Statt blutleerer Führungsdefinitionen eine pragmatische Begriffsbestimmung vorweg: Führen heißt, Ziele setzen und mit anderen erreichen! Alles andere ist verwalten. Das soll nicht die Bedeutung von Verwaltung schmälern: Sie ist unerlässlich, aber eben keine Führung. Führung weist einige Eigenschaften auf, die durch eine begrenzte Zahl von Grundsätzen charakterisiert werden können.
Führen heißt Ziele setzen
Erst Ziele geben Organisationen und der Arbeit Richtung und Motivation.
Wenige, aber bedeutende Ziele setzen
Das Geheimnis der Führungskunst liegt darin, wenige, aber bedeutende Ziele zu setzen. Der Hauptfehler mancher Führungskräfte liegt in der Verzettelung zwischen zu vielen Zielen.
Realistische Ziele setzen
Ziele müssen erreichbar sein. Zwar nicht sofort, aber in einem überschaubaren Zeitraum. Über ihre Erreichbarkeit entscheiden wesentlich die vorhandenen oder zur Zielerreichung benötigten Ressourcen. Dies sind Menschen und ihre Fähigkeiten, Budgets und Sachmittel. Die besten Ziele sind wertlos, wenn die Ressourcen fehlen. Mangelnde Ressourcen sollte man nicht als naturgegeben hinnehmen, sondern als Führungskraft in Verbänden dafür werben, dass sie auch bereitgestellt werden.
Ziele sind keine Maßnahmen
Maßnahmen können Ziele nicht ersetzen. Dennoch können auch bloße Maßnahmen die Organisation mitunter voranbringen, wenn etwa eine klare Zieldefinition (noch) nicht möglich ist - weil beispielsweise der Meinungsbildungsprozess im Mitgliederkreis noch nicht abgeschlossen ist. Dann kann eine sinnvolle Maßnahme aber schon den gewünschten Richtungswechsel einleiten und fördern.
Wie findet man die richtigen Ziele?
Die Zielfindung ist die Führungsaufgabe par excellence. Leider lassen sich hierfür erfahrungsgemäß kaum allgemeingültige Regeln aufstellen. Am ehesten lassen sich Ziele ableiten, wenn man den Verband in all seinen internen und externen Beziehungen analysiert: Beziehungen zu aktuellen und potentiellen Mitgliedern (zu ‚key accounts‘ und ‚Mitläufern‘, der ‚silent majority‘, Vorstand, Gremien), zu Dritten (Parlamente, Ministerien, Behörden, Nachbarverbänden, Medien, Wissenschaft, zur Öffentlichkeit), Beziehungen zu aktuellen und potentiellen Wettberbern (konkurrierenden Verbänden, externen Dienstleistern, PA-Agenturen), zu seinen personellen, sachlichen und finanziellen Ressourcen.
Nicht minder wichtig: Entscheiden, was nicht (mehr) getan werden sollte
Diese Führungsausgabe ist die Kehrseite der vorhergehenden Regeln. ‚Konventioneller Ballast‘ hindert viele Führungskräfte an wirklichen Innovationen.
Widersprüchliche Ziele sind kein Beinbruch!
Wie Fredemund Malik vom St. Gallener Management Zentrum zutreffend feststellt. „Je wichtiger Ziele für eine Organisation sind, desto widersprüchlicher sind sie leider auch.“ Das Ziel der optimalen Interessenvertretung kann bei den knappen Ressourcen der Verbände mitunter mit dem Ziel einer konsequenten Dienstleistungsorientierung konfligieren. Das ist kein Beinbruch; c’est la vie! Aber eine Führungsaufgabe: „Gute Ziele zu setzen erfordert immer die Kunst des Abwägens und Balancierens.“ (Malik) Deshalb steht am Bremer Rathaus: „Wäge und wage!“ Oder mit den Worten von Peter F. Drucker: „Es gibt nur weniges, was eine fähige Führung so deutlich von einer unfähigen Geschäftsführung unterscheidet, wie die Fähigkeit, Zielsetzungen gegeneinander abzuwägen. Ein Rezept dafür gibt es nicht; das Einzige, was gilt, ist, dass dieses Abwägen nicht mechanisch-rechnerisch erfolgen kann.“ Denn Abwägen setzt bewertendes Verstehen der Zusammenhänge voraus.
Personen, nicht Gruppen auf Ziele verpflichten
Wirksame Ziele müssen persönliche Ziele sein, so dass man jedem (Teil-) Ziel in Gedanken den Namen einer Person hinzufügen können muß. Eine der wichtigsten Führungsaufgaben in Organisationen ist es, die Zielverantwortung zu individualisieren. Mit Maliks Worten: „Gerade weil Organisationen Kollektive sind, muß die Verantwortung personalisiert werden, so gut es nur irgendwie geht.“
Ziele müssen schriftlich fixiert werden
Die schriftliche Fixierung von Zielen ist das beste Selbstkontroll-Verfahren; außerdem erzeugt es ‚commitment‘, also die bewußte Verpflichtung auf die Zielerreichung.
Zielannäherung muss gemessen werden
Mindestens einmal jährlich muss überprüft werden, wie weit man sich den gesetzten Zielen angenähert hat. Aus dieser Analyse müssen Maßnahmen abgeleitet werden, damit es nicht nur beim folgenlosen Soll-Ist-Vergleich bleibt. Dabei wird man feststellen, dass die Bedeutsamkeit von Zielen und ihre Quantifizierbarkeit umgekehrt proportional sind. Mitgliederzahlen, Budgets, Marktanteile sind zwar meßbar; schwieriger, wenngleich möglich, ist es dagegen, Mitgliederzufriedenheit und Mitgliedernutzen zu quantifizieren.