Endspurt bei der Getreideernte / Der Deutsche Bauernverband legt seine dritte Erntemeldung vor
(Bonn/Berlin) - Die gute Wetterperiode der vergangenen Tage nutzten Deutschlands Landwirte um den Winterweizen zu ernten. Die große Schlagkraft der Mähdrescher und deren Bündelung in den Druschgebieten sorgten für ein rasches Voranschreiten der Ernte. Witterungsbedingt konnte in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und den klassischen Spätdruschgebieten in den Mittelgebirgslagen die Ernte noch nicht abgeschlossen werden. Selten waren die regionalen Unterschiede bezüglich Ernteabschluss, -ergebnis und -qualität so groß wie in diesem Jahr. Die Ernte entwickelte sich regelrecht zu einer Nervensache für die Landwirte.
Aufgrund der unsicheren Wetteraussichten konnten die Landwirte in den meisten Fällen nicht warten, um das Getreide völlig trocken einbringen zu können. Das nasse Erntewetter treibt die Kosten für die Reinigung und Trocknung des Korns in die Höhe. Teilweise mußten 70 Prozent des Getreides und mehr in den ununterbrochen laufenden Anlagen nachgetrocknet werden.
Auf völliges Unverständnis und Enttäuschung stieß daher die Entscheidung der EU-Kommission beim Deutschen Bauernverband, erst im September über eine Änderung des zulässigen Feuchtigkeitsgehaltes bei der Intervention von Getreide (die maßgeblich ist für die Marktusancen) zu entscheiden. Dann ist die Kampagne beendet. Erfreulicherweise haben die Marktpartner in einigen Regionen inzwischen von sich aus Vereinbarungen im Sinne der Landwirte geschlossen (Basisfeuchte 15 bis 15,5 Prozent).
Erntemengen zufriedenstellend, Qualität unter Vorjahresniveau Voraussichtlich wird die Getreideernte nach Schätzung des Deutschen Bauernverbandes mit rund 44,4 Millionen Tonnen das Vorjahresniveau erreichen. Jedoch sind die regionalen Unterschiede und damit einhergehend die Einkommensverluste erheblich. Insbesondere die Landwirte in den neuen Bundesländern sind hiervon hart betroffen. Gleiches dürfte für die EU gelten. Experten gehen von einer Getreideernte von 206 bis 208 Millionen Tonnen aus.
Unabhängig vom Ernteverlauf stellt sich die Anbaufläche wie folgt dar: Die Winterweizenfläche wurde gegenüber dem Vorjahr um 19,5 Prozent auf knapp 3 Millionen Hektar ausgedehnt, die Wintergerstenfläche um ca. 6 Prozent auf 1,45 Millionen Hektar. Einen regelrechten Zuwachssprung erlebte der Anbau von Triticale um knapp 30 Prozent von 386.000 Hektar in 1999 auf knapp 500.000 Hektar zur diesjährigen Ernte. Erheblich eingeschränkt wurde der Anbau von Sommerweizen um knapp 70 Prozent, dies lag an den guten Aussaatbedingungen für die Winterungen im letzten Jahr. Mit rund 26 Prozent wurde ebenfalls der Anbau von Sommergerste auf eine Anbaufläche von 620.000 Hektar reduziert - hier liegt die Ursache im Wesentlichen in den unbefriedigenden Erzeugerpreisen für die Braugerste.
Im Durchschnitt wurde der Getreideanbau inklusive Körnermais und CCM um 6 Prozent auf über 7 Millionen Hektar ausgedehnt. Bei einer geschätzten Erntemenge von 43 Millionen Tonnen kann von einem Engpass nicht die Rede sein. Demgegenüber steht eine sich abzeichnende schwierige Versorgung des Marktes mit Qualitätsware, für die die Preise eine feste bis anziehende Tendenz aufweisen.
Wintergerstenernte abgeschlossen Die Wintergerstenschläge sind bei unbefriedigender Ertragsleistung geräumt. Im Durchschnitt lagen die Erträge 10 Prozent bis zu 30 Prozent unter dem Vorjahresrekordniveau von durchschnittlich 66 Dezitonnen je Hektar. Regional kam es zu witterungsbedingter Notreife sowie Lager- und Knickährenverlusten.
Ein Großteil der Ware ist in Erwartung höherer Preise oder zur Deckung des Futtermittelbedarfs auf dem Hof eingelagert worden. Die Preise tendieren bei einem Nord-Süd Gefälle von fest bis leicht nachgebend. Die Erzeugerpreisspanne reicht von 17 D-Mark bis 21 D-Mark je Dezitonnen und liegt im Durchschnitt geringfügig bei der verkauften Ware über dem Vorjahresniveau. Ein Spiegelbild des Witterungsverlaufs geben die unterschiedlichen regionalen Qualitäten wieder; teilweise liegt ein hoher Schmachtkornanteil bei einem Hektolitergewicht zwischen 55 bis 65 vor; es gibt aber auch Regionen mit sehr gutem Hektotikergewicht über 70.
Bezüglich der weiteren Preisentwicklung bleibt abzuwarten, inwieweit der jetzt stark auf den deutschen Markt und reichlich vorhandene Futterweizen aus Frankreich die weitere Preisentwicklung beeinflussen wird.
Sommergerste - Knappes Braugerstenangebot belebt den Markt In den wichtigsten Erzeugungsregionen ist die Sommergerstenernte weitgehend abgeschlossen. Die Erträge liegen ca. 10 Prozent unter Vorjahresniveau wie bei der Wintergerste mit erheblichen regionalen Unterschieden. Insbesondere in den ostdeutschen Anbaugebieten mussten erhebliche Ertragseinbußen bis minus 40 Prozent festgestellt werden. Der Vollgerstenanteil bewegt sich im Durchschnitt der Erntemenge zwischen 90 und 95 Prozent, viele Partien sind aufgrund zu hoher Eiweißgehalte nur zur Verwendung als Futtergerste geeignet.
Die Nachfrage nach Braugerste setzt sich weiterhin stetig fort, freie Ware wird zunehmend zu höheren Preisen gehandelt als Vertragsware. Die Preisnennungen schwanken zwischen 25 D-Mark bis 27 D-Mark.
Weizen - Erträge durchschnittlich 10 Prozent unter Vorjahresniveau Die Ernte befindet sich vor dem Abschluss. In der Regel sind 80 bis 90 Prozent der Flächen beerntet. Durch die Regenfälle hat sich besonders die Weizenernte in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern verzögert. Hier konnten erst ca. 40 Prozent der Flächen beerntet werden. Die Ernteerträge liegen mit ca. 70 Dezitonnen je Hektar rund 10 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Dem gegenüber steht eine erhebliche Ausdehnung der Anbaufläche um ca. 20 Prozent, die die Erntemenge um 8,3 Prozent auf 20,2 Millionen Tonnen ansteigen läßt. Allerdings zeigt sich hinsichtlich der geernteten Qualität ein erheblich differenziertes Bild ab. Regional- bzw. standortbedingt sind einige Erntepartien soweit von der Erntefeuchtigkeit betroffen, dass diese sich nicht mehr für die Vermahlung eignen. Entsprechend differenziert stellt sich die Marktsituation dar. Die Mühlen suchen gute Brotweizenpartien, die regional durchaus vorhanden sind. Die Preise für Partien zur Vermahlung kommen zwar in Bewegung, dennoch werden insbesondere gute Qualitäten in Erwartung steigender Preise eingelagert. Die Verkaufsbereitschaft ist regional gering. Noch nicht abschätzbar ist der Einfluss der Ernten aus anderen europäischen Regionen.
Mit 24 D-Mark liegt der Brotweizen-Großhandelspreis um ca. 1 D -Mark je Dezitonne über dem Vorjahresmonat. Die Erzeugerpreise liegen mit 21 D-Mark je Dezitonne um ca. 0,50 D-Mark höher als im Vorjahr. Der Weizenexport aus der EU läuft gerade an (erst 329.000 Tonnen gegenüber 1,37 Millionen Tonnen im Vorjahr).
Roggen - gute Qualität knapp
Auch die Roggenernte steht vor dem Abschluss. Witterungsbedingt sind erhebliche Ertragsverluste und Qualitätsminderungen zu verzeichnen. Roggen reagiert in Bezug auf den Witterungsverlauf sehr empfindlich durch Auswuchs und/oder Lager. Vielfach werden zu geringe Fallzahlen und damit ein hoher Futterroggenanteil gemeldet. Praktisch in allen Anbauregionen kam es zu Auswuchsproblemen.
Im Durchschnitt wird nach Schätzungen des DBV der Ertrag mit rund 51 Dezitonne je Hektar und damit 12 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Demgegenüber steht eine Anbauflächenausdehnung um ca. 12,6 Prozent auf 842.000 Hektar. Die Gesamterntemenge wird sich nur unerheblich verringern. Jedoch ist ein Großteil der Ware qualitätsbedingt nicht interventionsfähig und wird als Futterroggen auf Futtergetreidepreisniveau vermarktet. Aufgrund der knappen Verfügbarkeit von Mischroggen aus der diesjährigen Ernte heraus, akzeptieren die Mühlen auch Roggenpartien mit einer Fallzahl unter 120. Brotroggen ist gesucht und kostet im Großhandel soviel wie Weizen (21 bis 22 D-Mark je Dezitonne). Insbesondere die Erzeuger in Brandenburg, dem mit Abstand wichtigsten Anbaugebiet in Deutschland, sind von dem negativen Ernteergebnis und der hiermit einhergehenden Preisentwicklung hart betroffen. Auf Grund der hohen Ernte- und Trocknungskosten muss in vielen Fällen ein Verlustgeschäft erwartet werden.
Raps - Nachfrage zieht die Preise für Food- und Non-Food-Raps an Auf knapp 1,1 Millionen Hektar wurde in Deutschland zur diesjährigen Ernte Raps zu Food- und Non-Food-Zwecken angebaut. Der Anbau von Ölsaaten auf der Garantiefläche (inklusive Sonnenblumen: ca. 30.000 Hektar) wurde um ca. 10 Prozent auf 754.000 Hektar eingeschränkt. Gleichzeitig konnte der Anbauumfang von Winterraps mit rund 335.000 Hektar auf der Stilllegungsfläche auf dem Vorjahresniveau stabilisiert werden. Auch die Rapsernte hat unter dem schlechten Wetter gelitten. Die Rapsbestände waren vielfach zur Beerntung reif, konnten aufgrund der nassen Witterung aber nicht eingebracht werden. Vor allem Schotenplatzen und Lager hatten Ertragsausfälle zwischen 15 und 20 Prozent zur Folge. Die Erntemenge wird unter Berücksichtigung der reduzierten Anbaufläche um ca. 400.000 Tonnen unter dem Vorjahresniveau von 4,1 Millionen Tonnen geschätzt.
Der Rapsmarkt scheint sich jetzt nach der Ernte zu beleben, weil nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch in den Anbaugebieten Osteuropas sowie Kanada und Australien die Anbauflächen rückläufig sind. Zudem fällt Kanada als eines der bedeutendsten Rapserzeugerländer für die Versorgung der Europäischen Union aus, weil dort gentechnisch veränderte Sorten angebaut werden, die nicht für die Einfuhr in die Europäische Union zugelassen sind.
Der sprunghafte Anstieg bei den Veresterungskapazitäten in Deutschland für die Produktion von Biodiesel belebt nachhaltig die Nachfrage nach Rapsöl. Der Biodieselabsatzmarkt stützt mittlerweile nicht unerheblich den Ölsaatenmarkt insgesamt. Dies prägt bereits die aktuellen Verhandlungen über die Verträge für die bevorstehende Aussaat von Non-Food-Raps zur Ernte 2001. Insgesamt erwartet der Deutsche Bauernverband sowohl für Food- als auch für Non-Food-Raps eine steigende Preistendenz.
Die Landwirte reagieren auf die stabile Marktlage mit einer geringen Ablieferungsbereitschaft in Erwartung höherer Preise, soweit nicht Kontrakte sofort erfüllt werden müssen.
Für die in Kürze beginnende Aussaat konnte durch den Wegfall der "Abschneidegrenzen" in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sowie deren Erhöhung auf 20 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und auf 13 Prozent in Sachsen-Anhalt, eine erhebliche Erleichterung für die Anbauplanung in diesen Regionen erreicht werden.
Mais, Zuckerrüben und Wein
Zuckerrüben und Silomais sind bisher die Gewinner des diesjährigen Wetters. Die Bestände haben sich überraschend gut entwickelt, obwohl regional nicht alle trockenheitsbedingten Schäden aus der Mai/Juni-Periode aufgehoben werden konnten. Der Zuckerrübenanbau (450.000 Hektar) wurde im Vergleich zum Vorjahr wie der Silomais (1,2 Millionen) geringfügig eingeschränkt. Sollte das Erntewetter bis Herbst mitspielen, erwartet der Deutsche Bauernverband eine gute Futterversorgung über Rauhfutter und Mais für die viehhaltenden Betriebe.
Sechs Wochen vor der Weinernte 2000 präsentieren sich die Weinreben in einem ausgezeichneten Wachstumszustand. Spielt das Wetter in den kommenden Wochen mit, können sich Winzer und Weingenießer auf einen hervorragenden Tropfen aus dem Milleniumsjahrgang freuen, wie der Deutsche Weinbauverband prognostizierte.
Obst und Gemüse
Im Erwerbsgemüseanbau verzeichnen wir für 2000 trotz hoher Erntemengen eine wirtschaftlich etwas bessere Entwicklung als im Vorjahr. Bei einigen Gemüsearten wie Eissalat, Möhren und Spargel wird eine Erntesteigerung gegenüber dem Vorjahr erwartet. 1999 war schon mit rund 2,9 Millionen Tonnen eine Rekordernte. Seit 1991 ist die Anbaufläche von Freilandgemüse jährlich um 2,7 Prozent oder 2.250 Hektar gestiegen (94.749 Hektar in 1999). Unterglasgemüse (1.263 Hektar) stagniert bzw. ist rückläufig wegen zu hoher Energiekosten.
Die Kernobsternte litt in einigen Anbauregionen unter großen Hagelschlägen (Bodensee, Rheinland) sowie unter der Trockenheit (Brandenburg). Bei 10 Prozent des Apfelanbaus sind Totalschäden durch Hagel zu verzeichnen, 100.000 Tonnen dürften sich nur noch als Mostäpfel verkaufen lassen Gerechnet wird mit einer Apfelernte im Marktanbau in Deutschland von 928.000 Tonnen, 10 Prozent weniger als 1999. In der EU wird mit einer Apfelernte von knapp 8 Millionen Tonnen (8,4 Milllionen Tonnen in 1999) gerechnet. Die Birnenernte in EU wird auf ca. 2,4 Millionen Tonnen geschätzt (plus 4 Prozent). 55.000 Tonnen entfallen davon auf Deutschland.
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