Der Kabinettsentwurf der Bundesregierung zum vorgesehenen Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) ist einmal wieder als ein Sammelsurium von Rechtsänderungen konzipiert, das einen Rundumschlag quer durch nahezu alle Steuergesetze verspricht. Es enthält auch zahlreiche Änderungsvorhaben im Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2009 in Kraft treten. Auch sind Erweiterungen zum Referentenentwurf (Verbändereport berichtete in Ausgabe 04/2008) erkennbar. Neben Änderungen im Einkommensteuergesetz sieht die Bundesregierung Anpassungsbedarf im Körperschaftsteuergesetz, der Abgabenordnung sowie schließlich im Umsatzsteuergesetz.
Änderungen im Einkommensteuergesetz
Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereine
Mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007 ist § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV entfallen. Damit findet sich keine gesetzliche Grundlage mehr für den steuerlichen Abzug von Mitgliedsbeiträgen an sog. Kulturfördervereine — dies war nicht beabsichtigt. Deshalb soll jetzt in § 10b Abs. 1 EStG klarstellend mit aufgenommen werden, dass die Beiträge als Sonderausgaben abziehbar sind. Dies gilt selbst dann, wenn gemäß Satzung oder der tatsächlichen Geschäftsführung den Mitgliedern Vergünstigungen (zum Beispiel Jahresgaben, verbilligter Eintritt) gewährt werden. Die Vorschrift soll rückwirkend ab 31.12.2006 gelten.
Haftung im Verein für Spendenbescheinigungen
Gemäß Kabinettbeschluss vom 18.6.2008 soll die steuerrechtliche Haftung im Vereinsrecht geändert werden; betroffen davon ist die Reihenfolge der Inanspruchnahme bei der Veranlasserhaftung. Für eine unzutreffende Zuwendungsbestätigung können bisher sowohl der Verein als auch dessen Organe gesamtschuldnerisch in Haftung genommen werden. Da diese drohende Haftung offenbar viele bürgerschaftlich interessierte Personen von einem Engagement abhält, soll jetzt die Reihenfolge der Inanspruchnahme der Gesamtschuldner wie folgt gesetzlich festgelegt werden: Vorrangig haftet der Zuwendungsempfänger (zum Beispiel der Verein). Die handelnde Person (zum Beispiel der Vorstand) wird nur nachrangig in Anspruch genommen, wenn eine Haftung gegen den Zuwendungsempfänger erfolglos ist (vorgesehener § 10b Abs. 4 Satz 4 EStG). Die Vorschrift soll ab Veranlagungszeitraum 2009 gelten.
Änderungen im Körperschaftsteuergesetz
Begriff „Förderung der Allgemeinheit“
Mit einer vorgesehenen Änderung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG soll das geänderte Gemeinnützigkeitsrecht (§ 51 AO) auf die Steuerbefreiung bei der Körperschaftsteuer übertragen werden. Damit können inländische und ausländische gemeinnützige Körperschaften steuerbefreit sein, wenn die Förderung der Allgemeinheit in nicht nur unbedeutendem Umfang auch der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland dient. Davon profitieren ausländische gemeinnützige Körperschaften, die nun mit ihren inländischen Einkünften die Steuerbefreiung erlangen können. Dies gilt — wie bei inländischen Körperschaften — aber nicht für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Die Vorschrift soll ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gelten.
Änderungen in der Abgabenordnung
Ausschluss extremistischer Vereine von der Gemeinnützigkeit
Alle Körperschaften und damit vor allem Vereine, die extremistisches Gedankengut fördern, sollen nicht mehr von der Gemeinnützigkeit profitieren können. Ab dem 1.1.2009 soll damit eine Körperschaft nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung kein extremistisches Gedankengut fördert und sich an den Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung hält (Änderung des § 51 AO). Dies hat die Finanzverwaltung bereits bisher so gesehen, konnte sich dabei aber nur auf den Anwendungserlass zur AO zu § 52 Nr. 16 AO stützen. Unverändert bleibt hingegen die Schwierigkeit, Vereinigungen mit extremistischem Touch oder Gedankengut ausgerechnet mit dem Steuerrecht zu bekämpfen.
Gesetzliche Definition des Begriffs „Allgemeinheit“
Grundvoraussetzung für eine Gemeinnützigkeit ist, dass die „Allgemeinheit“ gefördert wird. Was darunter zu verstehen ist, soll künftig in § 51 AO (zunächst war § 52 AO vorgesehen) gesetzlich definiert sein. Danach gehören zur „Allgemeinheit“ nur natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Hintergrund dieser Änderung ist das Urteil des EuGH v. 14.9.2006 — C 386/01 (Stauffer), wonach der Ausschluss der Spendenbegünstigung für Zwecke in andere Mitgliedsstaaten gegen EU-Recht verstößt. Der EuGH hält jedoch solch einen strukturellen Inlandsbezug europarechtlich für möglich. Ferner soll künftig auch die Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland als weiterer gemeinnütziger Zweck in Absatz 2 aufgenommen werden. Damit bleibt insbesondere die Entwicklungs- und Katastrophenhilfe weiterhin gemeinnützig, auch wenn sie Personen im Ausland zugutekommt. Die Änderungen sollen ab dem 1.1.2009 gelten.
Änderungen im Umsatzsteuergesetz
Anpassung der Umsatzsteuerbefreiung für ambulante und stationäre Heilbehandlungsleistungen
an EU-Recht
Nach EU-Recht sind Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlungen und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt oder bewirkt werden, von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt auch für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedsstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufe durchgeführt werden. Diese Leistungen müssen nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und — so weit wie möglich — der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen. Als Abgrenzungskriterium dient dabei weniger die Art der Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung.
Die EU-rechtlichen Vorgaben und die Rechtsprechung des EuGH sollen durch die umfassend geänderten Befreiungsvorschriften in § 4 Nr. 14 und Nr. 16 UStG umgesetzt werden. Inhaltlich bleibt der Kreis der bisher aufgeführten ärztlichen und arztähnlichen Berufe grundsätzlich unverändert. Nur ein klinischer Chemiker wird nicht mehr steuerbefreit sein. Klarstellend werden künftig zusätzlich die Geburtshilfe, Diagnostik, Vorsorge, Rehabilitation und die Hospizleistungen erwähnt werden.
Steuervereinfachend soll auf die jährlich nachzuweisenden bestimmten, einrichtungsbezogenen Sozialkriterien bei privatrechtlichen Einrichtungen verzichtet werden.
Neu ist auch, dass nicht nur die Leistungen der Zusammenschlüsse von Ärzten oder ähnlicher Berufe an ihre Mitglieder befreit werden, sondern auch Leistungen an Mitglieder der Zusammenschlüsse von Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG, wie zum Beispiel Krankenhäuser. Dies erfordert aber eine genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten. Ausgenommen bleiben Leistungen wie Buchführung, Rechtsberatung oder die Tätigkeit einer ärztlichen Verrechnungsstelle. Die Änderungen sollen ab 1.1.2009 gelten. (WE)