Verbändereport AUSGABE 2 / 2002

Strategische Unternehmensführung in Verbänden

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Die Notwendigkeit einer zunehmend strategischen Verbandsführung ist seit geraumer Zeit hinlänglich erkannt. Zentrale Aspekte wie optimierte Interessenvertretung, finanzielle Ressourcen, Gemeinnützigkeit und steuerrechtliche Fragestellungen, Mitgliederorientierung, Dienstleistungs- und Serviceangebote, interne Kommunikation und Medienwirkung, sowie die zunehmende Vernetzung von Verbandsinteressen auch auf europäischer und internationaler Ebene erfordern ein wachsendes Maß an strategisch ausgerichtetem Handeln.

Die anfängliche Scheu, diese Problemstellung innerhalb des Dritten Sektors mit Konzepten aus der betriebswirtschaftlichen Unternehmensführung an zu gehen, wurde lange mit den bestehenden Unterschieden zwischen Unternehmungen des Zweiten und Dritten Sektors begründet. Die Zurückhaltung weicht allerdings zunehmend der Erkenntnis, dass adaptierte Strategiekonzepte durchaus angenommen werden und zu nachhaltigem Erfolg führen. So hat die Firma Arthur Andersen mit ihrem Bereich Government Services/Kommunales Kompetenz Center diesbezüglich vielfältige positive Erfahrungen gemacht, welche in die in der Folge beschriebenen Vorgehensweise eingebracht worden sind.

Das Konzept der strategischen Unternehmensführung wurde entwickelt, nachdem sich -ähnlich wie heute im Dritten Sektor - grundsätzliche und allgemeingültige Rahmenbedingungen verändert hatten. Denn auf die Phase verlässlichen und stetigen Wachstums nach dem 2. Weltkrieg folgte eine diskontinuierliche Entwicklung der unternehmens­relevanten Rahmenbedingungen ab Mitte der 60er Jahre und insbesondere mit dem Ölpreisschock in den 70er Jahren, auf die die betriebswirtschaftliche Theorie und Praxis mit der Einführung der politik- und militärhistorisch geprägten Strategie reagierte: Die Unternehmen sollten sich mit einer Strategie eine grundlegende Entwicklungs­richtung vorgeben, nach der sich das unternehmerische Handeln orientieren konnte.

Unter dem Begriff der strategischen Verbandsführung wird hier in Anlehnung an das Konzept der strategischen Unternehmensführung zunächst das Bestreben verstanden, durch besondere Analyseinstrumente die Dynamik der Umwelt und des eigenen Verbandes sowie ihre Auswirkungen zu prognostizieren und sie für eine realistische Planung zu nutzen. Darüber hinaus bezieht sie als zentrale Elemente den Aufbau und Erhalt von Kernkompetenzen sowie die Betonung des Aspekts der Implementierung der Verbands­strategie und ihrer fortdauernden Überwachung mit ein.

Managementphilosophie

Grundlage und Ausgangspunkt eines Konzepts zur Einführung der strategischen Verbandsführung sollte die Überprüfung von bzw. die Einigung auf grundlegende Überzeugungen und Werthaltungen sowie grundsätzliche Ziele des Verbandes sein. Diese Elemente können in einem Grundsatzprogramm, das über das Selbstverständnis und die wichtigsten Verbandsziele und - forderungen Auskunft gibt, und in einem Leitbild dokumentiert werden, das einen Katalog von normativen Vorstellungen über Verhaltensregeln und -ziele enthält.

Beide Elemente sind langfristig angelegt und bilden zusammen die hier so bezeichnete Management­philosophie des Verbandes, die in einem bewussten, motivierenden, breit angelegten und zeitlich ausreichendem Willensbildungsprozess mit Mitarbeitern und Mitgliedern des Verbandes ermittelt werden muss.

Das Leitbild sowie die Grundsatzprogrammatik stehen dabei in Wechselwirkung zur hier nicht weiter beleuchteten Unternehmensverfassung, d.h. zur formalen Ordnung des Verbandes durch das Grundgesetz, das Vereinsrecht, die Satzung etc., und zur Unternehmenskultur, die ihrerseits alle Normen und Wert­vorstellungen umfasst, die das Verhalten der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Bundesverbandes prägen.

Die Formulierung einer Verbandsstrategie kann nicht gegen die Unter­nehmenskultur erfolgen. Solche Strategien werden im Verband keinen Rückhalt finden und daher zum Scheitern verurteilt sein.

