In einer kleinen Reihe widmet sich der Verbändereport, beginnend in dieser Ausgabe, dem ganz praktischen Alltagsgeschäft der Verbände. Dieser Verbändealltag gerät, alle in Verbänden Tätigen wissen es, oft gegenüber den politischen Fragen und den „großen Themen“ eher in den Hintergrund, ist aber durchaus nicht unwichtig als Grundlage und Nährboden, auf dem die „wirklich wichtigen Dinge“ wie die erfolgreiche Interessenvertretung oder die Dienstleistung am Mitglied wachsen können.
Praktisches Verbandsgeschäft: Das umfasst alles von der Büroorganisation in der Geschäftsstelle über das Publikationsangebot zum Sonderpreis für Mitglieder oder die Sitzungsvorbereitung für die nächste Vorstandssitzung bis hin zur Planung, Organisation und Durchführung der jährlichen Mitgliederversammlung.
Wir beginnen mit einem Thema, das Vorstände und ehrenamtliche Funktionsträger und die hauptamtlichen Mitarbeiter/-innen gleichermaßen betrifft: Das Leiten von Gremiensitzungen und Besprechungen ist eine Kunst, die direkte Auswirkungen auf die Qualität der Ergebnisse und Beschlussfassungen hat.
Warum ist es so schwer, einen Nachfolger für Thomas Gottschalk zu finden?
Also für einen Mann, der über Jahre hinweg erfolgreich eine Quizsendung „moderiert“ und ihr einen festen Platz im deutschen Fernsehen verschafft hat? Gottschalk hat offensichtlich Standards gesetzt als Fernseh-Moderator, die sehr stark mit seiner Person zusammenhängen und deshalb schwer reproduzierbar sind. Moderatoren in den Medien treten in der Rolle des „Löwenbändigers“, des Unterhaltungslieferanten, des Schauspielers und Selbstdarstellers, manchmal auch des „akzeptierten Freaks“ auf, oft auch als offensiv-kritischer bis aggressiver Provokateur, der Diskussionsteilnehmer und ihre Positionen grundsätzlich infrage stellt – sie sind also sehr als starke und lenkende Persönlichkeit gefragt, die mit ihren Eigenheiten im Vordergrund des Geschehens steht und den Verlauf der Sendung
entscheidend prägt.
Die kritische Wahrnehmung von Moderation
Dieses Bild von Moderation ist nur zu oft in den Köpfen, wenn von moderierten Sitzungen die Rede ist – dabei versteht sich eine seriöse Moderation von Gremiensitzungen, Ausschüssen, Besprechungen und Versammlungen gerade umgekehrt als Leitung durch eine Moderationsperson, die sich als Person zurücknimmt und den Sitzungsteilnehmer/-innen mit ihren Beiträgen und Meinungen wie auch der Sache, also dem Sitzungsthema mit all seinen Aspekten, zur Geltung verhilft.
Die eine andere Seite der kritischen Wahrnehmung von Moderation im Verbandskontext macht sich gerade an letzterem Prinzip fest: Kritisiert wird genau die persönliche Zurücknahme, die Neutralität der Leitungsperson, die eine effektive Entscheidungsfindung im Sinne des Verbandes verzögere oder gar verhindere: „Wir sind hier doch nicht im Kindergarten oder bei den Sozialpädagogen, wir müssen klare Positionen haben und uns auch als Vorstand durchsetzen – was soll uns da diese basisdemokratische Verfahrensweise?“ (Zitat eines nicht genannten Vorstandsvorsitzenden)
Zugegeben: Moderation war eine ganze Zeit lang „in Mode“, wurde unreflektiert angewandt und als generell taugliche Alternative zur klassischen Sitzungsleitung propagiert. Das ist Gott sei Dank heute nicht mehr der Fall, Moderation wird realistischer gesehen in ihren Einsatzmöglichkeiten und bezüglich dessen, was man mit dieser Methode erreichen kann. Allerdings ist, mit diesen Einschränkungen, Moderation als Instrument zur ergebnisorientierten Arbeit in Sitzungen nach wie vor hervorragend geeignet, wenn man gewisse Grundprinzipien beachtet und sich im Vorfeld einer Entscheidung zur Moderation die richtigen Fragen stellt.
