Verbändereport AUSGABE 4 / 2016

Der DGVM INNOVATION AWARD „Verband des Jahres 2016“

Logo Verbaendereport

Der Preis wird seit 1997 verliehen. Verbände und Organisationen werden für herausragende und beispielhafte Leistungen im Verbandsmanagement geehrt.

Es bleibt alles anders, könnte mancher Juror gedacht haben, als er die eingereichten Bewerbungen zum DGVM INNOVATION AWARD – Verband des Jahres 2016 studierte. Jede Bewerbung des Awards steht für Leistungen eines Verbands, die erst beim Puzzle von vielen kleinen Teilen und Bausteinen zu einem Bild, oder besser, zu einem Ergebnis führen. Viele, viele interne Fragen wurden gestellt, viele, viele Schritte wurden gegangen und viele, sehr viele Entscheidungen getroffen – stets verbunden mit dem Ziel und dem Wunschergebnis. Zahlreiche Verbände haben ihr Angebot und Spektrum in den letzten Jahren überdacht. 14 davon haben ihre Mühen skizziert und jeweils zu einer Bewerbung zusammengetragen – gemäß dem sinnvollen Motto: „Tue Gutes und rede drüber.“

Kategorie Interessenvertretung und Kommunikation

Sieger: Caravaning Industrie Verband e.V. (CIVD), Frankfurt am Main

Finalist: Weltverband Deutscher Auslandsschulen e.V. (WDA), Berlin

Hand aufs Herz. Würden Sie mit dem härtesten, größten und stärksten Wettbewerber gemeinsam Werbung machen? Wer in den letzten drei Jahren schon mal vor den „heute“-Nachrichten und der Tagesschau ferngesehen hat, der kam an einem bestimmten TV-Werbespot nicht vorbei – er wollte auch gar nicht daran vorbeikommen. Denn der TV-Spot nahm den Betrachter mit in die Sonne, in die Freiheit der Natur – passend untermalt vom leichten Song „Freedom“. Ein Lebensgefühl schwebte in die Wohnzimmer Deutschlands.

Die TV-Spots zeigen zwar die Caravans und Wohnmobile, hatten aber nicht die Aufgabe zu verkaufen, sondern das Interesse für das Lebensgefühl „Freiheit, Natur, Unabhängigkeit“ und die Webseite www.caravaning-info.de zu wecken. Die gemeinsame Werbung ist ein Symbol der Stärke der gesamten Caravaning-Industrie und zeigt imposant, welche neuen Wege der Caravaning Industrie Verband e.V. (CIVD) in den letzten drei, vier Jahren gegangen ist. Grund genug gab es dafür. Die Zukunft sah trübe aus, die wirtschaftliche Lage bedrohlich. Die Zulassungszahlen in Europa waren zwischen 2007 und 2013 stark rückläufig: minus 30 Prozent. Nahezu ähnlich die Situation in Deutschland: minus 26 Prozent. Parallel entstand mit billigen Flugreisen. All-Inclusive-Reisen und Kreuzfahrten ein rauer Wettbewerb im Freizeitmarkt.

Tatenlos zusehen? Das kam für den Caravaning Industrie Verband nicht infrage. Trotz divergierender Interessen und Vorstellungen brachte der CIVD die Verbandsmitglieder und Player im Markt an einen Tisch zusammen. Das Ergebnis hat Strahlkraft über die eigene Branche hinweg: Die härtesten Wettbewerber entschlossen sich für eine gemeinsame Kampagne und TV-Werbung, die alle Mitglieder repräsentiert. Neutralitätspflicht in der Kommunikation und keine marken- oder produktspezifische Werbung wurden verabredet. Das Ausmaß der Kampagne hatte eine Wucht: Der Fachhandel wurde eingebunden; die Webseite erhielt einen Anstrich im Look and Feel der Spots, Anzeigen wurden in Printmedien platziert und die Kampagne wirkte obendrein auf Messen. Die Kosten der integrierten Image-Kampagne wurden anteilmäßig nach Anzahl der neu zugelassenen Fahrzeuge im Kampagnenzeitraum aufgeteilt.