Die Erarbeitung einer Managementphilosophie muss sich auf eine breite Informationsbasis stützen. Als Voraussetzung für eine adäquate Aufarbeitung dieser Basis und gleichzeitig als erster Schritt des Strategiefindungsprozesses sind die grundsätzlich vom Verbandsmanagement vorzusehende Durchführung einer Umweltanalyse, die auch als Chancen- und Risikoanalyse bezeichnet wird, und einer Verbandsanalyse, oft als Stärken- und Schwächenanalyse bezeichnet, vorzusehen und in das Konzept einzuarbeiten.

Umfeldanalyse

Das externe Umfeld eines Verbandes besteht aus unterschiedlichen Sphären, die zum größeren Teil kaum veränderbare Rahmenbedingungen setzen. Sie gilt es zu erfassen bzw. deren Entwicklung zu prognostizieren. Es handelt sich dabei insbesondere um das gesellschaftlich-wirtschaftliche Umfeld, den Markt und die Branche mit den Wettbewerbern. Hilfreich sind das Erstellen von Checklisten für die Analyse dieser Sphären. Während das gesellschaftlich-wirtschaftliche Umfeld wirtschaftliche, soziokulturelle, politisch-rechtliche Faktoren und die technologische Entwicklung meint, umfasst der Markt alle tatsächlichen und potentiellen Abnehmer der Leistungen des Verbandes. Seiner Analyse und die seiner Entwicklung kommen daher eine herausragende Bedeutung für den langfristigen Erfolg des Verbandes zu. Die Analyse sollte in drei Schritten erfolgen:

  • Definition des Marktes und ggf. der Marktsegmente, für die aktuelle Dienstleistungen angeboten werden,
  • Analyse der Bedürfnisstruktur, des Abnehmerverhaltens und der Marktmacht der Zielgruppe,
  • Prognose der Entwicklung des Marktes.

Unter Branche kann eine Gruppe von Verbänden oder anderen Institutionen verstanden werden, deren Produkte oder Dienstleistungen viele gemeinsame Merkmale haben, so dass sie um dieselbe Zielgruppe werben. Zweck der Analyse soll die Identifizierung derzeitiger und künftiger Chancen und Risiken der Branche sein. Für ein fundiertes Ergebnis einer Branchenanalyse sollten folgende Fragen beantwortet werden:

  • Welches sind die Hauptmerkmale der Branche?
  • Welche Wettbewerbskräfte wirken in der Branche und wie stark sind sie?
  • Wer verursacht in der Branche Veränderungen und wie werden sie potentiell aussehen?
  • Welche Verbände der Branche haben die stärkste/schwächste Position?
  • Welche Schlüsselfaktoren werden künftig voraussichtlich zu Erfolg und Misserfolg führen (bspw. Preis und Qualität der Dienstleistungen, Service, Werbung, Distributionskanäle und Innovationsfähigkeit bzw. Zielgruppennähe)?

Die Konkurrenz- und Zielgruppenanalyse sollte im Rahmen der Branchenanalyse einen gebührenden Platz erhalten. Eine Konkurrenzanalyse kann in diesem Zusammenhang in fünf Schritten durchgeführt werden:

  1. Beschreibung der Zielgruppe der Konkurrenten,
  2. Beschreibung der aktuellen Strategie der Konkurrenten,
  3. Beschreibung der wichtigsten Ressourcen der Konkurrenten in der Vergangenheit,
  4. Prognose der wichtigsten Ressourcen der Konkurrenten in der Zukunft,
  5. Formulierung von Annahmen über Beweggründe und Selbsteinschätzungen der Konkurrenten.

Aufgrund dieser Informationen kann das strategische Wettbewerbsprofil jedes einzelnen Wettbewerbers bestimmt werden, d.h. es werden Hinweise auf die voraussichtliche Strategie der Wettbewerber gegeben

Die zu ermittelnden Daten für alle dargestellten Analysebereiche vermitteln zunächst Signale, die auf mögliche Entwicklungen und Trends hinweisen. Diese gilt es dann zu beurteilen und zu interpretieren. Dabei ist von zentraler Bedeutung, welche Konsequenzen die angenommenen Entwicklungen für ihren Verband und seine Zielgruppe haben. Hierbei ist zu fragen, ob die Trends eher als Chance zu begreifen sind, die es zu nutzen gilt, oder eher als Bedrohung oder Risiko, das es zu bekämpfen bzw. zu minimieren gilt. Die Chancen- und Risikoanalyse gewinnt dabei an Aussagekraft, wenn sie mit der im folgenden vorgestellten Stärken- und Schwächenanalyse des Verbandes abgeglichen wird.

