Pressemitteilung | Kuratorium Deutsche Altershilfe Wilhelmine-Lübke-Stiftung e.V.

Altenpflege muss sich stärker auf die wachsende Zahl von blinden und sehbehinderten alten Menschen einstellen / Es bestehen viele Möglichkeiten für ein ungetrübteres Leben im Alter

(Köln) - Die Altenhilfe ist nicht ausreichend auf die steigende Zahl älterer Menschen mit Sehbehinderungen vorbereitet. Dabei gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie den Betroffenen wieder zu mehr Lebensqualität verholfen werden kann, ist im Titelthema "Hilfen bei Sehbehinderungen - für ein ungetrübteres Leben im Alter!" der gerade erschienen Ausgabe 4/2006 von PRO ALTER zu lesen. In diesem Zusammenhang weist das Fachmagazin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) auf die demografische Entwicklung hin, aufgrund der auch die altersbedingten Augenerkrankungen unausweichlich steigen werden. "Fast die Hälfte aller neuerblindeten Menschen sind über 80 Jahre alt", so Professor Dr. Norbert Pfeiffer von der Universitäts-Augenklinik in Mainz und zweiter Vizepräsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) in PRO ALTER. Der Mainzer Mediziner geht davon aus, dass es im Jahr 2030 ein Drittel mehr blinde Menschen und hochgradig Sehbehinderte geben wird als heute. Derzeit leben in der Bundesrepublik rund 145.000 Blinde und eine halbe Million Sehbehinderte. Bei diesen Angaben handele es sich jedoch um Untergrenzen, da die gesetzlichen Definitionen für Blindheit und Sehbehinderung in Deutschland sehr viel strenger und enger gefasst seien als in anderen Ländern, so Pfeiffer weiter.

Auf den prognostizierten Anstieg der Altersblinden und sehbehinderten alten Menschen ist die Altenhilfe nicht vorbereitet. "Viele professionelle Pflegepersonen wissen einfach zu wenig über deren Situation und die speziellen Probleme und sind erst recht nicht im Umgang mit ihnen geschult", urteilt Hans-Eugen Schulze, Beauftragter für Blinden- und Sehbehindertendienste der Evangelischen Landeskirche in Baden sowie für Seniorenangelegenheiten des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten und Verfasser von zwei KDA-Ratgebern zum Thema "Blinde in der Altenhilfe". Schulzes Einschätzung bestätigt auch Hans-Joachim Meyer in PRO ALTER: "Ich bin verblüfft, wie wenig selbst erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege über altersbedingte Sehstörungen wissen". Der Augenoptikermeister aus Essen, der sich auf das Gebiet der vergrößernden Sehhilfen spezialisiert hat, führt Hausbesuche und Sprechstunden für die Bewohnerinnen und Bewohner von Alteneinrichtungen sowie Schulungen von Mitarbeitenden durch. Meyer hat dabei die Erfahrung gemacht: "Das Pflegepersonal weiß in der Regel nichts oder nicht viel über das Sehvermögen der ihnen anvertrauten Personen. Selbst wenn ein Augenarzt eine Einrichtung besucht und dort Diagnosen stellt, haben die wenigsten Pflegepersonen eine Vorstellung davon, welche Probleme die Betroffenen haben." Erschwerend käme hinzu, so Meyer weiter, dass die alten Menschen auch häufig nicht mehr so motiviert wären und sich mit ihren Sehproblemen einfach abfänden.

Damit kommt es aber unnötigerweise zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität. Denn durch die individuelle Anpassung von Hilfsmitteln, die auch in PRO ALTER vorgestellt werden, können sehbehinderte Menschen, selbst im hohen Alter und bei Demenz, viele ihrer Fähigkeiten und somit auch Selbstständigkeit wiedererlangen.

Hans-Joachim Meyer spricht sich daher dafür aus, den Aspekt "Sehen im Alter" verstärkt in die Ausbildung zu integrieren. "Gutes oder bestmögliches Sehen der pflegebedürftigen Personen sollte ein wesentlicher Aspekt in der Arbeit der Altenpflege werden, weil es beispielsweise die Sicherheit erhöht, indem Stürze verhindert werden, oder aber therapeutische Maßnahmen unterstützt. Die Sehbehinderten selbst werden dadurch oft neu motiviert, und ihre psychischen Belastungen reduzieren sich", ist sich Meyer sicher.

Ein Wissensdefizit bescheinigt der engagierte Augenoptikermeister aber auch der Ärzteschaft. Zwar würde er mit vielen Augenärztinnen und -ärzten gut zusammen arbeiten, doch stieße er immer wieder auf solche, die ihre alten Patientinnen und Patienten mit den Worten "Ich kann Ihnen keine andere Brille mehr verordnen" als "austherapiert" verabschiedeten.

Dr. Anita Künnecke gehört nicht dazu. Die seit 20 Jahren in eigener Praxis niedergelassene Augenärztin, die im Raum München fünf Altenpflegeheime betreut und zudem auch Personen besucht, die zu Hause gepflegt werden, sagt in PRO ALTER: "Selbst bei Demenzkranken können wir Augenärzte noch etwas bewirken. Die Diagnose bei ihnen stellt zwar eine besondere Herausforderung dar, aber wenn man sich auf diese Zielgruppe einlässt, ihr ganz besonders zuhört und die oft individuelle Sprache oder Ausdrucksweise ‚übersetzt", kann man eine Therapie einleiten."

Quelle und Kontaktadresse:
Kuratorium Deutsche Altershilfe - Wilhelmine-Lübke-Stiftung e.V. Pressestelle An der Pauluskirche 3, 50677 Köln Telefon: (0221) 9318470, Telefax: (0221) 9318476

(bl)

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