Bekennen bricht den Hals
(München / Neustadt) - Aus schlechten Ratschlägen Nutzen zu ziehen erfordert mehr Verstand, als sie zu erteilen. Dieser Grundsatz dürfte nun auch den Teilnehmern einer Dienstversammlung der Bürgermeister des Landkreises Neustadt / Aisch-Bad Windsheim geläufig sein. Was als Weiterbildung zur kostensparenden Vergabe von Planungsaufträgen "trotz fester Honorarsätze" begann, endete mit der Aufforderung zum Rechtsbruch. Der von der Fränkischen Landeszeitung dokumentierte Schildbürgerstreich des Regierungsrats Dr. Christoph Hammer könnte dem Landkreis jedoch teuer zu stehen kommen. Offensichtlich ist dem findigen Beamten entgangen, daß die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gesetzlich normiert und damit nicht dem Verhandlungsgeschick der Bürgermeister oder des Landratsamts überantwortet ist.
Keck bot Hammer den Anwesenden an, Vertragswerke durch das Landratsamt vor der Unterzeichnung "prüfen" zu lassen. Mit der Beschränkung des Leistungsumfanges "auf wirklich notwendige Leistungen" und der Bewertung der Schwierigkeit einer Planung, "was eine Sache des Verhandlungsgeschicks sei," ließen sich Einsparpotentiale von bis zu 30 % erzielen. Rechtliche Bedenken plagen den Regierungsrat dabei wider besseres Wissen nicht, "wo kein Kläger, da kein Richter."
Wer die Schlechten schont, verletzt die Guten. Eine Staatsbehörde die zur Mißachtung der HOAI auffordert und dadurch kleine und mittlere Ingenieurbüros in ihrer Existenz gefährdet, stellt sich selbst in Frage. Die HOAI ist nicht Selbstzweck, sondern gewährleistet nach Überzeugung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau im Interesse des Verbraucherschutzes Preis und Leistung, Baukultur und Bauqualität. Sie ist nicht allein Kostenfaktor, sondern auch soziale Komponente. Von einer Staats- und Rechtsaufsichtsbehörde muß erwartet werden, daß sie geltendes Recht stärkt und nicht zur Spielmasse verklärt.
Faktisch besteht bei der Festlegung der Honorarzone (Schwierigkeit) kein Verhandlungsspielraum. Die Honorarzone unterliegt objektiven Maßstäben und steht nicht zur Disposition der Vertragsparteien. Ein besonderes "Verhandlungsgeschick" würde sich auch deshalb nicht kostenmindernd auswirken, weil eine im Vertrag zu niedrig angesetzte Honorarzone die Honorarabrede insgesamt nichtig werden läßt.
Auch eine Reduzierung des Leistungsumfangs birgt nur scheinbar Einsparungspotential. Mehrfach haben Gerichte entschieden, daß Planungsleistungen, die zur Erreichung des mangelfreien Werks zwingend erforderlich sind, auch der Vergütungspflicht unterliegen. Die Reduzierung einer Leistungsphase kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn Leistungen nachweislich durch den Auftraggeber selbst oder durch Dritte erbracht werden und der Auftragnehmer (der Beratende Ingenieur oder Architekt) auf diesen Vorleistungen aufbauen kann.
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Pressestelle: Dr. Jörg Meyer-Hesseln
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