Verbandsanalyse

Im Rahmen dieser Analyse sollen drei Leitfragen beantwortet werden:

  1. Wie ist die bisherige Verbandsstrategie zu beurteilen?
  2. Wo liegen die Stärken und Schwächen ihres Verbandes?
  3. Welches sind die strategischen Kernprobleme des Verbandes?

Die erste Frage kann beantwortet werden, indem bspw. Mitglieder über Umfragen beurteilen, ob aus ihrer Sicht und in ihrem geografischen Zuständigkeitsbereich die Marktanteile/die Mitgliederzahlen des Verbandes zu- oder abnehmen, ob die nötige Presseresonanz erzielt wird und der Bekanntheitsgrad zugenommen hat, ob der Verband bei Politik und Fachverbänden als relevanter Ansprechpartner angesehen ist, ob sich die Mitglieder gut vom Verband vertreten fühlen und ob weitere Teilziele erreicht wurden.

Für planerisch-strategische Überlegungen reicht die mit der Beantwortung der ersten Frage erfolgte Ist-Analyse nicht aus. Zusätzlich müssen Aussagen über die künftige Entwicklung getroffen werden, die über eine qualitative Bewertung im Rahmen einer Stärken- und Schwächenanalyse des Verbandes erfolgen soll.

Nachdem in einem ersten Schritt alle Verbandsaspekte in die Analyse mit eingebracht werden, ist in einem zweiten Schritt ihr Verband mit seinen Besonderheiten mit den relevanten Wettbewerbern zu vergleichen. Um dem in dieser Konzeption angestrebten strategisch-planerischen Ansatz zu entsprechen, ist in einem letzten Schritt herauszuarbeiten, wie die als Stärken des Verbandes zu interpretierenden Eigenschaften weiter verbessert und die als Schwächen festgehaltenen Aspekte reduziert bzw. minimiert werden können. Ein Polaritätsprofil zur Stärken- und Schwächenanalyse des Verbandes im Vergleich zu seinen Konkurrenten könnte folgende Aspekte beinhalten:

Polaritätsprofil zur Stärken- und Schwächenanalyse

Die im Polaritätsprofil aufgeführten Kriterien sind naturgemäß nicht alle gleichgewichtig. In einer weiteren Tabelle sind folglich definierte Stärken bzw. Schwächen zu gewichten und bspw. durch eine Skala von 1 bis 10 zwischen den Konkurrenten vergleichbar zu machen.

Verbands-eigenschaften

Kriterien

Schwäche/Stärke
       (--)   (-)  

(+-)  (+)   (++)

Marktleistung

Dienstleistungssortiment
Dienstleistungsqualität
Service (Beratung, Servicetelefon etc.)

 

Preis

Höhe des Mitgliedsbeitrages
Sonderkosten für bestimmte Leistungen
Preis-Leistungs-Verhältnis

 

Distributionskanäle

Zugang zu Informationen
Verteilungsdichte der Dienstleistungen/
Absatzorganisation
Aktualität/Schnelligkeit der Lobbyarbeit

 

Kommunikation

Argumentationskraft der Lobbyarbeit
Qualität der Verbandsrepräsentanten
Image des Verbandes
Öffentlichkeitsarbeit
Verbandszeitung
Pressekontakte

 

Kosten

prozentuale Höhe der Personalkosten an
den Gesamtkosten
Höhe der Sachkosten pro Mitarbeiter

 

Personal

Produktivität
Kompetenz
Loyalität
Beurteilung der Führungskräfte
Innovationsklima

 

Finanzen

Größe des Etats Eigenkapitalsausstattung
Grad der Drittmittelfinanzierung
Höhe der Spenden
Höhe der Sponsorengelder

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Unternehmensstrategie ist dann besonders erfolgreich, wenn die Stärken des Verbandes im Einklang stehen mit den prognostizierten Chancen auch künftiger Umfeldbedingungen. Aus der folglich zu diesem Zeitpunkt vorzunehmenden Betrachtung von Chancen/Risiken und Stärken/Schwächen resultieren dann Szenarien, die Handlungsbedarf für den Verband nach sich ziehen werden. Nach der Durchführung der Umwelt- und der Verbandsanalysen sind somit folgende Fragen umfassend zu beantworten:

