Die Bedeutung des Computers in der Schule wird überschätzt
(Bonn) - Nach Auffassung des Deutschen Lehrerverbandes (DL) wird die schulische Bedeutung des Computers in der aktuellen schulpolitischen Debatte überschätzt. Die Nutzung neuer Informationstechniken müsse zwar in allen Fächern weiterführender Schulen zur Selbstverständlichkeit werden, so der Verband in einem jetzt zum Jahreswechsel veröffentlichten Memorandum. Neue Informationstechniken seien dabei aber vor allem ein zusätzliches methodisches Medium, jedoch kein Selbstzweck und schon gar nicht ein neuer "Nürnberger Trichter", der das Lernen frei von Anstrengungen mache.
Im Besonderen warnt Verbandspräsident Josef Kraus vor der "Vision eines elektronischen Klassenzimmers". Ein solches wäre ein verarmtes, steriles Klassenzimmer ohne "Er-Leben" und ohne Reflexion. In ihm gingen Information und Unterhaltung eine fragwürdige Allianz ein. Ein elektronisches Klassenzimmer liefe zudem auf eine Schule der Anonymisierung von Lernprozessen hinaus. Schule solle vielmehr auch zukünftig zu einer Kommunikation befähigen, die ursprünglich, unmittelbar, personal, sozial und damit human sei.
Im Rahmen der informationstechnischen Grundbildung an allgemein bildenden Schulen müssten junge Menschen vor allem lernen, die durch den Computer und das Internet verfügbaren Informationen auszuwählen, zu bewerten und zu interpretieren. Zur Förderung dieser Fertigkeiten gehöre aber auch weiterhin die Nutzung der Printmedien, insbesondere des Buches. Das Buch werde zentrales schulisches Medium und Arbeitsmittel bleiben, weil es Wissen permanent verfügbar anbiete. Der Computer und das Internet könnten das Buch gerade im Schulbereich nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Kraus wörtlich: "Wer sich in einem Buch oder in einer Bibliothek nicht zurecht findet, der findet sich auch im Internet nicht zurecht." Deshalb dürften die finanziellen Mittel der Schulen zur Anschaffung von Büchern nicht beschnitten werden.
Mit Blick auf die Voraussetzungen einer modernen informationstechnischen Grundbildung in den Schulen fordert der Lehrerverband von den Schulaufwandsträgern eine Ausstattung mit aktueller Hard- und Software und deren permanente Wartung. Privates Sponsoring sei zwar zu begrüßen, es könne die Verantwortung der öffentlichen Hand aber nicht ersetzen. Außerdem sei dafür Sorge zu tragen, dass in jeder weiterführenden Schule ein oder zwei Lehrer als kompetente Systembetreuer bestellt und mit ausreichenden Stundenkontingenten ausgestattet würden.
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