen Verbänden/Netzwerken erleichtert werden, um gemeinsam neue Geschäftspotenziale entlang der Kundenschnittstelle zu heben. „Innovationsökosysteme“, die anderweitig nicht erkannt oder nur unter prohibitiv hohen Transaktionskosten zustande kommen könnten.

KI nicht zum Selbstzweck

Das strategische Ziel des Einsatzes von KI sollte es immer sein, den Mitarbeitenden in Verbänden mehr Zeit für strategisch und menschlich wichtige Themen zu geben und gleichzeitig den Mitgliedern innovative Mehrwertdienste anzubieten, die ihnen bisher nicht zur Verfügung standen.

Für Führungskräfte in Verbänden lautet daher die Empfehlung: Setzen Sie sich gezielt sowohl mit den Automatisierungs- als auch mit den Innovationspotenzialen von KI auseinander. Für den Einstieg empfehlen sich folgende zentrale Schritte:

Erste Schritte zur Automation mit KI

  1. 1. Identifizieren Sie repetitive Aufgaben, die durch KI automatisiert werden können. Neben den genannten Bereichen können es zu Beginn auch ganz administrative Aufgaben wie die Terminplanung, das Versenden von Erinnerungen oder die Bearbeitung einfacher Anfragen sein.

  2. 2. Pilotprojekte starten: Implementieren Sie kleine Pilotprojekte, um erste Erfahrungen zu sammeln. Pilotprojekte helfen dabei, das Potenzial von KI in einem kontrollierten Umfeld zu testen und den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, sich mit der Technologie vertraut zu machen.

  3. 3. Mitarbeiter schulen, um die Zusammenarbeit mit KI-Systemen zu erleichtern. Die Schulung der Mitarbeiter ist entscheidend, damit diese lernen, wie sie die neuen Technologien nutzen können, um ihre Arbeit effizienter zu gestalten. Hierbei sollte auch die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine geübt werden, um die Stärken beider optimal zu nutzen.

Erste Schritte zur Innovation mit KI

  1. 1. Neue Geschäftsmodelle identifizieren, die durch KI-Sprachmodelle ermöglicht werden. Dies könnte z. B. die Einführung neuer Beratungsdienstleistungen oder die Entwicklung digitaler Produkte umfassen, die auf den Bedürfnissen der Mitglieder basieren.

  2. 2. Mitgliederservices erweitern, z. B. durch personalisierte Weiterbildungsangebote. Personalisierte Angebote können dazu beitragen, die Mitgliederbindung zu stärken und neue Mitglieder zu gewinnen, indem sie einen echten Mehrwert bieten.

  3. 3. Kooperationen fördern, um neue Anwendungsfelder zu erschließen. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Netzwerken können Synergien genutzt und innovative Lösungen entwickelt werden, die den Mitgliedern zugutekommen.

Abschließend lässt sich nochmals hervorheben, dass die Kombination von Automatisierung und Innovation neue Möglichkeiten schafft, die Mitgliederbindung nachhaltig zu stärken und den Verband zukunftsfähig zu machen.

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Autor/in

Martin Allmendinger

ist Geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens OMM Solutions GmbH, eines Innovationsberaters und Technologiedienstleisters aus Stuttgart. Er begleitet Unternehmen und Verbände ganzheitlich bei der digitalen Transformation, mit den besonderen Schwerpunkten strategisches Innovationsmanagement, digitales Produktmanagement und intelligentes Wissensmanagement.

https://www.omm-solutions.de

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