  1. Welche Stärken hat ihr Verband, um die eine Strategie entwickelt werden kann?
  2. Machen die Schwächen den Verband verletzbar oder verhindern sie die Wahrnehmung bestimmter Chancen? Welche Schwächen müssen korrigiert werden, um die angestrebte Strategie wirksam verfolgen zu können?
  3. Welche Chancen kann der Verband realistischerweise nutzen? In welchem Ausmaß ist die Branchenentwicklung vorhersehbar? Welche Branchen­szenarien zeichnen sich ab?
  4. Welche Risiken werden als die größten betrachtet? Kann eine wirksame Verteidigungsstrategie die Risiken schmälern?

Die Entwicklung einer Verbandsstrategie

Die über eine Strategie anzustrebenden Wettbewerbsvorteile für den Verband resultieren ganz wesentlich aus dem Wert, den er für die Abnehmer seiner Dienstleistungen schafft. Als Wert wird das bezeichnet, was ein Abnehmer für die Leistungen bspw. über den Mitgliedsbeitrag des Verbandes zu zahlen bereit ist. Ein höherer Wert ergibt sich folglich entweder aus dem Angebot zu Preisen, die für gleichwertige Leistungen unter denen der Wettbewerber liegen oder aus einer einzigartigen Leistung, die einen ggf. höheren Preis aus der Sicht der Abnehmer kompensiert und damit rechtfertigt.

Die zu entwickelnden Strategien für den Verband sollten folgende zentrale Aspekte berücksichtigen:

  • Die Bestimmung von zentralen Zielen,
  • die Identifizierung von besonderen Kompetenzen, die ihr Verband besitzt,
  • die Auswahl eines Marktes bzw. von Märkten oder Marktsegmenten, in dem/denen der Verband künftig erfolgreich sein will,
  • die Bestimmung von Maßnahmen, Methoden oder Leistungen, durch die dauerhafte Wettbewerbsvorteile aufgebaut, ausgebaut oder gesichert werden sollen,
  • die Festlegung eines Zeitraums, in dem die Verbandsziele verwirklicht werden sollen,
  • die Kontrolle, ob die Organisationsstrukturen und Führungssysteme mit Blick auf seine Verbandsziele adäquat gestaltet sind.

An folgenden sieben Phasen der Strategieformulierung kann sich ein Verband orientieren:

  1. Analyse der Marktattraktivität,
  2. Analyse der Kernkompetenzen,
  3. Analyse des Ist-Portfolios,
  4. Bestimmung der strategischen Ziele des Verbandes,
  5. Entwicklung alternativer Strategien,
  6. Beurteilung der Strategien und Entscheidung,
  7. Erstellung des strategischen Ziel-Portfolios.

Die Marktattraktivität ist für den Verband bspw. umso höher einzuschätzen,

  • je größer die potentielle Zielgruppe für seine angebotenen Dienstleistungen ist,
  • je weniger Anbieter der gleichen Dienstleistung auf dem Markt präsent sind,
  • je weniger diese Leistungen durch Umweltentwicklungen bedroht sind oder
  • je größer die Chancen sind, die den Leistungen oder dem Verband für die Zukunft prognostiziert werden.

Nach der Bestimmung der Marktattraktivität erfolgt die Analyse der Kernkompetenzen ihres Verbandes. Kernkompetenzen sind integrierte Gesamtheiten von Know-how, Abläufen und Einstellungen, die für ihre Zielgruppe erkennbar wertvoll und gegenüber der Konkurrenz in dieser Form einmalig sind und damit neue Potentiale für den Verband eröffnen. Im Rahmen der Verbandsstrategie ist dann zu entscheiden, ob diese weiter zu entwickeln sind und ob weitere Kernkompetenzen im Einklang mit den Markt- und Umweltgegebenheiten und mit Blick auf die Ressourcen hervorgebracht werden sollten.

