Pressemitteilung | Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB)

Auch die europäische Wettbewerbspolitik muss sich an den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft orientieren

(Berlin) - Die deutschen Städte und Gemeinden warnen vor einer überzogenen Wettbewerbspolitik der Europäischen Union. Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Erster Bürgermeister Heribert Thallmair, mahnte am 8. August in Berlin Korrekturen dieser Politik an. "Die bisher von europäischer Seite verfolgte Politik bei der Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen und der finanziellen Beziehung der öffentlichen Hand zu ihren Unternehmen greift einseitig in die bisher durch die Kommunen gewährleistete Grundversorgung der Bevölkerung mit Strom, Wasser, öffentlichem Nahverkehr und Sparkassen. Es muss ein vernünftiger Ausgleich zwischen der Wettbewerbspolitik und den Gemeinwohl Verpflichtungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge gefunden werden", sagte Thallmair. Die Bürger erwarteten von ihren Kommunen neben der sicheren Versorgung, auch einen gleichberechtigten Zugang zu diesen Diensten. Außerdem verlangten sie, dass umweltpolitische und soziale Aspekte dabei berücksichtigt würden.

Eine für die Zukunft der kommunalen Selbstverwaltung bedeutsame Neuregelung stelle der Artikel 16 des EG-Vertrages dar. Danach dürfe das Prinzip des allein an Wettbewerbsgesichtspunkten ausgerichteten europäischen Binnenmarktes nicht mehr alleiniges Politikziel sein. Es bedürfe vielmehr des Ausgleichs mit dem Gemeinwohlprinzip. Damit sind die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft aufgerufen.

Thallmair verwies mit Blick auf die kommunale Daseinsvorsorge auf bewährte, grundlegende Strukturen, die die nationale Identität der Mitgliedstaaten ausmachten: "Wer die kommunale Daseinsvorsorge in Frage stellt, gefährdet die Zustimmung der Bürger zum gesamten Integrationsprozess." Sowohl die Vorgaben des EU-Vertrages als auch die grundlegenden Strukturen in den Mitgliedstaaten müssten grundsätzlich berücksichtigt werden.

Thallmair nannte als Beispiel die aktuelle Diskussion um die Vereinbarkeit der Haftung der Kommunen für ihre Sparkassen mit beihilferechtlichen Vorschriften des EG-Vertrages. Die bestehenden öffentlich-rechtlichen Strukturen des Sparkassensystems in der Bundesrepublik Deutschland müssen erhalten bleiben. Die Sparkassen sind in dieser Form ein wichtiges Instrument gestaltender kommunaler Politik vor Ort. Sie erfüllen insbesondere im ländlichen Raum durch ihr Angebot an Finanzdienstleistungen und ihr gemeinnütziges Engagement einen öffentlichen Auftrag.

Präsident Thallmair erklärte, dass das Subsidiaritätsprinzip des EG-Vertrages nur dann Sinn mache, wenn Konzeption, Umfang und Organisationsform der gemein­wohlorientierten Leistungen eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten blieben, in Deutschland seien das die Länder und die Kommunen.

Ausdrücklich begrüßte Thallmair den Auftrag der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU an die Kommission, ihre Position zur Daseinsvorsorge aus dem Jahre 1996 in Einklang mit der aktuellen Fassung des EG-Vertrages zu bringen. Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände hat der Kommission für die Fortschreibung der entsprechenden Mitteilung Vorschläge unterbreitet.

In diesem Zusammenhang unterstützte Thallmair die Initiative der Ministerpräsidenten der Länder, die Absicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge in letzter Konsequenz durch eine Änderung des EG-Vertrages zu gewährleisten.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) Marienstr. 6, 12207 Berlin Telefon: 030/773070 Telefax: 030/77307200

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