Grundprinzipien der Moderation
Kurz gefasst: In der Moderation geht es um eine Alternative zur „normalen“ Sitzungsleitung, die zu bestimmten Zwecken und Zielen und unter bestimmten zeitlichen, räumlichen und persönlichen Voraussetzungen das Mittel der Wahl ist. Moderation ist ein zielorientiertes, systematisches Verfahren, teilnehmerorientiert und aktivitätsfördernd, eine Methode, die eine klare Verteilung der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten vornimmt und so einer Sitzung Struktur und Übersichtlichkeit gibt.
Diese Grundanordnung der Sitzung mit ihrer vielleicht zunächst künstlich erscheinenden Trennung von Inhalt und Struktur stellt sicher, dass die Tagesordnung tatsächlich bearbeitet wird, dass dies in einem diskussionsfreudigen und entscheidungsförderlichen Klima geschieht und dass auch wirklich Ergebnisse am Ende der Sitzung stehen. Der/die Moderator/-in hat eine (sach-)neutrale Rolle, die Teilnehmenden haben die Aufgabe, sich zu positionieren und Meinungen und Einschätzungen zum Thema zu benennen. Das oft gehörte Gegenargument, eine Moderation neutralisiere und verwässere die Diskussion und führe nicht zu eindeutigen Ergebnissen, trifft also gerade nicht zu. Die Moderationsperson unterstützt die Sitzungsteilnehmer darin, ein inhaltlich angemessenes und persönlich vertretbares Ergebnis zu erreichen, das i. d. R. natürlich nicht die Meinung eines einzelnen Sitzungsteilnehmers widerspiegelt, sondern oft die Form eines durch Diskussion erreichten Kompromisses annimmt.
Alle weiteren Elemente der Moderation, so auch die angewandten Moderationstechniken, ordnen sich dem geschilderten Grundprinzip der Zuständigkeitsteilung unter und sind an einem demokratischen Entscheidungsfindungsprozess orientiert.
Warum eignet sich Moderation besonders für Verbände?
Erste Begründung, ex negativo: die eigenen leidvollen Erfahrungen mit Sitzungen – und Sitzungen sind nun einmal ein Wesenselement von Verbänden, von der Sitzung des Bundesvorstands bis hin zur Sitzung des Unterausschusses Bildung einmal im Jahr.
Das kennen Sie alle: „Sitzung erfordert Sitzfleisch“! Also: zu lange Sitzungen; Sitzungen ohne Ergebnis; Sitzungen mit schlechtem Ergebnis, alle Teilnehmer/-innen sind unzufrieden und fragen sich, warum sie eigentlich teilgenommen haben; „Sitzung mit Platzhirsch“: nur der Leiter oder nur wenige sprechen, die anderen hören (nicht) zu oder kommen nicht zu Wort; Sitzung ohne Leitung – „wir verstehen uns doch gut, wieso soll da einer die Leitung haben?“; zu Beginn weiß man nicht, worum es eigentlich geht, und am Ende ist immer noch unklar, was eigentlich das Ziel dieser Besprechung war.
Zusammengefasst – und zugegeben etwas übertrieben: Eine Sitzung ist die Warteschleife für das anschließende Büfett, oder, mit einem Ausspruch von Werner Finck: „Eine Konferenz ist eine Sitzung, bei der viele hineingehen, aber bei der nur wenig herauskommt.“
Die gute Nachricht ist: Es geht auch anders, Sitzungen können auch kurz und effektiv sein und sogar Spaß machen, und dazu leistet Moderation einen nicht unwesentlichen Beitrag.
Zweite Begründung, und diesmal positiv:
Verbände sind per se „Meinungsbildungs-Organisationen“, organisieren Prozesse der Meinungsbildung unter ihren Mitgliedern, um dann deren Interessen gut vertreten zu können. Diese Meinungen artikulieren sich wegen des Charakters von Verbänden als „virtuelle Organisationen“ (also nicht an einem bestimmten Standort befindliche Strukturen) konkret in Sitzungen – was liegt näher, als diese Orte der Meinungsäußerung und -bildung durch angemessene Verfahren wie die Moderation systematisch zu organisieren? Mit der Moderationsmethode lassen sich die Erfahrung und die Kompetenz der Mitglieder und Mitgliedergruppen, die in den Gremien naturgemäß vertreten sind, nutzen und bündeln.