Zur Visualisierung der Ergebnisse einer in der Folge vorzunehmenden Analyse des Ist-Portfolios bietet sich die Darstellung durch ein Kompetenz-Portfolio an. In dem folgenden Portfolio ist die Beurteilung von Kompetenzen eines Verbandes beispielhaft dargestellt:

hoch




 

Kundenwert




Kompetenz-Mängel

Darstellung des
Verbandes

            Beratungsarbeit  O


Kernkompetenzen


politische Interessenvertretung

 

 

 

 

niedrig

O Informationsmanagement 

 

Kompetenz-Standards

 




Kompetenz-Potentiale

            O  Pressearbeit

 

 

 

niedrig

hoch

 

 

relative Kompetenzstärke

 

Beispielhaftes Kompetenz-Portfolio

Kompetenz-Standards meinen Kompetenzen mit niedrigem Kundenwert und niedriger relativer Kompetenzstärke. Der Quadrant Kompetenz-Mängel steht für Kompetenzen, denen von Kunden eine hohe Bedeutung beigemessen wird, bei denen der Verband aber nur eine geringe relative Kompetenzstärke besitzt. Als Kompetenz-Potentiale werden Kompetenzen verstanden, bei denen der Verband eine führende Position besitzt, der Kundenwert aber relativ gering eingeschätzt wird, während sich die Kernkompetenzen auf Kompetenzen mit hoher Kompetenz­stärke und hohem Kundennutzen beziehen.

Den sieben Phasen der Strategieformulierung folgend, bedarf es nun der Bestimmung von strategischen Zielen für den Verband durch sein Management. Unter Berück­sichtigung der Ergebnisse der Chancen- und Risikoanalyse, mit der Entwicklung von Branchenszenarien und einer Konkurrenzanalyse werden nun alternative Verbandsstrategien entwickelt. Anhand folgender Kriterien bzw. Fragestellungen kann eine Entscheidungsfindung erleichtert werden:

  • Welche Alternative schafft die beste Verbindung von Umweltchancen und Verbandsstärken?
  • Welche Alternative schafft den größten Wettbewerbsvorteil?
  • Welche Strategiealternative erfüllt die Satzungszwecke am besten?
  • Welche Alternative entspricht am ehesten dem Leitbild und/oder dem Grundsatzprogramm und/oder der Unternehmenskultur des Verbandes?
  • Welche Strategie ist mit dem geringsten Ressourcenaufwand zu realisieren?
  • Bei welcher Strategie wird die Schaffung neuer Probleme minimiert?
  • Welche Strategie maximiert die Zufriedenheit möglichst aller auf den Verband Einfluss nehmenden Gruppen (Verbandsmanagement, Mitarbeiter, Landes­verbände und Mitglieder, Sponsoren, politische Entscheidungsträger, Medien etc.)?
  • Welche Strategie entspricht am ehesten den Präferenzen einer der vorgenannten Gruppen?
  • Welcher Strategie wird die größte Erfolgswahrscheinlichkeit zugerechnet?

Nach Anwendung der Szenariotechnik stehen dem Verband zudem verschiedenen Ansätze offen, um die Unsicherheit bezüglich der Strategieauswahl im Falle mehrerer glaubhafter Szenarien zu minimieren:

  • Der Verband setzt auf das wahrscheinlichste Szenario,
  • der Verband setzt auf das Szenario, bei dem die größten Wettbewerbsvorteile zu erwarten sind,
  • der Verband setzt auf eine Strategie, die im Rahmen aller Szenarien befriedigende Ergebnisse erzielt,
  • es wird eine flexible Strategie gewählt, die im bestimmten Rahmen verändert werden kann, wenn deutlicher wird, welches Szenario wahrscheinlich einsetzen wird, oder
  • der Verband versucht im Rahmen einer Strategie aktiv auf ein Szenario Einfluss zu nehmen, um es in eine bestimmte Entwicklungsrichtung zu bewegen.

Trotz der genannten und noch weiterer Kriterien bleibt die Strategieauswahl ein schwieriger Schritt, der durch die persönlichen Einstellungen des Verbandsmanagements geprägt sein wird und damit nur bedingt objektivierbar ist.

Nach der Entscheidung für eine Verbandsstrategie wird der letzte Schritt des Sieben-Phasen-Modells der Strategieentwicklung vollzogen und ein Ziel-Portfolio mit allen angestrebten Positionsänderungen angelegt, das die Klarheit der strategischen Ausrichtung kennzeichnet und die Nutzung, Sicherung und Weiterentwicklung der Kernkompetenzen widerspiegelt.

Strategieumsetzung und –kontrolle

Der Umsetzungsprozess der Verbandsstrategie erfordert zunächst deren Verab­schiedung durch die entsprechenden Gremien und die Einbindung der mit der Umsetzung der Strategie befassten Mitglieder und Mitarbeiter. Im Rahmen der operativen Planung wird dann ein Maßnahmen-Mix und die Zuteilung der entsprechenden Ressourcen veranlasst. Je nach personeller Größe der Verbände wird ferner ggf. eine Anpassung der Aufbauorganisation notwendig.

