Im Rahmen einer Umfrage wurden Führungskräfte von rund 2.000 Verbänden, Kammern und anderen NPOs nach ihrer Einschätzung der gegenwärtigen Situation und einer Prognose für das Jahr 2008 unter dem Motto „Fit für die Zukunft“ befragt. Hier die Zusammenfassung der Ergebnisse.

Das Mitglied als Kunde
Die überwiegende Mehrheit der befragten Verbände und Organisationen geht davon aus, dass es zukünftig vermehrt darum gehen wird, die vorhandenen Leistungsangebote zu individuellen Dienstleistungspaketen auszubauen, die sowohl den sich verändernden Bedürfnissen der Mitglieder, als auch den sich wandelnden Aufgabenstellungen der Organisation gerecht werden. Den Mitgliedern wird das Bekenntnis der Organisation, legitimer Interessenvertreter zu sein nicht mehr ausreichen. Oftmals handeln NPOs noch heute in dem Glauben, mit dem vorhandenen Leistungsangebot den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden und attraktiv zu sein. Bei dieser Sichtweise wird jedoch gerne übersehen, dass die Mitglieder meist keine homogenen, sondern ausgesprochen komplexe, heterogene Gruppenstrukturen aufweisen.
Erfolgreiches Verbandsmanagement verlangt demnach eine zielgruppengerechte Ausbildung des Leistungsangebots. Daraus folgt, dass die in Verbänden üblicherweise eingesetzten Kommunikationsmittel und –wege dahingehend modifiziert werden müssen, dass sie mit den individuellen Zielgruppeninteressen kompatibel sind. Der Erfolg solcher Veränderungsprozesse hängt maßgeblich von der Fähigkeit ab, die Organisation aus Mitgliedersicht betrachten zu können. Die Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Unternehmen, die über Erfahrung bei der Einführung und mit der Entwicklung so genannter. Customer-Relationship-Managementsysteme verfügen, ist in solchen Fällen nicht nur zweckmäßig, sondern erleichtert es den Entscheidungsträgern, Überzeugungsarbeit in der eigenen Organisation leisten zu müssen.
Erneuerung der Beitragssysteme
Einen nicht unwesentlichen Teil der Umfrage nahmen Fragen nach der aktuellen und zukünftigen Verbandsfinanzierung ein. Auch hier gilt es, von starren Beitragssatzungen zugunsten von inanspruchnahmeabhängigen Beitragssystemen Abschied zu nehmen. Individuelle Nutzungsentgelte ersetzen die Politik generell verbindlicher Beitragsstrukturen. Das bedeutet natürlich gleichsam, dass Verbände zunehmend in Konkurrenz zu vorhandenen Dienstleistungsanbietern treten und in Bezug auf steuerrechtliche Aspekte die gewählte Rechtsform der Organisation werden überdenken müssen.
Mitgliederbindung durch individuelles Leistungsangebot
Zunehmend kritischere Betrachtung von – vermeintlich – überflüssigen Mitgliedschaften in Verbänden, Vereinen und sonstigen Organisationen machen die Mitgliederbindung zur zentralen Aufgabe der kommenden Jahre für Ehren- und Hauptamt.
Es ist eine Tatsache, dass eine nicht eben unerhebliche Anzahl von Mitgliedern nur deshalb an der Mitgliedschaft festhält, weil die Energie zur Kündigung fehlt. Latent ist wahrscheinlich jedes dritte quasi „auf dem Sprung“. Dem lässt sich nur mit einem individuell zugeschnittenem Leistungsangebot begegnen. Umso exklusiver die Preis- und Servicevorteile den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden, desto nachhaltiger ist die Mitgliederbindung: Das Mitglied spürt, was es für seinen Beitrag als Gegenwert erhält.
Gemeinsam stärker
Insbesondere handwerkliche Organisationen spüren derzeit, dass die für sich beanspruchte Klientel nicht mehr zwingend mit tatsächlichen Lebenssachverhalten übereinstimmt. Bislang klar berufsgruppenspezifische Demarkationslinien verlieren an Bedeutung in dem Maße, in dem Berufsfelder der Mitglieder sich ausweiten und mit Berufsfeldern anderer Gruppen Schnittmengen bilden. In Kooperationen und Fusionen sehen Vertreter dieser berufsständischen Organisationen die konsequente Fortführung ihrer Arbeit. Zugegebener Maßen wird es dem Einen oder Anderen schwer fallen, Erbhöfe aufzugeben. Aus Sicht politischer Interessenvertretung muss den Verantwortlichen jedoch klar sein, dass nur mitgliederstarke Organisationen erfolgreiche Lobbyarbeit gewährleisten können.
Qualität
Schließlich hält die überwiegende Mehrzahl der befragten Organisationen die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen bis hin zur Einführung von Zertifizierungssystemen für ein unverzichtbares Mittel zukünftig erfolgreicher Verbandsarbeit. Der Umgang mit Beschwerdemanagement wird dabei nach Ansicht der Befragten eine ebenso große Rolle wie die Auslagerung verschiedenster Verbandsleistungen spielen.
Fazit
Dreh- und Angelpunkt bei der Begegnung aktueller und künftiger Probleme bleiben innovative Denkansätze. Manchmal hilft ein Blick über den Zaun, um sich Anregungen zu holen, wie Unternehmen der Privatwirtschaft ähnlich gelagerten Problemen begegnen. Es reicht nicht, so gewonnene Erkenntnisse 1:1 schematisch auf den eigenen Verband übertragen zu wollen. Hilfestellung von außen ist bei so intensiven Eingriffen in das Selbstverständnis einer NPO erforderlich.