Die Vielfalt der Positionen, die unterschiedlichen Interessengruppen in Verbänden sind oft besonders für die Führung eine Herausforderung, und gerade für Verbände mit ihrem i. d. R. vielfältigen Meinungsspektrum oder Interessengegensätzen eignet sich Moderation als Methode des Interessenausgleichs und mit ihrer Wertschätzung von Meinungsvielfalt besonders gut. Sitzungsteilnehmer/-innen, die den Eindruck haben, dass ihre persönliche Meinung gefragt ist, werden weniger dazu neigen, aus Prinzip „dagegen“ zu sein, werden weniger „Widerstandspotenzial“ entfalten und z. B. durch wiederholte Geschäftsordnungsanträge den Gang der Diskussion behindern. Sitzungsteilnehmer, die aktiv an der Entscheidungsfindung beteiligt waren, werden sich im Nachhinein auch mit den Ergebnissen stärker identifizieren und so zur Nachhaltigkeit von Beschlüssen beitragen.
Entlastung Ehrenamtlicher Vorstände
Von Vorteil ist auch die ganz konkrete und spürbare Entlastung für ehrenamtliche Vorstände, insbesondere für die Vorsitzenden und Präsidenten, die im klassischen Sitzungsarrangement die anstrengende Leitung von langen Sitzungstagen übernehmen. Selbst wenn sie die Moderation nicht an eine externe Person delegieren und selber moderieren, können sie aus der Rolle des Moderators heraus Abstand zum Thema gewinnen und so vermeiden, dass die Sitzungsteilnehmer/-innen ihnen vorgefertigte Parteilichkeit unterstellen.
Eine wesentliche Leistung von Moderation ist also das Sicherstellen von Neutralität und Objektivität der Diskussion, was gerade in umstrittenen Fragen von großem Vorteil für die Findung eines tragbaren Ergebnisses sein kann. Wenn nicht um Sichdurchsetzen oder überhaupt um eine Wahrnehmung der persönlichen Standpunkte gekämpft werden muss, sondern diese qua Sitzungsarrangement vom Moderator auch durch seine persönliche Zurückhaltung garantiert werden, werden effektivere und zeitlich straffere Sitzungen möglich.
Moderation wird so ganz nebenbei Mittel der „Pflege“ und Wertschätzung von ehrenamtlichem Engagement und damit zur Bindung von Funktionsträgern und hilft so, den aktuell wahrnehmbaren Trend zum Rückzug aus dem Ehrenamt zumindest abzumildern. Weiter gedacht ist damit auch ein Element der Mitgliederbindung generell angesprochen, denn Mitglieder nehmen sehr wohl wahr – z. B. in einer moderierten Mitgliederversammlung: „Wir haben etwas zu sagen, man hört uns zu, unsere Führung ist an unserer Meinung interessiert.“ Demzufolge dient Moderation letztlich auch der Konfliktprävention und der Vermeidung eines immer wieder einmal beklagten Auseinanderdriftens zwischen Verbandsführung und der viel zitierten „Basis“.
Prüfsteine für den Einsatz von Moderation
Eines muss deutlich gesagt sein und wird auch die Skeptiker eher überzeugen: Moderation ist eine Methode, kein Allheilmittel für sämtliche Probleme und Konfliktlagen in Verbänden! Dies vorausgeschickt lassen sich klare Kriterien definieren, wofür und wann Moderation sinnvoll eingesetzt werden kann und wo sie sich eben auch nicht eignet und vielleicht die klassische Sitzungsleitung vorzuziehen ist.
