Pressemitteilung | (AWO) Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.

AWO-Fachkongress zur Armut von Kindern

(Berlin) - "Wir können uns eine Tabuisierung der Armut bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland nicht länger erlauben, auch wenn es den meisten Kindern und Jugendlichen hierzulande gut geht". Das haben die Teilnehmer an einem Fachkongress der Arbeiterwohlfahrt (AWO) am 2./3.12.00 in Berlin einvernehmlich gefordert. Vertreter aus Wissenschaft, Politik und der Sozialarbeit diskutierten zwei Tage die Ergebnisse des AWO-Sozialberichtes 2000, den der Verband vor wenigen Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt hatte.

14 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Deutschland. Zwei Millionen von ihnen sind nach Erkenntnissen der Sozialwissenschaft mit relativer Armut konfrontiert, eine Million lebt direkt von Sozialhilfe. Die Wissenschaftler (Dr. Helga Zeiher vom Max-Planck-Institut Berlin, Prof. Richard Münchmeier von der FU Berlin, Prof. Klaus-Peter Strohmeier, Uni Bochum) warnten eindringlich davor, relative Armut von Kindern und Jugendlichen in einer Wohlstandsgesellschaft nicht ernst zu nehmen. Sie wiesen insbesondere auf die Folgewirkungen von Armutserfahrungen hin. Die Gesellschaft beraube sich eines wichtigen Kapitals, wenn sie ihre Aufmerksamkeit nicht stärker als bisher dem Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zuwende. Auf dramatische strukturelle gesellschaftliche Veränderungen gäbe es derzeit keine politischen Strategien und Antworten. Tatsache sei, dass die Bevölkerung in den Stadtregionen schrumpfe, mit der Folge, dass sich in den Städten die sozialen Gegensätze verschärften (Prof. Strohmeier). Wohlsituierte Familien verlassen die Städte, die "arme Population" nehme zu und verstetige sich. In vielen Ballungsräumen gäbe es Stadtteile, wo nur noch Kinder aus einkommensschwachen und benachteiligten Familien aufwachsen, während es schon "upper-class"-Gebiete gänzlich ohne Kinder gäbe.

Die These, dass Kinder ein Armutsrisiko seien, ist eigentlich falsch, lautete ein Fazit des Fachkongresses, faktisch hätten die gesellschaftlichen Veränderungen zur Folge, dass Kinder in Familien geboren würden, die sich Kinder eigentlich nicht leisten könnten.

Pädagogen und Erzieherinnen aus den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe plädierten auf dem Kongress für eine bessere Vernetzung von sozialen Hilfe- und Beratungsangeboten in der Bekämpfung von Armutserscheinungen. Kinder- und Jugendeinrichtungen müssten sich zu Sozialzentren entwickeln, d.h. eine Verzahnung mit Schulen, mit Familienbildungseinrichtungen, mit Schuldnerberatungsstellen, Wohnungsämtern, Ausbildungsträgern und Betrieben eingehen. Erfolgreiche Modelle dafür gäbe es bereits, sie seien jedoch Einzelfälle, da ihnen weitgehend die Finanzierungsgrundlagen fehlten.

Politik und Wohlfahrtspflege müssen die Armutsentwicklung in den Blick nehmen, denn sie ist kein marginales Problem, forderten die Teilnehmer des Kongresses. Wissenschaft und Politik begrüßten, dass die AWO die Armutsforschung fortsetzen wolle und in ihren Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut ergreife.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO) Oppelner Str. 130 53119 Bonn Telefon: 0228/66850 Telefax: 0228/66852 09

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