Pressemitteilung | Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. (VdAW) / VdAW-Fachgruppe Landwirtschaftliche Lohnunternehmen Baden-Württemberg

Gewerblicher Agrarhandel stellt sich der Zukunft

(Stuttgart) - Die globale Agrarwirtschaft steht vor einer immensen Herausforderung. Das kontinuierliche Wachstum der Weltbevölkerung, veränderte Ernährungsgewohnheiten der Menschen und eine enorme Nachfrage nach Agrarprodukten für die Verwendung als Lebens- und Futtermittel sowie Energie und zur Substitution von chemischen Rohstoffen beeinflussen die Entwicklung der Landwirtschaft mit allen vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen in den nächsten Jahren nachhaltig und massiv. Dies stellt der Vorsitzende der Fachgruppe des Hessischen Landhandels im Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW) Lars Otto auf der Mitgliederversammlung in Lich fest.
Dies ist die Contrasituation zu den letzten Jahren und Jahrzehnten nach den Fleisch- und Getreidebergen, Milch- und Weinseen und Herausnahme von Flächen aus der Produktion um die Überschüsse abzubauen. Die Extensivierung durch Verzicht auf ertragssteigernde Produktionsmittel gehört der Vergangenheit an. Preise für landwirtschaftliche Produkte - im übrigen politisch gewollt - durch billige Lebensmittelpreise als Inflationsbremse Nummer eins nahmen jedoch den Landwirten und der gesamten Agrarbranche die Luft zum Atmen. Industrie- und Konzernwirtschaft und vor allem die Banken gaben den Takt vor, bis das Kartenhaus vor drei Jahren zusammenbrach und alle in die Krise stürzte. Die jetzige Situation muss unausweichlich zu höheren Agrarpreisen und zu einer zunehmenden Spezialisierung in der Produktion führen. Für die Landwirtschaft bergen die höheren Preise Chance und Risiken. Ohne Zweifel konnte in der Landwirtschaft mit einstelligen Getreidepreisen in der Vergangenheit kein Geld verdient werden. Allerdings verteuert sich jetzt die Produktion durch steigende Betriebs- und Energiepreise zusehends, so dass einerseits eine optimale, auf den Standort des Betriebes angepasste Produktionsintensität und andererseits eine Vermarktung der Erzeugnisse zum richtigen Zeitpunkt zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren in den landwirtschaftlichen Betrieben zählen. Gerade hier ist die Partnerschaft der Landwirte mit den Unternehmen des privaten Agrarhandels einer der wichtigsten Parameter im Management auf den Höfen und damit Erfolgsfaktor Nummer eins für ein positives Ergebnis.
Die Entwicklungen unserer Branche, die Veränderungen an den Märkten, die Neuorientierung in anderen Wirtschaftsbereichen, vor allem in der Energiepolitik und das Überdenken bisheriger Wertvorstellungen in Teilen der Bevölkerung bieten Chancen. Der Agrarhandel nutzt diese Chancen. Landwirte und Agrarhändler sind bodenständige, nachhaltig wirtschaftende Unternehmer. Sie bieten sichere Arbeitsplätze im ländlichen Raum, stärken die Infrastruktur der Gemeinden und sind meistens verlässliche Steuerzahler. Arbeitsplätze und Produktion werden nicht in Billiglohnländer verlagert. So bleibt die Wertschöpfung im Land.


Wertschöpfung bleibt im Land

Hessen weist eine stabile Agrarstruktur auf. Ein gesunder Strukturwandel in der Landwirtschaft sorgt für notwendiges Wachstum der Betriebe und lässt ihnen genügend Zeit für zukünftige Entwicklungsschritte. Gewachsene Strukturen bei der Vermarktungs- und Verarbeitungsschiene für viele pflanzliche und tierische Produkte sorgen dafür, dass große Teile der Wertschöpfungskette im Land bleiben und durch kurze Wege eine umweltfreundliche Nahrungsmittelproduktion stattfindet. Um hier Kontinuität zu sichern, brauchen unsere Agrargewerbeunternehmen ebenso wie unsere Landwirte verlässliche und vernünftige wirtschafts- und agrarpolitische Rahmenbedingungen, stellt Lars Otto fest. Staatliche Reglements sollten nicht durch Weltanschauung geprägt - sondern mit den Praktikern, die in der Umsetzung mit den Gesetzen und Verordnungen konfrontiert werden- erläutert, diskutiert und praxisorientiert gestaltet werden. Otto denkt hierbei z. B. an Auflagen im Umwelt- und Tierschutz. Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen dürfen die Anforderungen durch Rechtsvorschriften das EU-Niveaus nicht übersteigen. "Wir erwar-ten von unseren Unternehmen, dass sie sich einem überregionalen, ja internationalen Wettbewerb stellen. Nur dann dürfen wir sie nicht gleichzeitig durch zusätzliche nationalen Vorschriften und Beschränkungen einengen." Die Politiker sind dafür zuständig und verantwortlich, im Sinne der heimischen Wirtschaft auf europäischer Ebene die gewünschten Standards durchzusetzen, aber Zugeständnisse in Brüssel nicht durch nationale Ergänzungen zu kompensieren.


Nachhaltigkeitszertifizierung sinnlos

Ein negatives Paradebeispiel für verfehlte Politik ist die Umsetzung der EU-Richtlinie "Erneuerbare Energien" in nationales Recht, die zu einem an Sinnlosigkeit nicht zu überbietendem Zertifizierungswahnsinn geführt hat. Jede Fläche, völlig unabhängig von ihrer Größe wird durch das Antragssystem für die Betriebsprämie bei den Landwirten erfasst und kann inzwischen über Jahrzehnte zurückverfolgt werden. Die Antragsdaten werden durch Kontrollen der Ämter in Stichproben vor Ort kontrolliert, darüber hinaus erfolgt die Erfassung der Flächen durch Satellitenbilder. Trotzdem muss im Rahmen der Nachhaltigkeitszertifizierung nochmals eine Kontrolle der Kontrolle erfolgen, die die Branche Zeit und Geld kostet, aber überhaupt keinen erkennbaren Nutzen bringt. Die Politik wird aufgefordert, dass mit dieser sinnlosen Bürokratie Schluss ist und die Nachhaltigkeit durch die Erfüllung der Cross-Compliance-Auflagen festgestellt wird. Dies wäre endlich ein Mosaikstein des Bürokratieabbaus und pragmatische Politik.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. (VdAW) Pressestelle Wollgrasweg 31, 70599 Stuttgart Telefon: (0711) 167790, Telefax: (0711) 4586093

(cl)

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