Moderation eignet sich dann, wenn: in einem Gremium ein von allen getragenes Ergebnis erreicht oder eine gemeinsame Lösung erarbeitet werden soll (Ergebnisoffenheit, demokratische Entscheidungsfindung) das verbandstypische Prinzip der Konsensorientierung zum Tragen kommt es darum geht, Ideen zu sammeln und das im Verband vorhandene Wissen zu aktivieren und zu nutzen (Brainstorming, Pluralität) Ergebnisse aus verschiedenen Arbeitsgruppen zusammengetragen und zu einer Strategie verdichtet werden sollen (komplexe Fragestellungen, strategische Ausrichtung) die Sitzungsteilnehmer durch ein teilnehmerorientiertes Verfahren „mitgenommen“ und auch hierarchisch „niedrigere“ Mitglieder oder Funktionsträger mit ihren Vorstellungen berücksichtigt werden sollen (Beteiligungsorientierung, Nachhaltigkeit von Entscheidungen).
Moderation ist dagegen eher nicht geeignet, wenn:
Entscheidungen oder Beschlusslagen bereits feststehen und vermittelt werden sollen bzw. die Akzeptanz von feststehenden Ergebnissen gefördert werden soll die Sitzungsteilnehmer generell oder zum Teil das Ergebnis gar nicht beeinflussen können, sei es, weil ihnen die (fachlich-sachliche) Kompetenz oder die Entscheidungskompetenz fehlt (z. B. wenn es satzungsgemäß nicht dem Vorstand, sondern der Mitgliederversammlung obliegt, über die angesprochene Sache zu entscheiden) oder weil äußere Umstände eine Einflussnahme verbieten (wie z. B. eine Gesetzesänderung, die eine bestimmte strategische Umorientierung erzwingt) nicht genügend Zeit für eine Entscheidungsfindung in dem betroffenen Gremium zur Verfügung steht – moderierte Sitzungen sind i. d. R. nicht in einer Stunde erledigt (versprechen dafür aber bei längerer Dauer auch längere „Haltbarkeit“ des Ergebnisses) bei vorhandenen, andauernden Konflikten, die offensichtlich eine Arbeit am Sach-Thema be- oder verhindern würden (zum Sonderfall der Konfliktmoderation s. u.).
Moderierte Sitzung Versus Klassische Sitzung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass immer, wenn es um Prozesse geht, um die gemeinsame Erarbeitung eines Themas, eine moderierte Sitzung deutlich einer klassischen Sitzung vorzuziehen ist. BeschlussLAGE ist ein statischer Begriff, ähnlich wie SITZUNGSleitung einen statischen „Ort“ suggeriert, an dem diskutiert und entschieden wird. Moderation dagegen, übersetzt als „Aus- oder Angleichung“, als „Mäßigung“ im ursprünglichen Wortsinn, betont das Prozesshafte und das Veränderungspotenzial eines Zusammentreffens zu einem Thema, also den Weg der EntscheidungsFINDUNG. Moderation als lösungsorientierter Weg zum Ziel (der Herstellung von Beschlüssen oder Ergebnissen) wäre eine angemessene Formulierung.
Moderation als Technik und Haltung
Bevor man sich für eine Moderation entscheidet, müssen also im Wesentlichen zwei Fragen beantwortet sein:
Eignet sich das Sitzungsthema für eine Moderation? Ist es prinzipiell oder zumindest in Teilen ergebnisoffen, sodass die Teilnehmer tatsächlich im doppelten Sinn in der Sache etwas zu sagen haben, das Einholen ihrer Meinung also Sinn macht? Können sie den am Ende stehenden Beschluss (noch) in gewisser Weise beeinflussen? Eine bereits feststehende oder aus bestimmten, vielleicht durchaus legitimen Gründen nicht mehr revidierbare Beschlusslage per Moderationsverfahren den in einem Gremium vertretenen Funktionsträgern „beibiegen“ zu wollen, ist Verschwendung von Zeit und Ressourcen und wird von den Sitzungs-Teilnehmer/-innen, die im Allgemeinen ein sehr genaues Gespür für Atmosphärisches aufseiten der Leitung haben, eher übel genommen oder gar als Affront oder Täuschungsmanöver wahrgenommen. Das führt keineswegs zur erwünschten Akzeptanz von Sache und Person, sondern eher zum Gegenteil, wirkt also kontraproduktiv.