Die Wirkungen der Kampagne: Alle vom CIVD erhofften Veränderungen wurden übertroffen. Ein Image-Wandel bei der Zielgruppe vollzog sich quer durch Deutschland. Aus dem Gartenzwerg-Image entstand die Botschaft: Caravaning ist nicht nur reizvoll, sondern ermöglicht Freiheit und unabhängiges Reisen. Zudem stieg das Ansehen des Verbandes bei seinen Mitgliedern und verwandten Organisationen deutlich. „In der Vergangenheit war es bislang unmöglich, mit Wettbewerbern zusammen Werbung zu machen und gar die Mobile der Konkurrenz mit abzubilden. Im Sinne der Branche sind wir einen guten Schritt nach vorn gegangen“, so berichtet der Vizepräsident des CIVDs und Geschäftsführer von Karmann Dr. Holger Siebert.

 Die gute Arbeit wird anerkannt und geschätzt. Den letzten, konkret wirtschaftlichen Nachweis des Erfolges zeigt der Blick in die Statistik des Kraftfahrzeug-Bundesamtes: Die Zulassungszahlen in Deutschland stiegen in der Zeit von Januar bis August 2012 bis 2015 sowohl bei den Caravans (plus 10,3 Prozent) als auch bei den Reisemobilen (plus 15,5 Prozent). Das ist beeindruckend. Auch fĂĽr die Jury: Der Caravaning Industrie Verband e.V. gewinnt in der Kategorie Interessenvertretung und Kommunikation, ist in dieser Verband des Jahres.

Finalist: Weltverband Deutscher Auslandsschulen e.V. (WDA), Berlin

Mit dem Weltverband Deutscher Auslandsschulen e.V. (WDA) kam ein starker Bewerber in die Finalrunde der sich dem CIVD nur knapp geschlagen geben musste. Die Messung des gesellschaftlichen Werts des Verbands wurde durch den neuen Ansatz Public Value gemessen. Ziel war es, der Politik und ihren fördernden Institutionen empirische Argumente an die Hand zu geben – zumal der Verband zu 30 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Das Ergebnis der Public-Value-Studie wurde per Marketing und Pressearbeit aber auch den Verbandsmitgliedern kommuniziert. Alle Schulen erhielten ein Public-Value-Marketingpaket, das den Film, die Studie, eine Präsentation und weitere Materialien enthielt. In der Verbandspublikation bildete das Thema einen Schwerpunkt. Anzeigen betrachteten den Public-Value mit Testimonials. »Was macht die Deutschen Auslandsschulen wertvoll? Antwort: Die deutschen Auslandsschulen sind Orte der Begegnung, sie bringen Kulturen und die Menschen zusammen. Sie geben ausländischen Schülern die Möglichkeit, Deutschland und Europa kennenzulernen, dort zu studieren und vielleicht auch zu arbeiten.« Insgesamt ist der Public Value nun als zentrales strategisches Instrument des WDA etabliert.

Kategorie Reform und Management

Sieger: Verband Druck und Medien Bayern e.V. (VDMB), MĂĽnchen

Finalist: Handelsverband Heimwerken, Bauen & Garten e.V. (BHB), Köln

Jede Kategorie beim Wettbewerb Verband des Jahres hat ihre Eigenart und ihre besondere Herausforderung. Logisch. Doch in der Kategorie Reform und Management ist das noch ein wenig haariger – insbesondere, wenn der Verband sich selbst auf den Kopf stellt, keine Schraube mehr an der gleichen Stelle sitzt und die Entwicklung bei den Mitgliederzahlen äußerst bedrohlich ist. So geschehen beim Preisträger und Verband des Jahres: Verband Druck + Medien Bayern. Der Verband vertritt aktuell die Interessen von rund 300 bayerischen Druck- und Medienunternehmen. 2006 waren es mal 465 Mitglieder. Betriebsschließungen, Insolvenzen, Aufkäufe und Austritte sorgten für die Negativbilanz. Ein Abbild der Branche. Der Strukturwandel der Branche schlug auch beim Verband zu – ohne Aussicht auf ein rasches Ende des Konsolidierungsprozesses der Branche. Der neue Hauptgeschäftsführer erhielt den klaren Auftrag, alle notwendigen Veränderungsprozesse zu initiieren und umzusetzen, die zur langfristigen Zukunftssicherung des Verbandes beitragen.

