Verbändereport AUSGABE 2 / 2008

Neupositionierung mithilfe der Mitglieder

Praxisbericht: Deutsche Jugendfeuerwehr

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Die deutschen Jugendverbände stehen vor einer schwierigen Zukunft. Der demografische Wandel kommt mit großen Schritten, und die Jugendverbände spüren dies zuerst. So wird bis 2010 die Zahl der Jugendlichen fast zehn Prozent niedriger sein als heute und dann noch weiter deutlich abnehmen. Die Deutsche Jugendfeuerwehr hat die Zeichen der Zeit erkannt und in den vergangenen zwei Jahren eine Neupositionierung begonnen, die letztlich die langfristige Existenz des Verbandes sichern soll. Etwa 250.000 Mädchen und Jungen zwischen zehn und 18 Jahren sind Mitglied in einer der knapp 18.000 Jugendfeuerwehren bundesweit. Damit ist die Nachwuchsorganisation der Feuerwehren die größte unter den „helfenden“ Verbänden. Organisatorisch gehören die Jugendgruppen zu den Freiwilligen Feuerwehren, weshalb der Bundesverband Deutsche Jugendfeuerwehr auch Teil des Deutschen Feuerwehrverbands e.V. ist.

„Bis vor wenigen Jahren war die Deutsche Jugendfeuerwehr an stetigen Mitgliederzuwachs gewöhnt“, erinnert sich Bundesjugendleiter Hans-Peter Schäfer. „Doch heute klagen immer mehr Landesverbände über sinkende Mitgliederzahlen. Auf dem Land fehlt oft der Nachwuchs und in den Städten wächst die Konkurrenz unter den Jugendorganisationen. Als wir diese Tendenzen 2005 erkannten, wussten wir, dass wir etwas tun müssen.“

Doch neben dem drohenden Mitgliederrückgang stand der Verband vor zwei weiteren, in der Verbändelandschaft nicht seltenen Problemen: Zum einen fehlte der Kontakt zur Basis und zum anderen zeigte die Bundesorganisation zu wenige inhaltliche Aktivitäten. Es galt also die eigene Position auf den Prüfstand zu stellen. Welche Erwartungen gibt es im Verband? Welche Unterstützung ist gewünscht? Wie wichtig ist der Bundesverband für die Jugendarbeit vor Ort? Es kristallisierte sich schnell heraus, dass diese Fragen nicht von Führungsgremien beantwortet werden können. Was lag also näher, als diejenigen zu fragen, die den Verband prägen: die Jugendlichen und die Jugendbetreuer in den örtlichen Feuerwehren.

An dieser Differenzierung wird bereits die grundsätzliche Herausforderung deutlich, als Verband zwei völlig unterschiedliche Zielgruppen in den eigenen Reihen bedienen zu müssen: Für die Mädchen und Jungen gilt es, die Marke Jugendfeuerwehr weiter positiv aufzuladen, damit Helfen in der Feuerwehr auch zukünftig ein attraktives Hobby bleibt. Doch damit dies möglich wird, bedarf es der ehrenamtlichen Jugendfeuerwehrwarte, die vom Bundesverband nicht nur Lobbyarbeit, sondern konkrete Arbeitshilfen, Ausbildungsangebote und Werbemittel erwarten. Um diese bisher nicht sicher belegbaren Annahmen zu verifizieren, entschieden sich die Jugendfeuerwehrler, bundesweite Befragungen der Jugendfeuerwehrwarte und der Jugendlichen durchzuführen. Das Ergebnis, so die Zielsetzung, sollte vor allem die Grundlage für die zukünftige Positionierung des Verbandes sein.

