Pressemitteilung | GVA Gesamtverband Autoteile-Handel e.V.

"Aftermarket-GVO": EU-Kommission veröffentlicht wichtige Klarstellungen

(Ratingen) - Der Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) begrüßt den von der EU-Kommission am 27. August 2012 veröffentlichten Katalog häufig gestellter Fragen ("FAQ") zur Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (EU) Nr. 461/2010 ("Aftermarket-GVO"). Diese Verordnung sowie die sie ergänzenden Leitlinien regeln seit nunmehr zwei Jahren wesentliche wettbewerbliche Grundlagen der Instandsetzung von Kraftfahrzeugen sowie des Vertriebs von Kraftfahrzeugersatzteilen. Die "FAQ" vertiefen und konkretisieren die Regeln der "Aftermarket-GVO".


"FAQ" enthält wichtige Formulierungen für den Kfz-Aftermarket

Der neue Katalog zur "Aftermarket-GVO" erläutert Fragen zur Garantie, zu Kundendienstleistungen im Rahmen von Leasingverträgen, zur Lieferung von Ersatzteilen, zur Nutzung bzw. zum Kauf von Werkzeugen, zum Zugang zu technischen Informationen sowie zur Zulassung in die Netze der von Fahrzeugherstellern autorisierten Werkstätten. Er ist damit für alle Unternehmen des Kfz-Aftermarket relevant - für Betriebe des freien Marktes, wie den freien Kfz-Teilehandel, die Kfz-Teileindustrie sowie Mehrmarkenservicebetriebe, ist er sehr wichtig. GVA-Präsident Hartmut Röhl erläutert: "Seit Inkrafttreten der "Aftermarktet-GVO" im Juni 2010 sind die Unternehmen des freien Marktes wiederholt auf den Widerstand der Fahrzeughersteller gestoßen, die Umsetzung des neuen Wettbewerbsrahmens erfolgte bisher nicht zufriedenstellend. Als Grund dafür können auch Formulierungen in der GVO herangezogen werden, die der Gesetzgeber aus Sicht mancher Marktakteure wohl zu "weich" abgefasst hatte. Mit den nun veröffentlichten "FAQ" hat die EU-Kommission ihre am Verbraucherwohl orientierte Positionierung im Kfz-Teile- und Servicemarkt unterstrichen und eindeutiger gefasst." Obwohl der Katalog rechtlich nicht bindend ist, gibt er Akteuren der Automobilwirtschaft, Kartellbehörden und Gerichten wichtige Orientierungs- und Auslegungshilfen.


Verbraucher- und wettbewerbsfreundliche Präzisierungen bei Garantie und Gewährleistung

Der Grundsatz, wonach die Ansprüche eines Autofahrers aus der gesetzlichen Gewährleistung und aus Neuwagengarantien nicht von der Wartung bzw. Inspektion in einem vom Fahrzeughersteller autorisierten Servicebetrieb und mit seinen Kfz-Ersatzteilen abhängig gemacht werden dürfen, wird in den "FAQ" bestätigt. Ausnahmen davon sind aus kartellrechtlicher Sicht nur dann möglich, wenn der Verbraucher solche Garantieansprüche erst mehrere Jahre nach dem Kauf des Fahrzeugs bei einer zugelassenen Werkstatt oder dem Fahrzeughersteller erworben hat. Eine solche Ausnahme wird aber gleichzeitig durch ein Urteil des Bundesgerichtshof (BGH-Az.: VIII ZR 293/10) aus dem vergangenen Jahr eingeschränkt. Das Gericht entschied damals, dass Fahrzeughersteller eine entgeltlich erworbene Anschlussgarantie nicht unter den Vorbehalt der Wartung durch eine Vertragswerkstatt stellen können. Der Garantiegeber ist also in der Pflicht - es sei denn, der Schaden wurde durch unsachgemäße Wartung verursacht. GVA-Präsident Hartmut Röhl freut sich über die nun erfolgte Klarstellung: "Die bisherige Grauzone beim Thema Garantie und Gewährleistung löst sich allmählich auf und es können verbindlichere Aussagen darüber getroffen werden, welche Garantie- und Gewährleistungsbedingungen zulässig und welche unzulässig sind. Für die Unternehmen des Independent Aftermarket (IAM) und für die Autofahrer bedeutet das ein Mehr an Sicherheit."
Einschränkungen in der Wahlfreiheit der Verbraucher kann es bei Leasingverträgen geben, wie in den "FAQ" der EU-Kommission erläutert wird. So darf ein Leasingunternehmen, welches zum Einflussbereich eines Kfz-Herstellers gehört, als Eigentümer des Fahrzeugs verlangen, dass Kundendienstarbeiten im Servicenetz dieses Herstellers durchgeführt werden und nur Ersatzteile mit dem Markenzeichen dieses Herstellers verwendet werden. Dies gilt solange nicht feststeht, dass das Eigentum an dem Fahrzeug auf den Leasingnehmer übertragen werden soll.


Neue Chancen für den Teilevertrieb

Die "Aftermarket-GVO" untersagt den Fahrzeugherstellern, die eigenen Vertragsbetriebe daran zu hindern, einer freien Werkstatt Teile zu liefern, die diese für ein Kundenfahrzeug benötigt. So sollen auch die herstellerungebundenen Servicebetriebe Zugang insbesondere zu den Monopolteilen der Fahrzeughersteller erhalten. Dagegen kann der Fahrzeughersteller gemäß GVO den Betrieben seines Netzes sehr wohl untersagen, Teile an gewerbliche Wiederverkäufer (wie etwa den freien Kfz-Teilehandel) zu veräußern. Die EU-Kommission bringt in den "FAQ" nun ein Modell ins Spiel, wonach der freie Kfz-Teilehandel als Vermittler zwischen Vertragshändler und freiem Servicebetrieb auftreten kann. Röhl weiter: "Auch wenn diese Konstruktion zunächst unrealistisch erscheint, werden unsere Handelsmitglieder sicherlich prüfen, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, denn es ist im Interesse ihrer Kunden aus den Servicebetrieben, über ein möglichst vollständiges Produktportfolio zu verfügen."


Zugangshürden zu den Netzen der Fahrzeughersteller werden genauer definiert

Mehr Klarheit bringt der Katalog häufig gestellter Fragen der EU-Kommission bezüglich der Autorisierung von Unternehmen für die Servicenetze der Fahrzeughersteller. Ein Kfz-Hersteller darf demnach den Zugang zu seinem Netz nicht mit der Begründung verweigern, dass die interessierte Werkstatt bereits Mitglied im Vertriebsnetz eines anderen Fahrzeugherstellers oder Konzeptwerkstatt des freien Handels ist. "Damit steht fest, dass das Verbot einer Konkurrenzautorisierung, das mancher Fahrzeughersteller wohl nur zu gern durchsetzen würde, kein qualitatives Selektionskriterium ist", fasst GVA-Präsident Röhl zusammen.


Fazit: Überwiegend positiv aber einige wichtige Fragen wurden ausgeklammert oder nur unbefriedigend beantwortet.

Insgesamt enthalten die "FAQ" der EU-Kommission wie exemplarisch aufgeführt viele wettbewerbssichernde und damit verbraucherfreundliche Regelpräzisierungen für den Kfz-Teile- und Servicemarkt. GVA-Präsident Hartmut Röhl bilanziert allerdings auch Nachbesserungsbedarf: "Wir hätten uns gewünscht, dass die EU-Kommission beim Zugang des freien Marktes zu den Wartungs- und Reparaturinformationen der Fahrzeughersteller mehr ins Detail geht, insbesondere hinsichtlich der Basisdaten zur Fahrzeug- und Ersatzteileidentifikation. In der Praxis gibt es hier weiterhin ungelöste Probleme, da die Fahrzeughersteller sich fortgesetzt weigern, ihren gesetzlichen Pflichten auf Bereitstellung nachzukommen. Gleiches gilt für die sich aus der Einführung von Telematik und eCall ergebenden Wettbewerbsfragen. Eine offensivere Positionierung der EU-Kommission wäre hilfreich gewesen." Kritisch sieht der GVA Ausführungen im Fragenkatalog zum Thema Werkzeuge und Diagnosegeräte. Die Fahrzeughersteller dürfen demnach die von ihnen autorisierten Betriebe verpflichten, für Wartungs- und Reparaturarbeiten auch dann die fabrikatseigenen elektronischen Diagnose- und Instandsetzungswerkzeuge zu benutzen, wenn gleichwertige Werkzeuge und Ausrüstungen anderer Anbieter zur Verfügung stehen. Hartmut Röhl dazu: "Eine solche Regelung schließt den Wettbewerb geradezu aus! Die EU-Kommission ist dringend gefordert, das zu revidieren."

Quelle und Kontaktadresse:
Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. Alexander Vorbau, Referatsleiter, Öffentlichkeitsarbeit Gothaer Str. 17, 40880 Ratingen Telefon: (02102) 77077-0, Telefax: (02102) 77077-17

(cl)

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