Verbändereport AUSGABE 4 / 2004

Geschäftsführeridentität bei Verband und Service-GmbH: Steuerliche Hindernisse sind weitgehend entfallen

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Die große Mehrzahl der Verbände in Deutschland verfügt heute über eine eigene Service-GmbH, die wirtschaftliche Leistungen unterschiedlichster Art gegenüber den Mitgliedern des Verbandes und vielfach auch gegenüber Drittkunden erbringt. In organisatorischer Hinsicht ist es offenkundig am günstigsten, wenn der Geschäftsführer des Verbandes zugleich auch Geschäftsführer der Service-GmbH ist, weil auf diese Weise die Koordination beider Körperschaften optimiert werden kann.

Wenn - wie dies in der Praxis meist der Fall ist - der Verband eine Mehrheitsbeteiligung an der GmbH hält, gab es in der Vergangenheit jedoch steuerliche Hindernisse, die dieser optimalen personellen Gestaltung entgegenstanden. Deshalb haben Verbände - manchmal sehr mühsam - nach Gestaltungsmöglichkeiten gesucht, die einerseits eine enge Koordination von Verband und Service-GmbH sicherstellen, andererseits aber steuerliche Nachteile einer Geschäftsführeridentität vermeiden sollte. So griff man bei der Service-GmbH häufig zur Berufung eines Fremdgeschäftsführers, dem dann ein Beirat aus Verbandsexperten zur Seite gestellt wurde.

Derartige Umwege sind heute wegen einer grundlegenden Veränderung des Steuerrechts glücklicherweise nicht mehr nötig. Die Geschäftsführeridentität als sinnvollste Gestaltungslösung ist heute wieder ohne steuerliche Nachteile möglich.

Steuerliche Hindernisse der Vergangenheit

Bis zur Abschaffung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens (durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000) wurde von einer Geschäftsführeridentität abgeraten. Der Grund war ein zweifacher:

  • Die Geschäftsführeridentität bei gleichzeitiger Mehrheitsbeteiligung des Verbandes führte nach Meinung der Finanzverwaltung dazu, dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Verbandes an "seiner" GmbH nicht mehr der vermögensverwaltenden Sphäre des Verbandes, sondern seinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugerechnet wurde (so die Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995, Abschnitt 8 Abs. 5 Satz 4, unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 30.6.1971, BStBl II S. 753).
  • Die Zurechnung der Beteiligung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führte u.a. dazu, dass Gewinnausschüttungen der Service-GmbH beim Verband besteuert wurden. Diese Besteuerung wäre unterblieben, wenn die Beteiligung dem Bereich der Vermögensverwaltung zugerechnet worden wäre. Die Zuordnung zur Vermögensverwaltung war aber - jedenfalls nach Meinung der Finanzverwaltung - bei Geschäftsführeridentität nicht möglich.

Auswirkung der steuerlichen Neuregelung

Seit Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes wird eine Gewinnausschüttung der Service-GmbH an den Verband grundsätzlich nicht mehr besteuert (§ 8 b Abs. 1 KStG). Auf diese Weise soll eine Doppelbesteuerung der erwirtschafteten Gewinne vermieden werden, denn der Gewinn der GmbH wurde ja bereits bei dieser besteuert. Der Verband kann daher ausgeschüttete Gewinne „seiner“ Service-GmbH auch dann steuerfrei vereinnahmen, wenn der Verbandsgeschäftsführer zugleich Geschäftsführer der GmbH ist. Es ist - im Gegensatz zur früheren Rechtslage - nicht mehr schädlich, wenn die Finanzverwaltung die Geschäftsführeridentität zum Anlass nimmt, die gesellschaftsrechtliche Beteiligung von einer Vermögensverwaltung in einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb umzuqualifizieren (hieran hält nämlich die Finanzverwaltung unverändert fest).

Geschäftsführeridentität kann heute steuerlich sogar vorteilhaft sein

Die heute geltende steuerliche Betrachtungsweise bringt bei Zuordnung der GmbH-Beteiligung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sogar wirtschaftliche Vorteile: Die von der GmbH auf die Gewinnausschüttung gezahlte Kapitalertragsteuer (seit 1.1.2004: 10 Prozent) wird auf die Steuerschuld des Verbandes voll angerechnet, geht also nicht verloren! Ergibt sich für den Verband keine Steuerschuld, wird ihm diese Kapitalertragsteuer sogar in voller Höhe erstattet. Für gemeinnützige Verbände sieht die Rechtslage seit 1.1.2004 noch günstiger aus: Hier braucht die Service-GmbH von vorneherein keine Kapitalertragsteuer zu erheben (§ 44 a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 EStG n.F.).

Allerdings hat der Gesetzgeber die Rechtslage ab 1.1.2004 an anderer Stelle durch eine neue Komplikation „bereichert“, die jedoch in vielen Fällen für die Verbände nicht zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen dürfte: Bei Geschäftsführeridentität wird die Gewinnausschüttung der GmbH an den Verband wie folgt behandelt: 95 Prozent der Ausschüttung bleiben nach wie vor beim Verband unbesteuert. Die restlichen 5 Prozent werden zwar als Einnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „GmbH-Beteiligung“ angesetzt, andererseits kann aber der Verband seinen Aufwand für die Beteiligungsverwaltung als Betriebsausgabe hiermit verrechnen. Im Ergebnis wird daher vielfach kein steuerpflichtiger Gewinn übrig bleiben.

Zurechnung der GmbH-Geschäftstätigkeit beim Verband?

Vielfach wird in der Praxis die Befürchtung geäußert, dass die Geschäftsführeridentität und die daraus folgende Umqualifizierung der Beteiligung in einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dazu führe, dass die operative Geschäftstätigkeit der Service-GmbH letztlich dem Verband als eigene Geschäftstätigkeit zugerechnet würde. Träfe dies zu, so wäre selbstverständlich eine Geschäftsführeridentität auch heute noch indiskutabel.

Die genannte Befürchtung ist jedoch in den meisten Fällen unbegründet. Verfügt die Service-GmbH über alle Voraussetzungen, um eine eigene Geschäftstätigkeit am Markt zu entfalten, so besteht aus steuerlicher Sicht keinerlei Veranlassung, diese Geschäftstätigkeit dem Verband als eigene Tätigkeit zuzurechnen. Ein solcher Durchgriff durch die GmbH käme nur in Betracht, wenn die GmbH eine bloße organisatorische Hülle darstellte. Nur in vergleichbar kritischen Fällen hat der Bundesfinanzhof unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 42 AO; Rechtsprechung zu den sog. Basisgesellschaften - vulgo: Briefkastenfirmen) unmittelbar auf den Gesellschafter durchgegriffen.

Verbände sollten daher besonders darauf achten, dass die Service-GmbH mit allen sachlichen und personellen Ressourcen ausgestattet wird, die zur Ausübung einer nachhaltigen, eigenständigen Geschäftstätigkeit erforderlich sind. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, stehen einer Geschäftsführeridentität heute im Regelfall keine steuerlichen Hindernisse mehr im Wege. Damit wird auf der Leitungsebene von Verband und Service-GmbH die organisatorisch und betriebswirtschaftlich optimale Lösung nicht länger durch steuerliche Hindernisse blockiert.

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

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