Pressemitteilung | Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU)

Aktuelle Umfrage im deutschen Mittelstand: Zufriedenheit auf breiter Front

(München) - Optimismus wie seit Jahren nicht mehr. Aber die Sorge um den Euro treibt die Unternehmer um und hohe Energiekosten gefährden auf Dauer Arbeitsplätze.

Auch die mittelständischen Unternehmen in Deutschland sind mit dem Aufschwung in Deutschland zufrieden und optimistisch wie seit Jahren nicht mehr. Dies ergab eine UMU-Umfrage bei 6.000 mittelständischen Unternehmern in ganz Deutschland. 52,8 Prozent der antwortenden Unternehmer bezeichneten die Wirtschaftslage als gut, 42,6 Prozent als mäßig und nur 4,6 Prozent als schlecht. "Solch gute Ergebnisse hatten wir seit 6 Jahren nicht", erklärte UMU-Präsident Hermann Sturm, den diese Umfrageergebnisse offensichtlich selbst etwas überrascht hatten. Auch die weitere Entwicklung wird vom Mittelstand positiv gesehen, denn 29,5 Prozent glauben, dass sich die Wirtschaftslage in den nächsten neun Monaten weiter verbessern wird. 58 Prozent erwarten keine weitere Änderung.

Der Stimmung entsprechend, ist auch die Investitionsneigung gestiegen. 72,1 Prozent der Unternehmen gaben an in 2011 investieren zu wollen. Dabei stehen Ersatzinvestitionen mit 42,8 Prozent an der Spitze. 36,6 Prozent denken aber auch an Erweiterungsinvestitionen. Das ist eine Zunahme um 7,9 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Auch Rationalisierungsinvestitionen sind gefragt, sie haben um 5,8 Prozentpunkte auf 20 Prozent zugelegt.

Die positive Grundstimmung schlägt sich auch in der Beschäftigungsentwicklung nieder. 40,1 Prozent der Mittelständler rechnen damit, dass diese weiter steigen wird, 33,9 Prozent planen selbst Neueinstellungen.

Hier zeigen sich aber bereits die ersten Schattenseiten des Aufschwungs, denn fast die Hälfte der Unternehmer (49,4 Prozent), gab an nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen. UMU-Präsident Sturm sieht hier jetzt die Chance für erfahrene ältere Mitarbeiter, die als Opfer einer falsch verstandenen "Verjüngungskultur" in manchen Betrieben arbeitslos geworden sind.

"Wenn wir uns die Ergebnisse der Umfrage ansehen, können wir, was die Wirtschaft anbetrifft, überall einen positiven Grundtenor feststellen, wie wir ihn seit Jahren nicht mehr hatten", sagte Sturm. Davon profitieren auch die Politik und die schwarz/gelbe Bundesregierung.

Ihr wird vom Mittelstand aber nur ein Teilverdienst zugeschrieben, denn verschiedene Maßnahmen, die beschlossen wurden und offensichtlich positive Auswirkungen auf die Wirtschaft hatten, wie Abwrackprämie, Kurzarbeiterregelung sowie Teile des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, stammen noch von der Großen Koalition, über die man heute - ein Jahr später - ganz anders denkt.

Während die allgemeine Politik der Regierung eher positiv bewertet wird, gibt es schlechte Noten für deren Mittelstandspolitik. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dem kleinen Mittelstand in der Finanzkrise niemand unorthodox geholfen hat. Die richtigen Argumente von einigen engagierten Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU und FDP sowie von den Grünen, wurden leider nicht in die Tat umgesetzt, obwohl man im kleinen Mittelstand viele Arbeitsplätze hätte sichern können", kritisierte Sturm die Bundesmittelstandspolitik in der Finanzkrise.

Obwohl der Mittelstand der unmittelbaren Zukunft recht optimistisch entgegensieht, gibt es große Bedenken, was die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen betrifft. So wird der größte politische Handlungsbedarf mit deutlichem Abstand auf dem Feld der Finanzpolitik, insb. der Staatsverschuldung, gesehen (Rang 1 mit 49,9 Prozent, Rang 2 Steuerpolitik mit 37,7 Prozent). Gleichzeitig erkennen 87 Prozent, dass die Bundesregierung ihr Ziel, die Staatsverschuldung deutlich zu verringern, nicht erreicht hat.

Sturm: "Die steigende Staatsverschuldung in den Euro-Ländern bedeutet trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der Regierungen objektiv eine Gefahr für den Euro. In der Euro-Krise stehen wir mit Konsequenz und Augenmaß für eine eigenverantwortliche Konsolidierungspolitik der Euro-Staaten und gegen alle Versuche, die Grundlagen einer stabilen Gemeinschaftswährung zu gefährden. Die Beschlüsse von Brüssel von letzter Woche sind das Maximale, was wir an Zusagen für andere Euro-Länder geben sollten. Wir danken der Kanzlerin, dass sie hier - mit Augenmaß - hart blieb."

Kritik äußert der Mittelstand an der Kanzlerin, die ihr Versprechen, die Banken an den Milliardenschäden der Finanzindustrie zu beteiligen, nicht eingehalten habe. 82,1 Prozent der antwortenden Unternehmer sehen keine Maßnahmen der Regierung, um dies zu realisieren.

