19. Hessischer Unternehmertag (HUT) / Weidemann: Effizienz und Fairness kombiniert bringen Hessen voran / Sinn: "Weitermachen damit, das Mitmachen statt Wegbleiben zu belohnen!"
(Frankfurt am Main/Wiesbaden) - 1.100 Vertreter der Wirtschaft, der Politik und der Medien trafen sich auf dem 19. Hessischen Unternehmertag der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) am Dienstag (26. Oktober 2010). "Mit Energie in die Zukunft" lautete das Thema, zu dem Ministerpräsident Volker Bouffier, Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Institutes für Wirtschaftsforschung, und VhU-Präsident Prof. Dieter Weidemann Stellung nahmen.
"Wir als Wirtschaft müssen viel stärker die Gerechtigkeitsüberlegungen unserer Handlungen herausarbeiten und sie viel besser mit ökonomischen Effizienzaspekten verbinden. Die Kombination beider Perspektiven habe z. B. beim umstrittenen Ausbau des Frankfurter Flughafens für den gesellschaftlich akzeptierten Kompromiss gesorgt. Dieses hessische Modell, Effizienz und Fairness dialogisch zu verzahnen, gilt es zu übertragen und weiter zu entwickeln: in Hessen und darüber hinaus. Nur dann können wir die Dynamik des jüngsten Aufschwungs dauerhaft nutzen", warb Weidemann dafür, die tiefe Kluft zu überbrücken zwischen Ökonomen und der überwältigenden Mehrheit der Bürger, die ökonomische Laien seien. Gestützt auf eine aktuelle wirtschaftspsychologische Studie des Roman-Herzog-Instituts skizzierter er die unterschiedlichen und einander häufig widersprechenden Handlungslogiken der Durchschnittsbürger und der Ökonomen. Dem Durchschnittsbürger seien vor allem Fairness, Gleichheit und gerechte Verfahren wichtig. Er schaue mehr auf die Absichten als auf die Folgen von Handlungen und wolle vor allem niemandem Schaden zufügen. Daher lehne er häufig politische Maßnahmen ab, die zu Änderungen des Ist-Zustands führen. Seine Daumenregel sei die Annahme, dass der Wohlstandskuchen sozusagen schon fertig gebacken sei und nur noch verteilt werden müsse. Ökonomen hingegen gehe es vor allem darum, den Wohlstandskuchen möglichst groß zu machen. Sie schätzten zwar die langfristigen Folgen von Maßnahmen besser ein, beachteten aber die Gerechtigkeit weniger. Sie seien vor allem um Effizienz bemüht und glaubten, wenn eine Maßnahme das Gemeinwohl insgesamt erhöhen kann, sollten dafür auch Verluste Einzelner in Kauf genommen werden. Zwar gehe es ihnen auch um die Besserstellung der Schwächsten, aber dabei immer eher um bessere Chancen als um mehr finanzielle Unterstützung.
"Dass die Öffentlichkeit mehr an Verteilungskonflikten als an effizienzverbessernden Maßnahmen interessiert ist, liegt daran, dass die Marktwirtschaft recht gut funktioniert und die Möglichkeiten für Effzienzverbesserungen weitgehend ausgereizt hat. Die Dominanz des Verteilungskonfliktes ist ein Beleg für die Effizienz des Systems", sagte Prof. Dr. Hans-Werner Sinn. Aber die Effizienz müsse immer wieder erkämpft werden. Von 1970 bis etwa Mitte des letzten Jahrzehnts sei Deutschlands Effizienz zunehmend abgesackt gewesen, was sich an der kaum noch beherrschbaren Massenarbeitslosigkeit gezeigt habe. Mit der Agenda 2010 sei eine Kehrtwende eingeleitet worden, die die Beschäftigungszahlen wieder vergrößert habe und dazu beigetragen habe, dass Deutschland die Finanzkrise besser überstanden habe als die meisten anderen entwickelten Industrieländer. "Die Kernidee der Agenda war es, das Mitmachen statt das Wegbleiben zu belohnen. Sie hat damit die Grundidee der Aktivierenden Sozialhilfe ein Stück weit umgesetzt. Die Armutsgefährdung wurde in Deutschland reduziert, viele Menschen wurden von ihrem Los der Arbeitslosigkeit befreit, und viele konnten mehr Hoffnung schöpfen", so Sinn weiter. Deutschland sollte versuchen, auf dieser Welle des Erfolgs weiterzuschwimmen und das Lohnzuschusselement zu stärken. Eine Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten beim Hartz-IV-System und bei der Rente gehörte genauso zu den empfehlenswerten Politikmaßnahmen wie die Erweiterung des Angebots an kommunalen Beschäftigungsmöglichkeiten.
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