Eignet sich die angedachte Person für die Sitzungsleitung als Moderator? Dieser Überlegung muss sich sowohl der „Auftraggeber“ der Moderation stellen (also z. B. die Geschäftsführung, der Präsident oder die Vorstandsmitglieder, die die Sitzungsleitung an eine dritte, moderierende Person delegieren wollen) als auch insbesondere die Vorstandsvorsitzende oder der Präsident, die die Moderation als Alternative zur „normalen“ Sitzungsleitung (während der gesamten Sitzung oder in Teilphasen) einsetzen und auch selbst durchführen wollen.
Denn bei der Moderation geht es zwar auch um bestimmte Techniken, deren Einsatz erlernt und erprobt werden kann und die durchaus zielführend im oben geschilderten Sinn sind, noch mehr aber um eine „Haltung“, die der „gute Moderator“, aber auch die Teilnehmenden an einer Sitzung einnehmen – alle Beteiligten müssen von der Sinnhaftigkeit einer Moderation überzeugt sein, sonst wird sie nicht funktionieren. Moderationstechniken dürfen auf keinen Fall Selbstzweck oder gar „showing off“ eines Moderator-Selbstdarstellers sein, sondern haben immer dienende Funktion gegenüber dem Ziel der Moderation und dem Grundprinzip der Teilung der Verantwortlichkeiten.
Exkurs: Zum Verständnis von Leiten und Führen in Verbänden – interne und externe Moderation
Moderation ist Führungsaufgabe, daran geht kein Weg vorbei! Die Verbandsführung als Einladender muss eine moderierte Sitzung WOLLEN, also Sitzungen nicht nur als pseudodemokratisches Beschwichtigungsinstrument sehen, sondern wirklich an den Meinungen der Teilnehmenden und an einer gemeinsamen Entscheidungsfindung interessiert sein – besteht darüber keine Sicherheit oder Einigkeit, lautet die Empfehlung, lieber darauf zu verzichten.
Die oben erwähnte „Haltung“ bedeutet – für den Moderator/die Moderatorin, und hier gerade auch für den internen Moderator, also den Vorstands- oder Ausschussvorsitzenden: Techniken sind erlernbar und mit etwas Übung beherrschbar, entscheidend ist aber die hinter einer guten Moderation stehende Einstellung. „Haltung“ muss erworben werden in der Reflexion des eigenen Leitungsverständnisses und in der Auseinandersetzung mit dem Rollenverständnis der übrigen Vorstandsmitglieder und Sitzungsteilnehmer sowie mit dem Selbstverständnis der Mitgliedschaft insgesamt und mit der VerbandsKULTUR, also den festgeschriebenen, aber auch den gewachsenen Regeln des Umgangs miteinander.
Gleich ob man sich für einen internen oder einen externen Moderator entscheidet – und für beides gibt es gute Argumente –, die Auseinandersetzung mit dem Führungsverständnis der beteiligten Personen und des Verbandes allgemein ist Pflichtaufgabe, nach dem Motto: „Wer (Sitzungen) leiten will, muss führen können“!
interne Moderation
Im Falle der internen Moderation durch den Vorsitzenden ist im Sinne der „Selbsterforschung“ ernsthaft die Frage zu prüfen: „Kann ich als Moderator von meiner sonst üblichen Führungsfunktion zumindest zeitweise und insofern absehen, als ich offen und klar in die Rolle des ‚Entscheidungsbegleiters‘ und ‚Meinungs-Einsammlers‘ wechseln kann, und zwar wahrnehmbar für die Sitzungs-Teilnehmenden UND für mich selbst?“ Der interne Moderator sollte sich der eigenen Rolle bewusst sein (in und außerhalb der Sitzung) und braucht Flexibilität und die Fähigkeit zum Rollenwechsel. Wird diese Frage verneint oder nicht klar beantwortet, ist in der Regel von einer Moderation abzuraten oder die Alternative einer Vergabe der Moderation an einen internen Dritten oder einen externen Moderator zu prüfen.