Auch was die Verlängerung der Laufzeiten bei Kernkraftwerken betrifft, zeigt sich der Mittelstand skeptisch (ca. 40 Prozent halten die Kritik daran für berechtigt, 33 Prozent können sie jedoch nicht nachvollziehen. Die restlichen 27 Prozent halten die Kritik für teilweise berechtigt.) Für noch weniger erfolgreich hält man die Gesundheitsreform (hier liegt die Zahl derer, die Kritik daran für berechtigt oder teilweise berechtigt halten, bei 89,4 Prozent).

Nicht nur in der Öffentlichkeit, auch beim Mittelstand spielt die Politikverdrossenheit eine zunehmend wichtiger werdende Rolle. Auch hier wird die Frage gestellt, ob die Parteiendemokratie in der jetzt praktizierten Form eine Zukunft hat.

Nur 9,2 Prozent der Mittelstandsunternehmer sind der Meinung, dass deutsche Politik überwiegend von der Regierung und den gewählten Abgeordneten bestimmt wird. Über die Hälfte (52,6 Prozent) der Unternehmer glaubt, dass sie von Interessengruppen und Lobbyisten bestimmt wird.

Die Kritik an der Ausländerpolitik, an Atomlaufzeiten und an der Abwicklung von Großprojekten wie Stuttgart 21, wird zwar zu 55,6 Prozent als von den Medien übertrieben, aber von immerhin 41,7 Prozent als berechtigt bezeichnet. "Hier gibt es ein Innovationsdefizit der Politik", erklärte Sturm. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmer (52,6 Prozent) ist daher der Meinung, dass wir auch in Deutschland mehr Bürgerbeteiligung brauchen, wie z. B. in der Schweiz.

Sehr kritisch sehen die Mittelständler die Energiepolitik der Bundesregierung. Sie lehnen die Zusatzkosten ab, die den Stromverbrauchern durch die Einspeisevergütungen für Erneuerbare Energien aufgebürdet werden. Nahezu 60 Prozent halten diese Förderung für nicht gerechtfertigt. UMU-Präsident Sturm: "Es ist für die Regierung momentan aus PR-Gesichtspunkten opportun Erneuerbare Energien stark zu fördern, auch wenn ihr Beitrag zum Klimaschutz durchaus umstritten ist, aber sie darf dabei nicht vergessen, dass hohe Energiekosten auf Dauer Arbeitsplätze gefährden, besonders in der mittelständischen Industrie und energieintensiven Kleinunternehmen."

Dass diese grundsätzliche Kritik an Regierung und Parteien sich auch in deren Beurteilung niederschlägt, wundert nicht.

Bei der Frage "Wie beurteilen Sie den Kurs von CDU/CSU und FDP?" ist die CDU bei der Note "gut" von 46,6 Prozent im Vorjahr auf 27,8 Prozent abgestürzt. Die CSU fiel von 21,9 Prozent im Vorjahr auf 13,8 Prozent zurück.

Besonders erwischt hat es aber die FDP, deren bundespolitischer Kurs im Vorjahr noch zu 52,6 Prozent mit "gut" beurteilt wurde, aber jetzt auf 9,5 Prozent abstürzte und das trotz einer vom Mittelstand im allgemeinen als gut bewerteten Politik ihres Wirtschaftsministers Brüderle.

Während die Regierungsparteien stark "gebeutelt" wurden, zeigt sich bei der Opposition durchweg eine leichte Besserung. Die SPD legte bei der Bewertung "gut" (von niedrigen 3,2 Prozent im Vorjahr ausgehend) um 1,4 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent zu (ein Parteisprecher könnte natürlich sagen, die SPD habe um 43 Prozent zugelegt). Die Grünen gewannen um 1,8 Prozentpunkte (von 17,4 Prozent im Vorjahr auf 19,2 Prozent) und selbst die Linke schreibt ein Plus von 0,3 Prozentpunkten (von 2,4 Prozent "gut" im Vorjahr auf jetzt 2,7 Prozent).

Angesichts dieser Zahlen ist auch beim Mittelstand ein gewisser Trend hin zu einer Großen Koalition erkennbar bzw. Ernüchterung über die gegenwärtige schwarz/gelbe Regierungskoalition eingetreten. Im Vorjahr erwarteten noch 60 Prozent von ihr eine erfolgreichere Politik als von einer Großen Koalition, heute nur noch 33 Prozent und damit meinen immerhin 57 Prozent der Befragten, dass die schwarz/gelbe Koalition keine erfolgreichere Politik leiste als ihre schwarz/rote Vorgängerkoalition.

Aus den absoluten Zahlen für die SPD und die Grünen kann man schließen, dass der Mittelstand einer eventuellen Wiederauflage der rot/grünen Regierungskoalition emotional eher skeptisch gegenübersteht, obwohl diese bis 2005 durchaus erfolgreiche Mittelstandspolitik gemacht hat. Jedoch stellt sich hier die Frage, ob dieselbe mittelstandsfreundliche Einstellung, die in der Koalition unter Gerhard Schröder bis 2005 herrschte, jetzt noch in beiden Parteien anzutreffen ist?

"Die gegenwärtige Regierungskoalition hat bis zum Ende der Legislaturperiode noch etwas Zeit, um aus ihrem Tief heraus zu kommen, sonst geht der Trend, zumindest im Mittelstand, hin zu einer erneuten großen Koalition", erklärte der UMU-Präsident.

Die detaillierte Auswertung der Umfrage finden Sie unter www.umu.de

Quelle und Kontaktadresse:
Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU) Pressestelle Edelsbergstr. 8, 80686 München Telefon: (089) 570070, Telefax: (089) 57007260

(el)

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