Am Anfang des Changeprozesses stand eine umfangreiche Status-quo-Erhebung durch eine Mitgliederbefragung, auch der Nichtmitglieder und ehemaligen Mitglieder und aller Funktionsträger. Ergebnis: Es herrschte ein diffuses Bild über das aktuelle Leistungsspektrum des Verbandes, das Image wurde eher mittelmäßig eingeschätzt und es gibt zu wenig „Fans“ und „Sympathisanten“ unter den Mitgliedern, also zu wenige, die eine hohe emotionale Bindung zum Verband haben.

Aus der Befragung ergaben sich auch Ziele und neue Handlungsfelder wie etwa Relevanz und Attraktivität fĂĽr Mitglieder steigern, Mitgliederorientierung stärken, Innovationskraft zeigen und den Verband wirtschaftlich stabilisieren. Es galt die MaĂźnahmen konsequent umzusetzen. Beispiel: Als klares Zeichen fĂĽr die Veränderung steht die neue Markenarchitektur – durch sie tritt der Verband als zentrale Marke und einheitlicher Absender auf. Das Markennirwana verschwand. Auch alle Kommunikationsmittel wurden einheitlich im Corporate Design gestaltet. Die Reputation bei den Mitgliedern verbesserte sich, der wirtschaftliche Turn-around wurde geschafft. Neue Mitglieder wurden gewonnen, neue Themen besetzt und der Verband konnte in 2014 erstmals wieder einen Anstieg der Beitragseinnahmen bilanzieren. Kurz: ein gelungener Changeprozess trotz schwieriger Rahmenbedingungen. HauptgeschäftsfĂĽhrer Holger Busch: „Wir sind mächtig stolz ĂĽber die Auszeichnung. Denn Veränderungen im Verband und mit all seinen Mitarbeitern sind keine Selbstverständlichkeit.“ 

Finalist: Handelsverband Heimwerken, Bauen & Garten e.V. (BHB), Köln

Der Handelsverband Heimwerken, Bauen & Garten e.V. ist das Sprachrohr der Do-It-Yourself-Branche. Wie viele andere Branchen stand auch die Heimwerker-Branche vor gravierenden Änderungen etwa durch den Online-Handel und das EU-Recht. Nach einer Status-quo-Erhebung und Öffnung des Verbandes zum Online-Handel wurde eine Umbenennung notwendig (früher: Bundesverband Deutscher Heimwerker- und Baumärkte). Das Informationsangebot wurde erweitert. Das präzise Kennzahlen-Management und das umfassende CRM-Angebot bieten den Mitgliedern wichtige Orientierung. Mit Rahmenabkommen zur Rücknahme von Elektro-Altgeräten und Kooperationen mit kommunalen Spitzenverbänden konnte der Verband bei seinen Mitgliedern punkten. Auch bei der Jury, die den Handelsverband zum Finalisten und 2. Sieger kürte.

Kategorie Mitglieder und Mehrwert

Sieger: Deutsches TiefkĂĽhlinstitut e.V. (dti), Berlin

Finalist: Gesamtverband Kommunikationsagenturen e.V. (GWA), Frankfurt am Main

 

Warum sollte man Mitglied im Verband sein? Was ist der Nutzen der Mitgliedschaft? Diese oder ähnliche Fragen hat fast jeder Verband schon mal von seinen Mitgliedern gehört. Diese direkte Frage nach der Daseinsberechtigung muss jeden Verbandsfunktionär elektrisieren und ihm unter die Haut gehen. »Ich bin doch jeden Tag für meinen Verband und meine Mitglieder aktiv. Man kann mich anrufen, Fragen stellen und überhaupt habe ich doch noch viele weitere Dienstleistungen im Angebot.« So oder so ähnlich könnten alle Verbände antworten. Aber es geht um mehr, um viel mehr.

