Pressemitteilung | Institut Arbeit und Technik

Arbeitskräftemangel bei einfachen Dienstleistungen / Steigende Qualifikations- und Leistungsanforderungen führen zu hoher Fluktuation im

(Gelsenkirchen) - Trotz hoher Arbeitslosigkeit gibt es in einzelnen Bereichen jede Menge Jobs mit „Jedermann-Qualifikation“, die nicht besetzt werden können. Sind die Lohnerwartungen zu hoch geschraubt oder fehlt es an der notwendigen Arbeitsmotivation? Den „Mismatch“ am Arbeitsmarkt im Bereich der Gebäudereinigung hat die Arbeitsmarktforscherin Karen Jaehrling vom Institut Arbeit und Technik/ Wissenschaftszentrum NRW (IAT/Gelsenkirchen) untersucht. Ihr Fazit: die Gleichsetzung niedrig entlohnter mit niedrig qualifizierter Arbeit ist weit verbreitet, aber vorschnell. Und: die hohe Anzahl offener Stellen in der Gebäudereinigung deuten nicht auf Stellenbesetzungsprobleme hin, wie irrtümlich oftmals angenommen, sondern ist in erster Linie auf eine hohe Fluktuation zurückzuführen, die ihrerseits auch Folge einer stetig steigenden Arbeitsverdichtung ist.

Auch bei einfachen Tätigkeiten sind spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich, wie beispielsweise soziale Kompetenzen oder auch eine gute körperliche Konstitution, die sich eben nicht „per Crashkurs“ vermitteln lassen. Für die Tätigkeiten auf der unteren und mittleren Führungsebene – Vorarbeiterinnen und Objektleiterinnen in der Gebäudereinigung – wird zwar nach wie vor oftmals keine spezifische Berufsausbildung verlangt, wohl aber Berufserfahrung und zum Teil Berufsausbildungen in angrenzenden Bereichen wie im Hotelfach oder in der Hauswirtschaft. „Die pauschale Einordnung von Tätigkeiten mit einer Anlernzeit unter zwei Monaten als „Jederperson-Qualifikationen“ ist problematisch, da sie die mitgebrachten Kompetenzen und Berufserfahrungen ausblendet“, so Karen Jaehrling.

Im Fall der Raumpfleger/in sehen sich die Unternehmen in der glücklichen Lage, diese Kompetenzen am Markt kaufen zu können, weil sie von vielen Frauen im Rahmen ihrer Berufstätigkeit in anderen Dienstleistungsbereichen oder im Rahmen ihrer Alternativ-Rollen erlernt werden. Längere Suchzeiten bei der Stellenbesetzung gibt es zum Teil bei den Stellen für die untere und mittlere Führungsebene. Sie sind ein Zeichen für die veränderten Qualifikationsanforderungen.

In den letzten Jahren stiegen die Leistungsanforderungen an die Reinigungskräfte in einem Ausmaß, das nicht durch den Einsatz neuer Reinigungstechnik aufgefangen werden kann. „Die steigende Arbeitsbelastung, etwa durch die Heraufsetzung der Reinigungsfläche pro Person und Arbeitsstunde oder Intervallreinigung, hat mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem sie zumindest für einen Teil der insgesamt hohen Fluktuation im Bereich der Reinigungskräfte verantwortlich zu sein scheint“, stellt die Arbeitsmarktforscherin fest.

Diese Leistungs- und Arbeitsverdichtung ist nicht zuletzt Folge des Unterbietungswettbewerbs der Unternehmen. Allerdings werden die Rahmenbedingungen für diesen Wettbewerb maßgeblich von der öffentlichen Hand mitgestaltet: mit der externen Vergabe der Reinigungsleistungen beeinflusst sie nun als Auftraggeber der Gebäudereinigungsfirmen die dortigen Arbeitsbedingungen. Wie die befragten Unternehmen beklagen, sind es gegenwärtig insbesondere öffentliche Auftraggeber, die die Leistungsvorgaben in unerreichbare Höhen treiben, indem sie dem jeweils billigsten Anbieter den Zuschlag geben - ungeachtet dessen, ob die angebotenen Leistungen nach Maßgabe des technisch Machbaren und unter Einhaltung des allgemeinverbindlichen Lohntarifs realisierbar sind.

Die anhaltende Arbeitsverdichtung verlangt den Raumpfleger/innen die Fähigkeit zu körperlich anstrengender Arbeit unter hohem Zeitdruck ab. Zusätzlich sind sie psychischem Stress oder sogar finanziellen Sanktionen ausgesetzt, wenn sie die Leistungen nicht in der geforderten Zeit und Qualität erbringen. Beschäftigtenseitige Kündigungen, aber auch Kündigungen seitens der Arbeitgeber gehören daher zum Alltag der Gebäudereinigungsfirmen. Die hohe Anzahl offener Stellen geht also wesentlich auf eine hohe Fluktuation zurück, so Jaehrlings Fazit.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut Arbeit und Technik Munscheidstr. 14, 45886 Gelsenkirchen Telefon: 0209/17070, Telefax: 0209/1707110

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