Verbändereport AUSGABE 5 / 2011

Tagen in Österreich – Neuigkeiten aus Wien

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Wien hat 2010 erneut die Spitzenposition als weltweit meistbesuchte Tagungsstadt verteidigt. Zum sechsten Mal in Folge fanden dort mehr internationale Kongresse als in allen anderen Metropolen statt. Wie gut Tagungsgäste der Wirtschaft des ganzen Landes tun, das wird erst neuerdings deutlich. Denn für das vergangene Jahr wurde erstmals eine umfassende Tagungsstatistik erstellt.

Mit 154 internationalen Kongressen im Jahr 2010 wurde Österreichs Hauptstadt zum sechsten Mal in Folge die weltweite Nummer eins unter den Tagungsmetropolen. Laut einer Statistik der International Congress & Convention Association (ICCA) verwies Wien somit Barcelona (148 Kongresse) und Paris (147 Kongresse), aber auch Berlin (138 Kongresse) auf die Plätze.

Da sich Wien weltweit den Status der begehrtesten Tagungsstadt erarbeitet hat, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Tagungsbranche der Hauptstadt. Besonders für Verbände ist es eine Überlegung wert, eine Tagung in Wien durchzuführen, denn das Vienna Convention Bureau hat sich auf Verbände spezialisiert. Elf Mitarbeiter des Convention Bureaus kümmern sich um die zahlreichen internationalen Kongresse. Den ersten Platz unter den weltweiten Tagungsdestinationen erklärt sich Deputy Director Ulrike von Arnold so: „Wir sind schon sehr lange am Markt, die Leute kennen uns.“ Und, mit einem Augenzwinkern: „Irgendetwas müssen wir richtig machen.“ Besonders die Mediziner haben Wien längst als ihre Tagungsstadt entdeckt. Der Europäische Radiologenkongress findet jährlich dort statt, aber auch Spezialisten anderer Fachrichtungen kommen gerne nach Wien, um sich auszutauschen.

Mehr Tagungen, weniger Übernachtungen

Die Zahl der Wiener Veranstaltungen von Verbänden und Unternehmen zusammen stieg 2010 beträchtlich. „Mit 2.934 nationalen und internationalen Kongressen und Firmenveranstaltungen wurden in Wien 2010 um 14 Prozent mehr Tagungen abgehalten als 2009“, so Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner. „Bei der dadurch bewirkten landesweiten Wertschöpfung konnte mit einer Steigerung von 4 Prozent auf 767,8 Millionen Euro ein Höchststand erreicht werden.“

Die Zahl der Übernachtungen, die die Tagungsgäste buchten, ging allerdings leicht zurück. „Die Delegierten reisen kaum noch mit Begleitpersonen zu Kongressen und neigen immer weniger zu einer Verlängerung ihres Aufenthalts in der Destination vor oder nach dem Kongress“, so Brauner. Erklärungsansatz von Christian Mutschlechner, Präsident des Austrian Convention Bureau (ACB) und Leiter des Vienna Convention Bureau: „Alles läuft darauf hinaus, dass Kongresse – aus Teilnehmersicht – ihre touristische Funktion weitgehend verloren haben und beinahe nur noch als Arbeitstermine wahrgenommen werden.“

Tagungszentren für unterschiedliche Ansprüche

Die Auswahl, wo diese Arbeitstermine stattfinden sollen, ist in Wien allerdings groß. Die Stadt verfügt über drei Tagungszentren, knapp 90 Tagungshotels, fast 40 historische Veranstaltungsstätten und beinahe 20 moderne Tagungslocations. Die drei großen Tagungszentren sind das Austria Center Vienna, die Hofburg Vienna und das Messe Wien Exhibition & Congress Center. Ulrike von Arnold vom Vienna Convention Bureau vermutet, dass diese Tagungszentren eine breite Masse an Interessenten ansprechen, da sie sehr unterschiedlich aufgebaut und ausgelegt sind.

Das Austria Center Vienna (ACV) ist mit einer Ausstellungsfläche von rund 22.000 Quadratmetern Österreichs größtes Kongresszentrum. Eröffnet im Jahr 1987 bietet das ACV heute nach umfassenden Modernisierungen 17 Säle auf vier Ebenen und eine Gesamtkapazität von etwa 10.200 Sitzplätzen. Das Fassungsvermögen der Räumlichkeiten reicht von 100 bis 4.200 Personen. Das Austria Center Vienna ist verkehrsgünstig an der U-Bahn und der Donauuferautobahn gelegen.

