Pressemitteilung | BÄK Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V.

Bundesärztekammer fordert: Kein Kommerz mit menschlichen Zellen und Geweben!

(Berlin) - Die Bundesärztekammer hat die geplanten Neuregelungen für den Umgang mit menschlichen Zellen und Geweben scharf kritisiert. „Wenn das Gewebegesetz in der jetzigen Form in Kraft tritt, dann ist dem gewerblichen Markt für Gewebetransplantate Tür und Tor geöffnet“, warnt Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe es in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf versäumt, der Organtransplantation eine Vorrangstellung vor der Gewebegewinnung einzuräumen. Daraus könnten gravierende Fehlanreize entstehen: Wird beispielsweise ein Spenderherz für eine Organtransplantation zur Verfügung gestellt, so erfolgt dies unentgeltlich. Werden hingegen die Herzklappen entnommen, können diese nach dem Gesetzentwurf zu gewerblichen Zwecken genutzt werden.

Nach den Vorstellungen des BMG soll der Umgang mit menschlichen Zellen und Geweben künftig größtenteils dem Arzneimittelgesetz (AMG) unterstellt werden. Für Arzneimittel gibt es kein Handelsverbot. Das Ministerium schweigt sich zu der Frage aus, wann und wie nun aber beispielsweise postmortale Gewebespenden in die Verfügungsgewalt oder das Eigentum von gewerblichen Gewebeeinrichtungen übergehen können.

Kliniken und Einrichtungen, die Gewebe - beispielsweise Augenhornhäute - entnehmen, würden nach der Vorlage des Ministeriums praktisch wie pharmazeutische Unternehmen behandelt. Konkret würde dies bedeuten, dass sie entsprechend den Regelungen des AMG schon allein für die Entnahme von Geweben eine Herstellungserlaubnis benötigen. Darüber hinaus würden sie einer Zulassungspflicht unterliegen, wenn sie die Gewebe zum Beispiel Patienten aus anderen Kliniken zur Verfügung stellen.

Durch diese hohen bürokratischen Hürden wären viele bereits bestehende Gewebebanken in ihrer Existenz gefährdet. „Es entbehrt jeder Logik, Gewebe dem Arzneimittelgesetz zu unterstellen, die nicht weiterverarbeitet, sondern lediglich entnommen und aufbewahrt werden“, moniert Ärztepräsident Hoppe. Es bleibe zu befürchten, dass die geplanten Regelungen den Mangel an bestimmten Gewebetransplantaten weiter verstärken, ohne einen Zugewinn an Qualität und Sicherheit zu erreichen.

Der erst Anfang April 2006 vom BMG vorgelegte Gesetzentwurf dient der Umsetzung der europäischen Gewebe-Richtlinie 2004/23/EG. Die Richtlinie sah eine Umsetzung bereits zum 6.4.2006 vor. Gleichwohl appelliert die Bundesärztekammer in ihrer Stellungnahme an den Gesetzgeber, genügend Zeit für den Dialog zwischen Politik und Fachkreisen vorzusehen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V. Pressestelle Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin Telefon: (030) 4004560, Telefax: (030) 400456-388

(tr)

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