66,5 Milliarden für Möbel - Eine Analyse des EuroHandelsinstituts (EHI) in Köln
(Bonn) - Gut 66,5 Milliarden Mark stark präsentiert sich der deutsche Möbelhandel zu Beginn des neuen Jahrtausends. In seinen Umsätzen zwar leicht geschwächt, aber mit einer hohen Betriebstypen-Dynamik und einer starken Investitions- und Innovationskraft ausgestattet.
Das belegen die Ergebnisse des EuroHandelsinstituts (EHI), Köln, das jetzt in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen e.V. (ZGV) eine umfangreiche Studie zur Möbel-Branche vorgelegt und die unterschiedlichen Kanäle des Möbelabsatzes in Deutschland unter die Lupe genommen hat.
Die Daten im Einzelnen: Im Vergleich zum EHI-Report von 1996 ist der Gesamtmarkt um rund 2 Milliarden DM zurückgegangen. Dieser Rückgang ging zu Lasten des Facheinzelhandels, dessen Anteil am Gesamtmarkt um 2,5 Prozentpunkte abnahm.
Dagegen konnten die branchenfremden Möbelanbieter ihren Möbelabsatz um über 1 Milliarde DM steigern. Vor allem Versandhandel, Bürofachhandel sowie die Bau-, Heimwerker- und Gartenmärkte haben zu dieser Entwicklung beigetragen.
Die gesamten Verbrauchsausgaben der privaten Haushalte beliefen sich 1999 auf 2,118 Billionen DM. Für Möbel, Innenausstattung, Teppiche u.ä. wurde anteilig die stattliche Summe von 68,77 Milliarden ausgegeben. Davon wiederum machte der Endverbraucher allein für die Warengruppe Möbel 58,5 Milliarden locker. Das entspricht 3,25 Prozent des gesamten Privaten Verbrauchs. Gewerbliche Kunden, insbesondere Unternehmen, kauften darüber hinaus noch für rund 8 Milliarden DM, überwiegend Büroausstattungen und Hoteleinrichtungen.
Im Gegensatz zu anderen Einzelhandelsbranchen hat sich in der Möbelbranche der Facheinzelhandel als Vertriebsweg gut behauptet. Er hält nach wie vor einen Anteil von 63 Prozent an der Distribution von Möbeln an Endabnehmer. Damit ist er mit weitem Abstand wichtigster Absatzweg für Möbel in Deutschland. Hans-Jürgen Schatt, Sprecher der ZGV-Fachgruppe Möbel, der Dachorganisation der Verbundgruppen: "Auch wenn die Branche Marktanteile verloren hat, spricht dieser hohe Anteil des Facheinzelhandels für die Kompetenz und die Qualität des Handels."
Dass der mittelständische Fachhandel die auf den Möbelmarkt drängenden Wettbewerber bisher so gut auf Distanz halten konnte, ist nicht zuletzt Verdienst der Marketing-Unterstützung der Verbundgruppen, in denen sich der überwiegende Teil des Facheinzelhandels organisiert. Ein hochdifferenziertes System von fast 30 Kooperationen liefert den angeschlossenen Firmen ein Gerüst, mit dem jedes Handelsunternehmen in Form unterschiedlichster Betriebstypen vermarkten kann. Damit ist es in der Lage, auf die spezifische Wettbewerbssituation an seinen Standort optimal zu reagieren und seine Schlagkraft zu erhöhen.
Längst haben sich die Verbundgruppen weit über die Funktion einer reinen Einkaufs-Gemeinschaft hinaus entwickelt. Der "Full-Service-Verband" ist gefordert. Denn in den Komponenten Preis, Sortiments-Kompetenz, Reklamations-Regulierung und Beratung wird der Wettbewerb deutlich aggressiver. Kompetenz zählt, Beratung, After-sale-Service. Maßgeschneiderte Bausteine, Schienen und Module aus den Verbandszentralen heben jedes Haus auf den neuesten Marketing-Standard. Was dazu geführt hat, dass keine andere Branche des Einzelhandels über ein derart differenziertes Betriebstypen-System verfügt.
Der kooperierende Möbelfacheinzelhandel unterscheidet dabei folgende Schienen:
- Die Wohnkaufhäuser: Große Verkaufsflächen und große Sortimentsbreite, die weit über die Warengruppe Möbel hinausgeht. Viel Wohnatmosphäre, Kauferlebnisse, Events, Inszenierung von Wohnbildern.
- Die inhabergeführten Vollsortimenter: Starkes Engagement des Unternehmers oder Geschäftsführers, sehr persönlich geführte Häuser, große Sortimentstiefe, hohe Beratungsintensität.
- De Mitnahmemärkte: Starke Betonung der Bevorratung, Ware sofort verfügbar, häufig für junge Zielgruppen, aber längst weit mehr als "Billy". In der Wertigkeit gestiegen.
- Die Möbel-Discounter: Extrem günstige Preis-Leistungs-Verhältnisse. Sehr werbeintensiv.
- Die Fachmärkte: Starke Konzentration im Sortiment, vereinfachte Präsentation, günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Küchenspezialisten: Klare Beschränkung auf die Warengattung Küche, und damit hohe Beratungskompetenz. Individuelle Raumplanung. Kompletter technischer Service.
- Die Edeleinrichter: Studios meist in 1a-Lagen der Innenstädte. Sortiment im High-End-Bereich, von italienischen Marken bis zu Bauhaus-Klassikern. Höchster Design-Anspruch.
Damit verliert der klassische Vollsortimenter immer mehr an Bedeutung. Der Trend zur Spezialisierung auf immer engere Zielgruppen nimmt zu. Wachsende Bedeutung erhalten dabei die Betriebsformen, die sich auf Lifestyle-Segmente spezialisieren.
Die permanente Weiterentwicklung von Betriebstypen hat dazu geführt, dass branchenfremde Anbieter im Thema Möbel bisher nur begrenzt Fuß fassen konnten. Dieses hohe Engagement im Marketing wurde begleitet durch umfangreiche Investitionen in hochmoderne Verkaufsflächen, Hochregallager und Logistiksysteme.
Weshalb Hans-Jürgen Schatt eine klare Perspektive für die Verbundgruppen skizzieren kann: "Um auch in Zukunft weiter Marktführer in diesem 66-Milliarden-Markt zu bleiben, muss der Möbel-Mittelstand die eigene Angebotspalette in Form von Beratungskompetenz, Service-Freundlichkeit und Produktvielfalt konsequent ausbauen. Gleichzeitg gilt es, neue Vertriebsformen wie z.B. das Internet, als Chance zu begreifen und in das eigene Leistungspaket zu integrieren."
Die ZGV Fachgruppe Möbel vereint 24 Einkaufskooperationen mit rund 10.000 Möbelhandelsunternehmen. Sie ist Teil der Dachorganisation Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen e.V. (ZGV). Er ist Wirtschafts-, Handels- und Arbeitgeberverband, der rund 400 Kooperationen mit 180.000 Mitgliedsunternehmen aus über 30 Branchen repräsentiert. Der ZGV hat als Unternehmensverband den Auftrag, die ihm angeschlossenen Kooperationen zu fördern und bei der Schaffung optimaler Rahmenbedingungen für die Verbundgruppen mitzuwirken. Das Ziel: Strukturbedingte Nachteile der Klein- und Mittelbetriebe gegenüber den Großbetriebsformen auszugleichen.
Quelle und Kontaktadresse:
ZGV Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dipl.-Sozialwiss. Astrid Magerkohl
Tel.: 0228/9 85 84-40