Doch die Ausgangslage war beim Deutschen Tiefkühlinstitut eine andere und für eine strategische Neu-Ausrichtung eher ungewöhnlich. Denn die Mitgliederzufriedenheit war äußerst hoch: „Hervorragende“ Ergebnisse brachte eine erst 2012 durchgeführte Mitgliederbefragung. Ein Generationenwechsel und eine deutlich verjüngte Mannschaft im dti-Vorstand entfachten eine Diskussion über Ziele und strategische Ausrichtung. Ein Perspektivenwechsel (Was wäre, wenn es das dti nicht gäbe?) zeigt unmissverständlich, dass keine neuen Kernfunktionen installiert werden müssen, aber die bestehenden Funktionen, Inhalte und Mehrwert der Verbandsarbeit schärfer und deutlicher profiliert werden sollten. Zu den Lösungsansätzen der strategischen Neupositionierung gehörten seit 2012 Leuchtturmprojekte, sichtbare Kommunikationsmaßnahmen und Markenbildung. Mithilfe des Markensteuerrads wurden nicht nur rationale, sondern auch weiche und emotionale Themen identifiziert. Die Marke dti wurde neu aufgeladen. Als innovative Projekte wurden zwei Leuchtturmprojekte definiert, um die Vermarktung von T-Produkten einerseits im Lebensmittelhandel und andererseits im Außer-Haus-Markt zu unterstützen. Und so die differenzierten Bedürfnisse der Mitglieder zu erfüllen.

Beispiel Leuchtturmprojekt Lebensmitteleinzelhandel: Tiefkühlabteilungen mangelt es – im Gegensatz zu anderen Abteilungen im Handel – an Attraktivität und Orientierung. Das Ziel, TK-Abteilungen in attraktive Einkaufs- und Erlebnis-Oasen zu verwandeln, ist zwar nicht von jetzt auf gleich umsetzbar. Aber kreative Ideen und eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren von Truhen, Technik und Lebensmittelherstellern sind erforderlich, um dem Ziel näher zu kommen. Beispiel Leuchtturmprojekt Außer-Haus-Markt: Auch in gastronomischen Betrieben werden TK-Produkte vielfältig eingesetzt. Jeder Koch setzt sie ein. Aber nur wenige bekennen sich dazu. Um das Image von TK-Produkten in der Zielgruppe Köche zu verbessern, wurde ein Kommunikationskonzept entwickelt, das Köchen die zahlreichen Vorteile von TK emotional präsentiert.Die kreativen Köche sollen die 1000 und 1 Möglichkeit der TK-Produkte nutzen.

Seitdem derartige Themen und Arbeitsfelder erkannt worden sind, hat das dti eine vorbildliche Wandlung vollzogen. Die Dachmarke des Verbands wurde gestärkt und damit die Identifikation der Mitglieder erhöht. Mit einer professionellen Marketingstrategie und innovativen Ansätzen können nunmehr Mitglieder und Endkunden effizient zusammengeführt und damit ein starker Mehrwert generiert werden. Mit der stark gestiegenen öffentlichen Präsenz und auch Wahrnehmung zeigt sich, wie sehr sich die Neupositionierung gelohnt und mehrfach bezahlt gemacht hat. Die Jury kürt das Deutsche Tiefkühlinstitut zum Verband des Jahres und sagt: Das dti ist selbst zu einem Leuchtturm innerhalb der Verbandswelt avanciert. Dr. Sabine Eichner, die dti-Geschäftsführerin, zeigt sich überaus glücklich über die Auszeichnung: „Der Innovation Award ist die Bestätigung unserer Arbeit. Wir haben ein tolles Team – wir haben die tollste Branche.“

Finalist: Gesamtverband Kommunikationsagenturen e.V. (GWA), Frankfurt am Main

Der GWA kam in dieser Kategorie auf den ausgezeichneten 2. Platz und darf sich Finalist nennen. Kommunikationsagenturen sind oft zu klein, um eine Lösung und den Verwaltungsaufwand einer betrieblichen Altersversorgung für ihre Mitarbeiter stemmen zu können. Zudem sind diese kleinen Einheiten für Versicherungen uninteressant. Der GWA Agency Benefit Plan schaffte die Lösung und bündelte seine Einkaufsmacht. Dem GWA gelang es, eine Versicherung zu gewinnen, und er bietet so eine exklusive Leistung für Mitarbeiter der GWA-Agenturen an. Das Besondere: Alle Verträge der Mitarbeiter werden zentral bei einem Dienstleister verwaltet. So kann der ausscheidende Mitarbeiter seinen Vertrag mit zu seinem neuen Arbeitgeber mitnehmen und lückenlos von seiner Altersabsicherung profitieren. Den Agenturen spart der Verband annähernd 20 Prozent des Beitragsvolumens. Ein echter Benefit.

Artikel teilen:

Das könnte Sie auch interessieren: