Pressemitteilung | ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie

Elektroindustrie mit Wachstumserwartungen erst ab 2003

(Frankfurt) - Trotz der gegenwärtigen Schwächephase mit einer rückläufigen Nachfrage aus dem In- und Ausland setzt die deutsche Elektrotechnik- und Elektronikindustrie Hoffnungen auf eine leichte Erholung im Jahr 2002. Zwar erwartet die Branche in den ersten Monaten Rückgänge bei Produktion und Umsatz. „Für das zweite Halbjahr sehen wir Chancen für eine konjunkturelle Umkehr, auch wenn der Weg bis dorthin noch mit Stolpersteinen versehen ist“, erklärt Dr. Franz-Josef Wissing, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V..

Voraussetzung dafür sei, dass die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen insbesondere durch unrealistische Lohnforderungen nicht zusätzlich verschlechtert werden. Sollte der erhoffte Aufschwung eintreten, dann werde das Wachstum in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres die zuvor eingetretene Verminderung ausgleichen. Nachhaltig günstigere Perspektiven sind erst für die dann folgende Periode ab 2003 zu erwarten.

Nachdem sich die Branchenkonjunktur im Jahresverlauf eingetrübt hat, werde die Elektroindustrie in diesem Jahr beim Umsatz um gut zwei Prozent zulegen. Die Produktion verzeichne für das Jahr 2001 ein Plus von drei bis vier Prozent. Gegenwärtig befindet sich die Elektroindustrie dem ZVEI zufolge allerdings noch in einer rückläufigen Phase, deren Ausmaß selbst im Sommer noch nicht abzusehen war.

Auftragseingänge noch rückläufig
„Die in die Zukunft gerichteten Indikatoren lassen“, so Wissing, „derzeit noch kein Ende der Abschwächungstendenzen erkennen.“ Sowohl die Bestelleingänge aus dem In- als auch aus dem Ausland lagen in den vergangenen Monaten unter dem entsprechenden Vorjahresniveau. Bei den Auftragseingängen aus dem Ausland, der wichtigsten Quelle für Wachstum, ist im dritten Quartal ein Einbruch von mehr als einem Fünftel zu verzeichnen. Grund sind nach Angaben des Verbandes Großaufträge im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, die es in diesem Jahr so nicht gegeben habe. Dennoch sei diese Entwicklung Ausdruck der nahezu synchron verlaufenden weltweiten Konjunkturschwäche.

Auch die Inlandsbestellungen leiden mittlerweile indirekt darunter, da viele Zulieferungen an andere exportintensive Investitionsgüterindustrien in Mitleidenschaft gezogen werden. So hat der insgesamt kräftige Nachfragerückgang des dritten Quartals um 15 Prozent die Auftragspolster des ersten Halbjahres überkompensiert. Für Januar bis Oktober liegen die Bestellungen um sieben Prozent unter dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraumes; einer Abnahme aus dem Inland um zwei Prozent steht ein Rückgang um zwölf Prozent aus dem Ausland gegenüber. Als Folge hat sich seit der Jahresmitte eine deutlich verhaltenere Entwicklung von Produktion und Umsatz eingestellt, die sich vorübergehend sogar noch verstärken dürfte. Allerdings zeichnet sich gerade im Bauelementebereich, einem besonders sensibel und früh reagierenden Segment, mittlerweile eine Bodenbildung ab.

Die preisbereinigte Produktionsentwicklung zeigt ein vergleichbares Bild und verlief weniger dynamisch. Wegen der zweistelligen Rückgänge in den Informations- und Kommunikationstechniken und bei Bauelementen nahm die reale Produktion trotz der Zuwächse in der Automation, in der Fahrzeugausrüstung, in der Medizintechnik und bei Gebrauchsgütern insgesamt im dritten Quartal um zwei Prozent ab. Für den gesamten Zeitraum Januar bis Oktober beläuft sich der Zuwachs noch auf vier Prozent (ohne Datentechnik fünf Prozent). Dieses im Vergleich zum Umsatz stärkere Wachstum sei auf den unfreiwilligen Aufbau von Fertigwarenlägern und auf den hohen Preisdruck als Folge des starken internationalen Wettbewerbs zurückzuführen.


Kapazitätsauslastung und Beschäftigtenentwicklung betroffen
Die Kapazitätsauslastung ist auf rund 83 Prozent zurückgegangen und drückt neben wieder steigenden Lohnstückkosten auf die Erträge. Auf Grund der Produktionsplanungen ist mit weiter verlangsamter Expansion in den nächsten Monaten zu rechnen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Beschäftigtenentwicklung. Die ursprünglich positive Entwicklung hat sich inzwischen deutlich abgeschwächt. Der Vorjahresstand wird zum Ende des dritten Quartals noch leicht (+ 0,3 Prozent) übertroffen. Die Planungen über Kurzarbeit und Personalbedarf lassen indes einen weiteren Abbau erwarten. Dies widerspricht dem ZVEI zufolge nicht dem verantwortungsvollen Verhalten der Elektrounternehmen im bisherigen kräftigen Konjunkturabschwung, in dem sie den hohen Beschäftigten-stand aus dem Vorjahr durchgehalten haben.


Elektroindustrie im Branchenvergleich relativ robust
„Im Vergleich zu anderen wichtigen Industriebranchen stellt sich die Lage der Elektroindustrie dennoch als relativ robust dar“, erläutert Wissing. „Dies hängt einerseits mit der Breite des Produktspektrums zusammen, denn nicht alle Bereiche sind gleichermaßen von den Schwächetendenzen betroffen.“ So verzeichne zum Beispiel die Automatisierungstechnik noch Wachstumsraten von vier Prozent. „Mittel- und langfristig wirkt sich zudem positiv aus“, so Wissing, „dass elektrotechnische und elektronische Erzeugnisse mehr und mehr Treiber technologischer Fortschritte sind und immer neue Anwendungsgebiete durchdringen.“

Gegenwärtig sind es vor allem die Informations- und Kommunikations-technik sowie die Bauelemente – hier insbesondere die Halbleiter –, die die durchschnittlichen Veränderungsraten der Elektroindustrie nach unten ziehen. Andererseits verzeichnet die Branche einen hohen Anteil von Dienstleistungen von der Planung und Beratung über die Erstellung der Anwendersoftware bis zum Engineering sowie der Kundenschulung. Diese zunehmend bedeutenderen Anteile an der Wertschöpfung wirken stabilisierend und verstetigend auf die konjunkturelle Entwicklung. Hinzu kommt, dass das große Rationalisierungspotenzial, das vielen elektrotechnischen Investitionsgütern innewohnt, auch in konjunkturellen Schwächephasen zu anhaltender Nachfrage führt. Beide Effekte haben stark differenzierte Konjunkturverläufe der einzelnen Produktsparten und eine insgesamt ausgleichende Wirkung zur Folge.


Ein- und Ausfuhren rückläufig
Die treibende Kraft in den beiden vergangenen Jahren kam wieder einmal vom Export und sie bestimmt sozusagen spiegelbildlich auch den heutigen Konjunkturverlauf: Im dritten Quartal dieses Jahres hat die Exportkraft der deutschen Elektroindustrie weiter nachgelassen. So kam es bei den Elektroausfuhren in diesem Zeitraum zu einem Rückgang von mehr als einem Prozent, nach einem Anstieg um 28,3 Prozent im Jahr zuvor. Bei den Importen führte die nachlassende Binnenkonjunktur ebenfalls zu einem Rückgang um fast sechs Prozent, nachdem im letzten Quartal des Vorjahres noch ein Zuwachs um über 32 Prozent erreicht wurde. Insgesamt nahmen die deutschen Elektroausfuhren bis September 2001 nur noch um acht Prozent und die -einfuhren um fünf Prozent zu.

Strukturprobleme müssen gelöst werden

„Der weit über das ursprünglich erwartete Ausmaß einer konjunkturellen Abschwächung hinausgehende industrielle Nachfrageeinbruch hat gezeigt, dass die durch die Politik ungelösten Strukturprobleme –insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und bei den Sozialversicherungssystemen – die aktuelle Entwicklung einerseits massiv belasten und andererseits kaum Handlungsspielraum für notwendige Stützungsmaßnahmen lassen“, kritisierte Wissing. Dadurch würden auch die Erfolge, die die Elektroindustrie auf vielen Märkten erzielt hat – in den vergangenen Jahren insbesondere in den aufstrebenden Regionen Südostasiens und Mittel-Ost-Europas – auf längere Sicht in Frage gestellt. Sie beruhten auf wettbewerbsfähigen Produkten, die nicht nur technologisch, sondern auch preislich dem internationalen Standortwettbewerb standhalten müssen. „Insofern kommt in der gegenwärtigen Phase einer kritischen Gratwanderung bei steigenden Lohnstückkosten und sinkenden Ertragsmargen den Tarifpartnern eine hohe Verantwortung für die Entwicklung der kommenden Jahre zu“, resümiert Wissing die Lage.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. Stresemannallee 19 60596 Frankfurt Telefon: 069/63020 Telefax: 069/6302317

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