Die als permanente, parallel zur Strategiefindung und -implementierung vorzusehende Strategiekontrolle ist unerlässlich. Denn ungenaue Planungsannahmen, die Dynamik der Umwelt und die oft unzureichenden Überschaubarkeit von Maßnahmenwirkungen führen bei der Umsetzung zu Abweichungen der geplanten zu der tatsächlich eingetretenen Entwicklung. Je früher eine solche Soll-Ist-Abweichung festgestellt wird, desto eher können notwendige Korrekturen mit verhältnismäßig geringem Aufwand durchgeführt werden. Die Strategiekontrolle stellt daher ein zentrales Element in einem strategischen Führungskonzept dar.

Soll-Ist-Abweichungen können zur Entwicklung von Steuerungsmaßnahmen, zur Modifikation von Zielen oder gar zur Strategieaufgabe führen. Um Soll-Ist-Abweichungen so gering wie möglich zu halten, sind die Umwelt- und die Verbandsanalyse grundsätzlich ebenfalls als Instrumente eines Früherkennungssystems der Strategiekontrolle zu verstehen und an zu wenden.

Folgende Phasen der Strategiekontrolle können unterschieden werden:

  • Die Ermittlung des Zielerreichungsgrades,
  • die Durchführung der Abweichungsanalyse (Art und Ausmaß der Abweichung, Ursachenanalyse, Prognose der Konsequenzen),
  • die Entwicklung und Durchsetzung von Steuerungsmaßnahmen und ggf.
  • die Modifikation der Zielsetzung bzw. der Strategie oder gar die Strategieaufgabe.

Bewertung

Die Entwicklung der verbandsrelevanten Umweltbedingungen in den letzten Jahren verlangt zunehmend die Berücksichtigung strategischer Elemente in der Verbandsführung, die das hier vorgestellte Konzept der strategischen Verbandsführung vollständig und systematisiert zur Verfügung stellt. Die Adaption und Einführung dieses Konzepts ist trotz der nicht auf Gewinn oder vornehmlich monetär bestimmten Größen basierenden Verbandsziele im Dritten Sektor sinnvoll: Denn Verbände müssen sich wie Wirtschafts­unternehmen an Märkten behaupten, d.h. ausreichend Abnehmer für ihre Leistungen und Produkte finden, da sie wettbewerbs- und überlebensfähig bleiben oder werden wollen.

Realistischer Weise muss bei der Einführung eines solchen umfangreichen Konzepts unter Berücksichtigung aller Bestandteile ein mehrjähriger Zeitraum eingeplant werden. Dieser Prozess kann allerdings bei einer – oftmals bestehenden - aktuellen hier so bezeichneten Managementphilosophie erheblich verkürzt werden.

Ferner ist zu bedenken, dass die Einführung und auch die Anwendung der strategischen Verbands­führung durch komplexe mehrstufige Verbands­strukturen zunächst erschwert sein können. Darüber hinaus ist an Professionalisierungserfordernisse der hauptamtlichen wie ggf. auch zu berücksichtigender ehrenamtlicher Mitarbeiter zu denken. Dies und möglicher Weise vorzunehmende organisatorische Veränderungen im Verband sprechen für eine professionelle externe Unterstützung bei der Entwicklung und Einführung des Konzepts und in der ersten Phase der Anwendung.

Die in der Praxis unter Beweis gestellten dauerhaft wirkenden Vorteile des strategischen Führungskonzepts für die verbandliche Positionierung und Entwicklung rechtfertigen jedoch den zuvor zu leistenden Einsatz. Das vorgestellte Konzept zur Einführung der strategischen Verbandsführung ist damit eine geeignete Reaktion von Verbänden auf die in der Einführung angesprochenen Problemkreise.

Die Abteilung Government Services/Kommunales Kompetenz Center von Arthur Andersen hat sich unter anderem auf die Strategie- und Organisationsentwicklung spezialisiert. Zahlreiche positive Erfahrungen bei der Entwicklung und Einführung von strategischen Gesamtkonzepten und Einzelelementen für den Dritten Sektor bilden einen fundierten Hintergrund für die kompetente und individuelle Beratungsarbeit durch Andersen.

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