In den nächsten Monaten ist das ACV so stark ausgebucht wie noch nie zuvor. Zehn internationale Großveranstaltungen finden zwischen März und September 2011 in diesem Tagungszentrum statt. Insgesamt rechnen die Betreiber mit rund 56.000 Gästen – hauptsächlich aus dem Ausland – und sie erwarten über 200.000 Übernachtungen. „Die ausgezeichnete Buchungslage ist eine tolle Bestätigung für das ACV als europäischer Top-Player und für Wien als Kongressstadt von internationalem Rang“, so Thomas Rupperti vom ACV-Vorstand. „Das ACV ist zu einem Wirtschaftsmotor für Wien geworden, der nicht mehr wegzudenken ist.“

Viel Prunk und viel Platz

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts soll mit dem Bau der Hofburg Vienna begonnen worden sein. Heute stehen in Wiens zweitem, großem Kongresszentrum etwa 17.000 Quadratmeter Veranstaltungsfläche in 35 Räumen zur Verfügung, Veranstaltungen mit bis zu 4.900 Personen sind durchführbar. Prunkstücke des Bauwerks sind die modern ausgestatteten, imperialen Veranstaltungsräume. Der größte Saal in der Winterresidenz der Habsburger ist der Festsaal mit rund 990 Quadratmetern. Teile der Hofburg werden seit 1958 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und als Kongresszentrum genutzt.

Die Hofburg Vienna ist ein Beispiel dafür, dass es sich nicht nur in neu erbauten, hochmodernen Locations umweltschonend wirtschaften lässt. In der Hofburg nutzen die Tagungsgäste umweltfreundlich produzierte Energie, Energiesparlampen und energieeffiziente Computer. Die Klimatisierung der Räume kann individuell angepasst werden und effiziente Armaturen sollen beim Wassersparen helfen.

Das dritte große Tagungszentrum, das Messe Wien Exhibition & Congress Center, wurde 2004 als wandelbare Location eröffnet. Ziel war es, einen Kongresskomplex zu erbauen, der sich problemlos an die verschiedenen Bedürfnisse der Nutzer anpassen lässt. Im 7.000 Quadratmeter großen Congress Center stehen deshalb 18 Raumeinheiten zur Verfügung, die für Veranstaltungen mit 100 genauso wie für Events mit 3.000 Gästen geeignet sind.

Das Exhibition Center, der Messebereich, ist rund 55.000 Quadratmeter groß. Bis zu 30.000 Kongressteilnehmer oder 50.000 Messegäste können dort pro Tag empfangen werden. Die Hallen sind flexibel kombinierbar und eignen sich damit zur Umsetzung von Fach- und Publikumsmessen sowie Kongressen. Besonderes Augenmerk wird auch im Messe Wien Exhibition & Congress Center auf den nachhaltigen, ressourcenschonenden Betrieb gelegt.

Purismus und Design in Wiener Hotels

Da etwa ein Viertel der österreichischen Tagungen in Hotels abgehalten werden, ist die Wiener Hotelszene in Bewegung – es wird renoviert und neu erbaut. Ende 2010 öffnete beispielsweise das Sofitel Vienna Stephansdom. Damit die Gäste den Ausblick auf die gotische Kathedrale St. Stephan – der das Hotel seinen Namen verdankt – ungestört genießen können, wurde in der Fassade viel Glas verbaut. Das 5-Sterne-Haus im puristischen Stil hat rund 180 Zimmer und Suiten. Die neun tageslichthellen Konferenzräume bieten Platz für bis zu 130 Gäste. Der größte Tagungsraum „Le Corbusier“ ist knapp 250 Quadratmeter groß, ein eigener Empfangsbereich von rund 110 Quadratmetern gehört zu diesem Raum dazu.

Das Hilton Vienna Danube wurde kürzlich umfassend renoviert. Die knapp über 390 Zimmer wurden erneuert, im Tagungsbereich stehen 13 variable Konferenzräume mit 1.400 Quadratmetern für bis zu 350 Personen zur Verfügung. Die multifunktionelle „Grand Waterfront Hall“ bietet Platz für bis zu 600 Personen. Das 4-Sterne-Hotel ist seit 2009 Träger des österreichischen Umweltzeichens. Möchten auch die Hotelgäste auf die Umwelt achten, dann erreichen sie das Wiener Stadtzentrum und die historische Altstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in sieben Minuten. Zum internationalen Flughafen Wien dauert die Fahrt rund 20 Minuten.

