Verbändereport AUSGABE 7 / 2007

Die umsatzsteuerliche Organschaft zwischen Berufsverband und Service-GmbH

Logo Verbaendereport

Eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen einem Berufsverband und „seiner“ Service-GmbH kann für den Verband erhebliche umsatzsteuerliche Vorteile bringen, und zwar dann, wenn die GmbH gegenüber dem Verband gewisse Leistungen (zum Beispiel Buchführungsleistungen) erbringt. Auf solche Leistungen braucht der Verband nämlich keine Umsatzsteuer zu entrichten. Der Grund: Im Falle der umsatzsteuerlichen Organschaft werden Verband und Service-GmbH (nur) für umsatzsteuerliche Zwecke zu einem einheitlichen Gebilde zusammengezogen. Als Folge werden alle Leistungen zwischen Verband und GmbH als sogenannte Innenumsätze angesehen, und diese unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Rein formal wird bei umsatzsteuerlicher Organschaft der Berufsverband für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung dieses einheitlichen Gebildes zuständig, er muss also unter seinem Namen die Umsätze der Service-GmbH gegenüber dem Finanzamt erklären. In der Praxis ist das aber unproblematisch.

Der Berufsverband als Organträger

Für das Zustandekommen einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist zunächst Voraussetzung, dass der Verband ein Unternehmer ist, denn der Organträger muss ein Unternehmen betreiben (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG). Damit stellt sich die Frage, ob Berufsverbände generell oder im Einzelfall Unternehmer sind. Wäre die Auffassung zutreffend, dass Verbände grundsätzlich im Verhältnis zu ihren Mitgliedern in einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch treten, dann wäre jeder Verband ein Unternehmer. Diese Auffassung ist jedoch in dieser allgemeinen Form nicht zutreffend. Ein Verband hat nämlich nur dann die für eine Organschaft erforderliche Unternehmereigenschaft, wenn er eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Diese Vorschrift ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass eine selbstständige wirtschaftliche Betätigung vorliegen muss, wozu auch Dienstleistungen gehören (vgl. Art. 9 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie). Ein Verband ist Unternehmer, wenn er eine auf bestimmte Dauer und Wiederholung angelegte Tätigkeit ausübt, die im Rahmen eines Leistungsaustauschs stattfindet.

Ein Berufsverband, der seine Tätigkeit darauf beschränkt, allgemeine ideelle Interessen seiner Mitglieder zu vertreten, übt keine selbstständige wirtschaftliche Betätigung aus. Folglich kommt er als Organträger im Verhältnis einer von ihm beherrschten GmbH nicht in Betracht. Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung allein macht den Anteilseigner noch nicht zum Unternehmer.

In der Praxis ist es jedoch leicht, einem nicht organträgerfähigen Verband zu einer Unternehmereigenschaft zu verhelfen, indem er sich einen kleinen unternehmerischen Tätigkeitsbereich zulegt, beispielsweise in Form des Verkaufs von Druckschriften oder der Veranstaltung eines Seminars. Ist diese Voraussetzung geschaffen, so ist eine Organschaft im Verhältnis zu der Verbands-GmbH grundsätzlich möglich. Die mit der Organschaft verbundene Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze zwischen Verein und Organ-GmbH wirkt sich zugunsten des Vereins vorteilhaft aus, wenn die GmbH im Verhältnis zu dem Verein Dienstleistungsfunktionen ausübt, die – ohne Organschaft – umsatzsteuerpflichtig wären und den Verein als Endverbraucher definitiv belasten würden. Dies wirkt sich beispielsweise aus, wenn die GmbH für den Verein bestimmte Abrechnungs-, Buchführungs- oder Werbefunktionen übernimmt oder wenn sie dem Verband Personal entgeltlich zur Verfügung stellt.

Die drei Eingliederungsmerkmale

Eine Organschaft zwischen Berufsverband und GmbH kommt zustande, wenn die GmbH in den Verband finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist.

Die finanzielle Eingliederung erfordert eine kapitalmäßige Beteiligung des Berufsverbandes an der GmbH in einem Umfang, der gewährleistet, dass der Verband im Rahmen der Willensbildung seinen Willen in der GmbH durchsetzen kann. Dabei kommt es auf die Mehrheit der Stimmrechte an. Da der Berufsverband in den üblichen Service-GmbHs meist der alleinige Gesellschafter ist, ist die finanzielle Eingliederung in der Praxis meist gegeben.

Wirtschaftliche Eingliederung liegt vor, wenn zwischen dem Verband und „seiner“ GmbH ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer Kooperation oder einer wirtschaftlichen Einheit gegeben ist. Die Tätigkeiten müssen sich fördern oder ergänzen. Nicht erforderlich ist, dass die GmbH eine dienende Funktion hat. Bei den typischen Service-GmbHs ist diese fördernde Funktion in aller Regel gegeben, sei es dadurch, dass der Berufsverband seine wirtschaftliche Tätigkeit in die GmbH ausgelagert hat, sei es dadurch, dass der Verband seinen Mitgliedern durch die GmbH bestimmte Leistungen verbilligt anbieten oder sich durch Ausschüttungen der GmbH eine zusätzliche Finanzierungsquelle erschließen möchte. Im Übrigen wird der Verband vielfach der GmbH wesentliche Wirtschaftsgüter überlassen, zum Beispiel Betriebsgrundstücke (insbesondere im Rahmen einer Betriebsaufspaltung). In solchen Fällen erhält nach der Rechtsprechung der Verband faktisch eine beherrschende Stellung.

Eine organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass der Wille des Berufsverbandes in der laufenden Geschäftsführung der GmbH auch tatsächlich durchgeführt wird. Bei Personalunion der Geschäftsführung in Verband und GmbH ist die organisatorische Eingliederung regelmäßig gegeben. Eine solche Personalunion ist jedoch nicht zwingend nötig. Denn von einer organisatorischen Eingliederung ist bereits dann auszugehen, wenn durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Berufsverband und der GmbH sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Verbandes abweichende Willensbildung in der GmbH nicht stattfindet. Letzteres ist bei den typischen Service-GmbHs immer gesichert. (WE)

Artikel teilen:
Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

Das könnte Sie auch interessieren: