Agrarchemie 1999: Strukturanpassung, Konzentration und Konsolidierung
(Frankfurt am Main) - Die Hersteller von Pflanzenschutz- und Düngemitteln haben erneut einen einschneidenden Strukturanpassungsprozess absolviert. Während im Pflanzenschutzbereich weitere Fusionen und Übernahmen stattfinden, war die Stickstoffindustrie zu einem spürbaren Kapazitätsabbau gezwungen. Das teilte der Industrieverband Agrar auf seiner Jahrespressekonferenz in Frankfurt am Main mit.
Auf den Märkten für Stickstoffdünger hat eine lange Phase des Preisverfalls dazu geführt, dass die Produktions- und Vertriebskosten der Unternehmen in den letzten beiden Jahren nicht mehr gedeckt werden konnten. "Alle westeuropäischen Stickstoffproduzenten mussten 1999 erhebliche Verluste hinnehmen," berichtete der Vorsitzende des Fachbereichs Pflanzenernährung im Industrieverband Agrar, Hermann Kuhlmann. Schätzungen gehen für 1999 von einer Negativ-Verzinsung des investierten Kapitals von 15 Prozent aus.
Werksschließungen und Restrukturierungen sind die Folge. Insgesamt wird eine Produktionskapazität von knapp vier Millionen Tonnen Stickstoff stillgelegt; das entspricht über zehn Prozent der bisherigen Erzeugung.
Das Stickstoff-Überangebot in Westeuropa hat sich dadurch bereits deutlich verringert. Seit Jahresbeginn sind die Preise wieder auf ein mittleres Niveau gestiegen. Es wird erwartet, dass sie sich weiter stabilisieren. "Allerdings führt der hohe Preis für Erdgas dazu, dass sich die besseren Erlöse im Betriebsergebnis nicht so stark bemerkbar machen wie in früheren Jahren", erklärte Kuhlmann. Der Einsatz von Energie macht bei der Herstellung von Stickstoffdüngern einen wesentlichen Teil der Kosten aus.
Die Mitglieder des Industrieverbands Agrar haben im Bereich Düngemittel 1999 2,72 Mrd. Mark umgesetzt, das sind 3,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Rückgang ist ausschließlich auf niedrigere Exporterlöse zurückzuführen. Das Inlandsgeschäft verbesserte sich dagegen um 2 Prozent auf 1,15 Mrd. Mark.
Pflanzenschutzmarkt stagniert
Auf dem Pflanzenschutzmarkt war 1999 weder in Deutschland noch weltweit ein Wachstum zu registrieren. In Deutschland ging der Umsatz um knapp 2 Prozent auf 2,06 Mrd. Mark (Vorjahr: 2,1 Mrd.) zurück. Der Export lag mit 4,13 Mrd. Mark um 3,7 Prozent unter dem Vorjahr (4,29).
Erheblich stärker als der Umsatz verminderte sich die auf dem deutschen Markt von den Verbandsmitgliedern abgesetzte Wirkstoffmenge. Sie fiel um 11 Prozent auf 27.500 Tonnen (Vj.: 30.886 Tonnen). "Die Landwirte setzen offenkundig zunehmend innovative Produkte ein, die schon in niedrigen Dosierungen wirken", erläuterte dazu der Vorsitzende des Fachbereichs Pflanzenschutz im Industrieverband Agrar, Hans Theo Jachmann.
Innovation: Wettbewerbsfaktor Nummer eins
Weltweit sank der Umsatz mit Pflanzenschutzmitteln 1999 um fünf Prozent auf 27,2 Mrd. Dollar (Vj.: 28,5 Mrd.). Der Weltmarkt stagniert seit Jahren in diesem Bereich. Unternehmenswachstum ist deshalb nur durch Innovation möglich. Die Pflanzenschutzindustrie gibt 10 bis 12 Prozent ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus und gehört damit zu den forschungsintensivsten Bereichen der Wirtschaft.
Bei Entwicklungskosten von rund 300 Mio. Mark pro Produkt müssen die Unternehmen allerdings eine "kritische Masse" erreichen, um im Innovationswettlauf mithalten zu können. Das hat zu einem rasanten Konzentrationsprozess geführt. Waren zu Beginn des letzten Jahrzehnts weltweit noch ein gutes Dutzend forschender Pflanzenschutz-Firmen aktiv, sinkt ihre Zahl mit den jüngsten Übernahmen und Zusammenschlüssen in diesem Jahr auf sieben.
Die internationale Präsenz der Unternehmen erleichtert die Wanderung zu den besten Standorten. Wo Forschung stattfindet und wie rasch ihre Ergebnisse Landwirtschaft, Umwelt und Verbrauchern zugute kommen, bestimmen auch die politischen Rahmenbedingungen. "Die hohen Investitionen in neue Produkte erfordern Planungssicherheit und berechenbare Zulassungsverfahren", erklärte Jachmann. Die Pflanzenschutzindustrie plädiert deshalb erneut dafür, das Zulassungsverfahren für ihre Produkte in Europa zu straffen, unnötige Blockaden abzubauen und den notwendigen Forschungsspielraum zu erhalten.
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