Bundesweite Befragung der Mitglieder

Um sowohl die Kosten als auch den Arbeitsaufwand für die Erhebung und Auswertung der Daten überschaubar zu halten, wählte die Organisation eine Onlinebefragung. Damit entfielen der Druck von Fragebogen sowie die aufwendige Codierung und Decodierung der Antworten. Dies übernahm das Befragungstool samt der Datenspeicherung automatisch. Zahlreiche Sicherheitseinstellungen und Prüfungsfunktionen verringerten überdies von Beginn an die Fehlerquote der gesamten Befragung. Unter der Leitung des ehrenamtlich arbeitenden Fachausschusses Öffentlichkeitsarbeit entwickelten die Fachkräfte der Deutschen Jugendfeuerwehr einen Fragebogen. Die Einladung zur Teilnahme erfolgte via E-Mail sowie über Hinweise auf Internetseiten des Bundesverbandes und der Landesverbände. Um Missbrauch und Doppelungen zu minimieren, erhielt jeder Teilnehmer per E-Mail individuelle Zugangsdaten zum Fragebogen.

Mehr als 2.500 Jugendgruppenleiter aus allen Bundesländern, das entspricht etwa 14 Prozent aller deutschen Jugendfeuerwehrwarte, nahmen an der Befragung teil. An der Jugendumfrage beteiligten sich mehr als 1.800 Mädchen und Jungen. Die hohe Beteiligung stellt sicher, dass die Ergebnisse repräsentativ für den gesamten Verband sind. Bei den Erwachsenen war der Anteil von Frauen mit elf Prozent überraschend hoch. Verglichen dazu liegt der Frauenanteil in den Feuerwehren insgesamt bei etwa sieben Prozent. Die Geschlechterverteilung der jugendlichen Befragten spiegelt nahezu exakt den statistischen Gesamtschnitt des Verbandes wider: 27 Prozent der Teilnehmer waren Mädchen und 71,3 Prozent Jungen. Dass Jugendarbeit in den Feuerwehren eine gute Tradition hat, wird darin deutlich, dass 72 Prozent der heutigen Gruppenleiter früher selbst Mitglied in einer Jugendfeuerwehr waren. Die Gewinnung von ehemaligen Mitgliedern für die Jugendarbeit scheint also gut zu funktionieren.

Bei der Befragung der Jugendwarte stand die Frage nach der Unterstützung bei der Jugendarbeit vor Ort im Mittelpunkt. Mehr als 83 Prozent der Jugendfeuerwehrwarte gaben an, dass sie sich auf Ortsebene „sehr gut“ oder „gut“ unterstützt fühlen. Über die Bundesorganisation hingegen sagen dies nur etwa 35 Prozent. Der enorme Unterschied zeigt zum einen sicherlich das große Verbesserungspotenzial des Bundesverbandes, darf jedoch nicht überbewertet werden. Denn bei diesem Vergleich gilt es zu bedenken, dass der Kontakt zwischen Jugendwart und Mitgliedern der örtlichen Wehr sehr viel enger, persönlicher und häufiger gegeben ist als zum Dachverband in Berlin. Diese Verzerrung ist etwa vergleichbar mit dem Bezug der Deutschen zur Europäischen Union. Die deutsche Gesetzgebung beruht heute zu weit mehr als 80 Prozent auf europäischem Gesetz. Dennoch fremdeln die Deutschen nach wie vor mit Brüssel, was sich nicht zuletzt in sehr geringen Wahlbeteiligungen bei Europawahlen niederschlägt.

