Bedarf an ambulanten Beratungsangeboten bei Essstörungen in ganz Baden-Württemberg steigt - Flächendeckende Angebote sind notwendig
(Stuttgart) - Laut DAK Kinder- und Jugendreport 2023 sind in Baden-Württemberg die stationär behandelten Essstörungen bei jugendlichen Mädchen im Jahr 2022 gegenüber 2019 um 53 Prozent gestiegen, bundesweit um 52 Prozent. Die häufigste Form ist das Binge Eating (Essanfälle), die lebensbedrohlichste die Anorexie (Magersucht). Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg kritisiert den unzureichenden Ausbau spezieller Beratungsangebote für Essstörungen und der Frühprävention in Kitas und Schulen. Ein Grund für den rapiden Anstieg von Klinikaufenthalten wegen Essstörungen sei die deutliche Unterversorgung von ambulanten Anlauf- und Beratungsstellen in vielen Stadt- und Landkreisen im Land. Dabei sei wissenschaftlich erwiesen, dass eine frühe Behandlung bei Essstörungen sich positiv auf den Heilungsweg auswirke und einen späteren Klinikaufenthalt vermeiden könne, so der Verband.
"Essstörungen sind ernsthafte, psychosomatische Erkrankungen mit suchtähnlichem Charakter und teilweise dramatischen Auswirkungen und langfristigen Folgen für die körperliche und seelische Gesundheit. Meist erkranken junge Menschen daran. Laut Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ist davon auszugehen, dass rund 18 Prozent der jungen Frauen und bis zu 2 Prozent der jungen Männer bis zum frühen Erwachsenenalter von einer Essstörung betroffen sind. Die Ursachen sind vielschichtig. Eine große Rolle spielt der Einfluss der Sozialen Medien und die dort vermittelten angeblichen Schönheitsideale", erklärt Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Magersucht trete vor allem ab der Pubertät und Bulimie und Binge-Eating-Störungen erst ab dem späteren Jugendalter auf. "Es ist wichtig, Essstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um Klinikaufenthalten und chronischen Krankheitsverläufen vorzubeugen. Deshalb müssen die ambulanten Anlauf- und Beratungsstellen in Baden-Württemberg möglichst flächendeckend ausgebaut und bestehende Hilfesysteme miteinander verzahnt werden", so Dürig.
"Als Anlauf und Fachberatungsstelle beraten wir unabhängig von Alter und Geschlecht sowohl die Betroffenen selbst, als auch deren häufig mitbetroffenen Angehörigen und Bezugspersonen. Das Spektrum reicht von auffälligem über das gestörte Essverhalten bis zur chronifizierten Essstörung unterschiedlichster Ausprägungen. Wir erhalten bei ABAS viele Anfragen landes- und bundesweit, da bereits die "Erst-Versorgung" hinsichtlich geeigneter Hilfsangebote leider nicht flächendeckend gegeben ist - dadurch wird der Einstieg in eine Behandlung verzögert und es kann zu Chronifizierungen kommen, die eine oft jahrelange professionelle Begleitung nach sich ziehen. Eine Essstörung erfordert in aller Regel eine multiprofessionelle Behandlung. Die Beratungsstellen erfüllen neben der psychosozialen Begleitung in der fachlichen Einschätzung, Information und Weitervermittlung eine zentrale Rolle vom "Türöffner bis zur Nachsorge". Auch die wichtigen Angebote im Präventionsbereich werden meist von ihnen geleistet", ergänzt Marianne Sieler, Systemische Therapeutin bei ABAS, Anlauf- und Fachstelle bei Essstörungen vom GesundheitsLaden e.V. in Stuttgart.
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