Zu den Aufgaben vieler Verbände gehört es, steuerliche Regelungen, die die eigenen Verbandsmitglieder betreffen, im Gesetzgebungsverfahren zu überprüfen und hierzu qualifiziert Stellung zu nehmen. Dabei gab es bisher nicht die Möglichkeit, in Verbänden Steuerberater anzustellen. Im Gegensatz zu Rechtsanwälten, die als Syndikus-Rechtsanwälte auch in Unternehmen und Verbänden tätig sein durften, war es Steuerberatern bisher gesetzlich unmöglich, neben einer Tätigkeit als selbstständiger Steuerberater auch eine Tätigkeit als Angestellter eines Unternehmens oder Verbandes auszuüben (§ 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG a. F.).
Diese Rechtslage hat sich nunmehr geändert. Durch einen neu eingefügten § 58 S. 2 Nr. 5a im Steuerberatungsgesetz (StBerG) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, dass Verbände Steuerberater anstellen dürfen, wenn diese typische Aufgaben des Steuerberaters (Vorbehaltsaufgaben nach § 33 StBerG) ausüben. Hierzu gehören die sog. Steuerdeklarationsberatung, die Steuerrechtsdurchsetzungsberatung und die Steuergestaltungsberatung. Diese gesetzliche Neuregelung entsprach einer Forderung wesentlicher Teile der deutschen Wirtschaft. So hatten sich der BDI, der Bundesverband des deutschen Groß- und Außenhandels, der Zentralverband des deutschen Handwerks, die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, der Bundesverband deutscher Banken, der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft und der Hauptverband des deutschen Einzelhandels für die Schaffung einer solchen Möglichkeit ausgesprochen. In diesem Zusammenhang war darauf verwiesen worden, dass es für Wirtschaftsunternehmen schwer sei, Personen, die die Steuerberaterprüfung abgelegt hätten und deshalb besonders qualifiziert seien, für eine Tätigkeit in einem Wirtschaftsunternehmen oder einem Verband zu gewinnen, weil der Titel eines Steuerberaters bei einer selbstständigen Tätigkeit als Steuerberater weiter geführt werden dürfe, während er bei einem Wechsel zu einem Unternehmen oder einem Verband zurückgegeben werden müsse. Auch für bereits in Verbänden und Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter bestand danach kein Anreiz, das Berufsexamen als Steuerberater abzulegen und sich dadurch fortzubilden, da der erlangte Titel im Anschluss an die Prüfung nicht geführt werden durfte.
Dies ist durch die gesetzliche Neuregelung jetzt ganz anders. Besonders hervorzuheben ist, dass eine Tätigkeit nicht nur bei Wirtschaftsunternehmen, sondern auch bei Verbänden nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers zulässig ist. Viele Verbände erhalten dadurch die Möglichkeit, insbesondere im Rahmen von steuerlichen Gesetzgebungsprozessen, die für ihre Mitglieder von Bedeutung sind, nunmehr Steuerberater zum Einsatz zu bringen, die in dem betreffenden Verband angestellt sind. Bei Berufsverbänden, die nach § 4 Nr. 7 StBerG bereits heute eine beschränkte Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen ihres Aufgabengebiets erbringen dürfen, können für diese Aufgabe nunmehr Steuerberater eingesetzt werden.
Auch die potenziellen Syndikus-Steuerberater selbst sollten die Frage einmal durchdenken. Personen, die heute bereits bei einem Verband tätig und mit steuerlichen Aufgaben betraut (§ 33 StBerG) sind, ohne bisher Steuerberater zu sein, sollten sich informieren, ob für sie eine Zulassung als Syndikus-Steuerberater interessant und durchführbar wäre. Dazu ist eine Abstimmung mit dem Arbeitgeber erforderlich. Umgekehrt sollten die Spitzen solcher Verbände, bei denen Bedarf an fundierter steuerlicher Arbeit besteht, die aber noch keinen Steuerexperten beschäftigen, überlegen, ob sie nunmehr nicht die Möglichkeit nutzen möchten, Steuerberater anzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Steuerberaterexamen eine besonders hohe Qualität der Absolventen garantiert.