Die Zufriedenheit wurde in beiden Befragungen erhoben. 80,3 Prozent der Jugendlichen sagen, die Angebote der Jugendorganisation insgesamt seien „sehr gut“ und „gut“. Bei den Erwachsenen liegt die Zahl bei 48 Prozent, bezieht sich jedoch auf die Angebote des Bundesverbandes. Hier gaben 38,2 Prozent der Erwachsenen an, „mittelmäßig zufrieden“ zu sein. 6,2 Prozent zeigten sich sogar „unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“. Der Verband steht also in der Gunst der Mitglieder und der Jugendwarte recht gut da, kann deren Zufriedenheit jedoch durchaus noch steigern. An dieser Stelle schlossen bei den Erwachsenen die Fragen nach Erwartungen an den Dachverband an. Die Bereitstellung von Arbeitsmaterialien zu verschiedenen Jugendthemen, mehr Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für die Jugendfeuerwehren sowie Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sind die am häufigsten genannten Erwartungen. Zudem wünschen sich die Jugendfeuerwehrwarte kompetente Beratung in Fachgebieten der Jugendarbeit, wie beispielsweise Pädagogik und Recht. Die Jugendlichen zeigen sich mit ihrem Hobby weitestgehend zufrieden. Jedoch bemängeln 286 der 1.800 Befragten die fehlende Vielfalt in den Angeboten des Jugendverbandes. Hans-Peter Schäfer über die Ergebnisse: „Aus diesen Antworten konnten wir klare Arbeitsaufträge für unsere Fachbereiche entnehmen. Wir müssen unsere Arbeit zukünftig deutlich näher an den Bedürfnissen der Basis ausrichten. Dazu gehört auch eine Veränderung unseres Selbstverständnisses, weg von der Verwaltungsorganisation und hin zum Servicedienstleister für Mitglieder und Jugendbetreuer.“

Integrationskampagne

Als wichtigste Maßnahme für die zukünftige Positionierung der Deutschen Jugendfeuerwehr startete der Verband Ende des vergangenen Jahres die Integrationskampagne „Unsere Welt ist bunt“. Dahinter verbirgt sich die Idee, für die Vielfalt der Jugendarbeit in der Jugendfeuerwehr zu werben und sich auf möglichst „bunte“ Weise mit dem Thema Integration auseinanderzusetzen. In diesem Rahmen initiierte die Deutsche Jugendfeuerwehr die Internetplattform www.unsere-welt-ist-bunt.de. Zudem bietet der Verband nun Seminare und Fortbildungen zum Thema Integration sowie Werbemittel für alle Bundesländer an.

Eine Reihe weiterer Neuerungen hat es seit den Befragungen auch im Bereich Kommunikation gegeben. Auf der Verbandswebsite stehen nun digitale Vorlagen für Briefpapier und Visitenkarten sowie Werbemittel im Corporate Design als Download bereit. Zukünftig sollen für die Jugendgruppenleiter mehr Arbeitsvorlagen, Werbematerialien und Ausbildungshilfen in digitaler Form übers Internet zugängig gemacht werden. Auf diese Weise entsteht ein umfangreicher Servicepool für die Jugendarbeit in den Feuerwehren. Zudem laufen derzeit die Vorbereitungen für einen umfangreichen Relaunch des Internetauftritts www.jugendfeuerwehr.de.

Auf der Seite wird es erstmals einen Bereich nur für Jugendliche geben und die Mitgliederzeitschrift »Lauffeuer« wird zukünftig die Einrichtung von Blogs für die Jugendgruppen anbieten. Neben den Arbeitshilfen gelang es dem Bundesverband zudem, eine Initiative für bundesweite Mitgliederwerbung zu organisieren. So fanden 2007 in mehr als 80 Innenstädten Jugendfeuerwehr-Aktionstage mit Erlebnisparcours und interaktiven Spielen für Kinder statt.

Kontakt

DIALOG Public Relations
Altenwall 24, 28195 Bremen
Telefon: (04 21) 32 88 110
E-Mail: d.guenther@dialog-pr.de
Internet
: www.dialog-pr.de

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Autor/in

Daniel Günther

arbeitete zunächst als freier Journalist, bevor es ihn zum Radio und später in die PR zog. Seit 2005 ist er Inhaber der Agentur DIALOG Public Relations mit Sitz in Bremen und Berlin, Verleger verschiedener Zeitschriften und seit 2009 Dozent für PR an der Universität Bremen. Die verbandliche Kommunikationswelt kennt er durch jahrelanges Engagement in verschiedenen Organisationen.

http://www.dialog-pr.de

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