Externe Moderation
Aber auch im Falle der Moderation durch einen (externen) Dritten ist das Führungsverständnis der Verbandsführung quasi automatisch auf dem Prüfstand. Die Rollenkonfusion in der Person des Vorsitzenden mit üblicher Sitzungsleitungs- und genereller Führungsfunktion wird sicherlich vermieden, wenn er oder sie nicht als Moderator auftritt. Allerdings zwingt auch eine Moderation, die er nicht selber übernimmt, den Vorsitzenden in eine weniger deutlich führende Rolle während der Sitzung, als er es vielleicht gewohnt ist. Durch die Delegation der Leitung an eine(n) Dritte(n) gibt der oder die Vorsitzende (scheinbar) Macht ab. Die Furcht des Vorstands vor den ehrenamtlichen Kollegen, die eine Sitzung vielleicht dominieren oder gar sprengen könnten, hat schon so manchen Vorstand(svorsitzenden) zu einem deutlichen Dominanzwillen geführt, der abweichende Meinungen nicht zulässt oder sanktioniert. Diese Furcht gilt es zu überwinden im Blick auf die größere Produktivität und Nachhaltigkeit einer moderierten Sitzung.
Hinzu kommt, dass wenigstens „im stillen Kämmerlein“ einmal die expliziten und die impliziten Ziele einer Sitzung hinterfragt werden: Es liegt nahe und ist verständlich, dass manche Vorstände die Sitzungsleitung als Weg zur eigenen Profilierung nutzen oder sie einsetzen als hierarchiebetontes Machtinstrument. Die Macht, das Wort zu erteilen oder zu entziehen, ist in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen. Der Einsatz dieses Instruments ist naturgemäß in einer moderierten Sitzung abgeschwächt.
Fazit
Oft steht auch der am Ende einer Sitzung (scheinbar) demokratisch abgestimmte Beschluss schon weit vor Beginn der Sitzung fest, weil im kleinen, internen Kreis vorab ein Konsens in einer bestimmten Frage erreicht wurde, den man aus optischen oder sonstigen Gründen dann vom eigentlich vereinsrechtlich oder satzungsgemäß dafür zuständigen Gremium noch legitimieren lässt. Solch ein Vorgehen ist Realität in Verbänden, hat mit machtpolitischen Strukturen zu tun und soll hier zunächst einmal gar nicht bewertet werden – es genügt der Hinweis, dass für eine solche Szenerie eher die klassische, auf eine Leitungsperson orientierte Sitzungsleitung zu wählen ist; eine Moderation als Verfahren macht hier keinen Sinn, da sie grundsätzlich ergebnisoffen angelegt sein muss und eher dem Ziel der Orientierung der Sitzungsteilnehmer auf die Vorstandsposition nicht dienlich wäre.
Letztlich dient dann aber doch eine gut moderierte Sitzung sehr wohl als Profilierungsinstrument, nur in anderem Sinne als oben geschildert: Wer entweder selbst als fähiger, neutraler und allparteilicher Moderator auftritt oder eine solche Moderation delegiert, verbunden mit dem eigenen Verzicht auf „Herrschaft“ über Sitzungsthemen und -Teilnehmende, wird sicherlich als souverän, machtvoll im positiven Sinne und als nutzbringend für den Verband und die Interessen der Beteiligten wahrgenommen.
Auf den Sonderfall Konfliktmoderation und die Frage, welche Vor- und Nachteile eine moderierte Mitgliederversammlung bietet, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden; beide Fragen wären differenziert in einer separaten Darstellung zu betrachten. Hier nur so viel zum Ersteren: Gerade im Sonderfall der Konfliktmoderation empfiehlt sich besonders der Einsatz einer externen Moderation, also eines externen, nicht thematisch parteiischen und emotional engagierten oder in Interessen- und Gemengelagen verflochtenen Dritten, zumindest aber einer internen Person, die von allen Konfliktparteien akzeptiert sein muss und am aktuellen, konkreten Konflikt nicht beteiligt sein darf. Hier gelten dann noch einmal besondere Regeln für die Durchführung und für die Rolle und das Selbstverständnis des Konfliktmoderators sowie ein z. T. noch strukturierteres Vorgehen. Für den Fall der Mitgliederversammlung ist auf jeden Fall im Vorfeld genau zu klären, welche Ziele mit der Moderation verfolgt werden und ob die Moderation tatsächlich das Mittel der Wahl zur Optimierung der Versammlung ist.
Und schließlich wären, nachdem die Frage der Moderation und der Haltung dazu grundsätzlich geklärt ist, die verschiedenen Moderationstechniken und ihre Gestaltungsmöglichkeiten darzustellen und zu bewerten.