Ebenfalls 4 Sterne bietet das Fleming’s Deluxe Hotel Wien-City, das im Februar 2011 in der Josefstadt im Stadtzentrum eröffnete. Das neue Luxushotel setzt auf umfassenden Service und besonderes Design. Bei der Einrichtung wurden warme Erdtöne mit modernen Designelementen kombiniert und sollen den rund 210 Zimmern eine schlichte Eleganz verleihen. Sechs klimatisierte Tagungsräume mit Tageslicht stehen im Conference-Center zur Verfügung, sie können kombiniert werden und umfassen bis zu 220 Quadratmeter.

Österreich: Tagungen als gewinnbringender Wirtschaftszweig

Wie gut der Tagungs- und Kongressmarkt in ganz Österreich funktioniert, wird erst seit 2009 offiziell ermittelt. Seitdem erarbeiten Österreich Werbung und das Austrian Convention Bureau gemeinsam eine Statistik über Tagungsbesucher. Doch im ersten Jahr wurden die Erhebungen noch nicht flächendeckend betrieben. Die Ergebnisse der „Österreichischen Kongressstatistik 2010“ zeigen nun jedoch, welche Bedeutung die Tagungsbranche für Österreichs Wirtschaft hat. „Vor allem in den Landeshauptstädten ist das Kongress- und Tagungsgeschäft ein wichtiger und gewinnbringender Wirtschaftszweig“, so Dr. Petra Stolba, Geschäftsführerin der ÖsterreichWerbung.

Im vergangenen Jahr fanden laut „Österreichischer Kongressstatistik 2010“ knapp 2.460 Kongresse und Tagungen in Österreich statt, außerdem rund 3.700 Firmentagungen. Jeder zehnte Tourist war damit ein Tagungsgast. 60 Prozent der Tagungsgäste kamen aus Österreich, 40 Prozent waren internationale Besucher. Mehr als 1,7 Millionen Mal übernachteten Tagungsgäste im Land. In den Landeshauptstädten Österreichs waren es die Tagungsbesucher, die 10,2 Prozent der Übernachtungen buchten. Ein internationaler Kongressgast blieb im Durchschnitt 4,5 Nächte, ein österreichischer 1,2 Nächte.

Rund 1.100 Tagungslocations, die in der Datenbank der österreichischen Kongressstatistik registriert sind, haben im vergangenen Jahr Veranstaltungen gemeldet – das waren 59 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Herausgeber dieser Statistik weisen jedoch darauf hin, dass dies nicht als Steigerung der Kongresszahlen verstanden werden könne. Die Bereitschaft der Veranstalter und der Betreiber von Tagungsstätten sei mittlerweile größer geworden, Daten über ihre Veranstaltungen zur Erhebung der Statistik weiterzugeben. „In den nächsten Jahren sollen die Daten so konsistent und detailliert aufbereitet werden, dass die Statistik nachhaltig verwendet werden kann“, so Mutschlechner. „Eine wirtschaftliche Bewertung der gesamten österreichischen Kongress- und Tagungsbranche sowie ein fortlaufender Jahresvergleich werden dann möglich sein.“

Der Herbst der Tagungen

2010 kristallisierte sich der Herbst als der beliebteste Zeitraum für Kongresse in Österreich heraus. Der September war der Spitzenmonat, in den 13 Prozent aller Tagungen fielen, fast genauso viele fanden im November statt, 12 Prozent im Oktober. Auch das Frühjahr war beliebt, 11 Prozent der Tagungen wurden im Mai durchgeführt, 10 Prozent jeweils im April und im Juni. Dass die meisten Kongresse im Herbst und im Frühling – also in den im Tourismusbereich schwachen Monaten – stattfanden, kam der Hotelbranche gelegen.

Die größte Tagung in Wien war 2010 die 18. Internationale Aids-Konferenz mit rund 20.000 Teilnehmern. Medizinische Themen dominierten nicht nur in Wien, sondern mit 30 Prozent bei Tagungen im ganzen Land, gefolgt vom Themenkomplex Wirtschaft und Politik mit 21 Prozent.

Bildungseinrichtungen und Universitäten waren mit einem Anteil von rund 25 Prozent die meistgenutzten Tagungsorte in Österreich. An zweiter Stelle rangierten Kongress-, Messe- und Veranstaltungszentren mit knapp 24 Prozent, gefolgt von Kongress- und Konferenzhotels mit 23 Prozent. 

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