Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Ergebnisse und offene Fragen bei Koalitionsverhandlungen

(Berlin) - Positive Verhandlungsergebnisse bei Wohngeld, Wohnungsbauförderung, Städtebau und Maklerrecht / Nachbesserungen notwendig bei "Mietpreisbremse" und Mietrecht / Regelungen unverzichtbar bei energetischer Gebäudesanierung

"Die Richtung stimmt. Viele der bisherigen wohnungspolitischen und mietrechtlichen Vereinbarungen von Union und SPD stimmen mit Forderungen und Vorstellungen des Deutschen Mieterbundes (DMB) überein. Das gilt insbesondere für Fragen des Wohngeldes, der Wohnflächenbestimmung, der Städtebauförderung und des Programms 'Soziale Stadt' sowie für die Umsetzung des Bestellerprinzips im Maklerrecht", erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Franz-Georg Rips, auf der heutigen Pressekonferenz der Mieterorganisation in Berlin. "Grundsätzlich positiv ist auch die Einigung über die Begrenzung der Wiedervermietungsmieten und die Begrenzung des Mietenanstiegs in bestehenden Mietverhältnissen, auch wenn es hier noch Nachbesserungsbedarf gibt. Unverzichtbar sind unserer Meinung nach Neuregelungen zur energetischen Gebäudesanierung. Die bisherigen Mieterhöhungsregelungen müssen hier grundlegend überarbeitet werden."

Mietpreisbegrenzungen

Gesetzliche Regelungen zu Mieterhöhungen gibt es nur in bestehenden Mietverhältnissen. Dagegen kann der Vermieter nach einem Mieterwechsel gegenüber dem neuen Mieter eine beliebig hohe Miete fordern, es gibt praktisch keine Begrenzung. Folge ist, dass derzeit die Mieten in vielen Groß- und Universitätsstädten beim Abschluss eines Mietvertrages um 30 bis 40 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Dr. Franz-Georg Rips: "Die von Union und SPD vereinbarte Begrenzung der Wiedervermietungsmiete - nicht der Neubaumieten oder der Erstvermietungen - auf 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete ist richtig und notwendig. Die Kritik von Wohnungswirtschaft, Maklern und Banken ist oft unsachlich und von wenig Sachkenntnis getrübt. Ziel der so genannten 'Mietpreisbremse' ist es, Auswüchse und Übertreibungen auf Wohnungsmärkten zu verhindern, auf denen die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt. Die 'Mietpreisbremse' kann und wird dagegen nicht alle aktuellen Wohnungsmarktprobleme lösen. Sie wird weder den Neubau ankurbeln, noch Investitionen in den Neubau verhindern. Sie wird auch nicht zu Mietpreissenkungen führen. Nutznießer der Begrenzung werden in erster Linie die Mieter sein, die auf beruflichen Gründen oder zur Ausbildung in die Stadt ziehen, bzw. junge Familien, die eine gemeinsame Wohnung beziehen wollen.
Kritisch sehen wir als Deutscher Mieterbund aber, dass die Begrenzung der Wiedervermietungsmieten nicht bundesweit gelten soll. Stattdessen werden die Länder ermächtigt, in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten die Mietpreisbegrenzung einzuführen. Das macht die Sache kompliziert, verzögert eine Umsetzung der 'Mietpreisbremse' und schiebt die Verantwortung an die jeweiligen Landesregierungen ab.

Mittelfristig wirken sich die derzeitigen hohen Wiedervermietungsmieten aber auch auf das allgemeine Mietpreisniveau aus, da die ortsüblichen Vergleichsmieten aus den Vertragsabschlüssen der letzten vier Jahre gebildet werden. Notwendig ist hier eine Korrektur, wie sie jetzt offensichtlich auch geplant ist. Künftig sollten meiner Meinung nach alle Mieten bei der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt werden, zumindest die der letzten zehn Jahre und nicht nur die teuren Vertragsabschlüsse der letzten vier Jahre."

Rips: "Positiv für bestehende Mietverhältnisse kann sich die von Union und SPD vereinbarte Kappungsgrenzenregelung auswirken. Danach soll die Miete innerhalb von vier Jahren nur noch um 15 Prozent steigen dürfen. Wermutstropfen bei dieser Ausnahmeregelung ist aber auch hier, dass die Neuregelung nicht flächendeckend, das heißt bundesweit, gelten soll, sondern je nach Entscheidung der Landesregierung nur örtlich begrenzt auf angespannten Wohnungsmärkten."

Energetische Gebäudesanierung

Die energetische Gebäudesanierung ist wichtig und notwendig. Die Kosten müssen aber angemessen und sozial gerecht aufgeteilt werden. Das ist zurzeit nicht der Fall. Die Paragrafen 555a ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regeln, dass allein der Vermieter entscheidet, ob, wann und in welchem Umfang modernisiert wird. Gleichzeitig bestimmt Paragraf 559 BGB, dass Vermieter nach einer Modernisierung 11 Prozent der Kosten auf die Jahresmiete aufschlagen dürfen - zeitlich unbefristet, summenmäßig unbegrenzt, unabhängig vom Modernisierungserfolg, dass heißt evtl. eingesparten Heizkosten.

Die energetische Vollmodernisierung kostet nach Angaben der Wohnungswirtschaft durchschnittlich 200 Euro pro Quadratmeter. Für eine 70 Quadratmeter große Wohnung kann das eine Mieterhöhung von mehr als 128 Euro im Monat bedeuten (14.000 Euro Modernisierungskosten für eine 70 Quadratmeter große Wohnung, davon 11 Prozent, das bedeutet 1.540 Euro pro Jahr und somit 128,33 Euro pro Monat).

Der Mieter - und nicht der Vermieter - zahlt also die Modernisierung, und zwar während des gesamten Mietverhältnisses. Ob bzw. in welchem Umfang Mieter von dieser Modernisierung einen Vorteil haben, spielt keine Rolle.

Lukas Siebenkotten: "CDU/CSU und SPD haben die Probleme erkannt. Ihre Pläne, die Modernisierungsumlage auf höchstens 10 Prozent statt bisher 11 Prozent zu reduzieren, und zwar längstens bis zur Amortisation der Material- und Handwerkerkosten, weisen in die richtige Richtung, gehen aber letztlich nicht weit genug und werfen neue Fragen auf.

Wir fordern als Deutscher Mieterbund, dass die jetzige Mieterhöhungsregelung des § 559 BGB abgeschafft wird. Stattdessen soll bei Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete der energetische Zustand des Hauses oder der Wohnung stärker berücksichtigt werden. Für eine Übergangszeit, bis sich höhere Mieten beispielsweise in Häusern mit einem besseren energetischen Zustand herauskristallisiert haben, sollen Mieterhöhungen vom Erfolg der energetischen Modernisierung abhängig sein. Je mehr Energie und Kosten gespart werden können, desto höher soll danach der Zuschlag auf die bisherige Miete ausfallen dürfen.

Ist insoweit eine kurzfristige Verständigung nicht möglich, sollten CDU/CSU und SPD eine Arbeitsgruppe einsetzen, die Vorschläge zur Neuordnung der Bestimmungen der energetischen Gebäudesanierung erstellt, insbesondere wie die Modernisierungskosten sozial gerecht auf Vermieter, Mieter und Staat aufgeteilt werden könnten."

Maklerprovision

Nach geltendem Recht zahlt in der Regel der Mieter die Maklerprovision - gleichgültig, wer ursprünglich den Makler mit der Vermittlung der Wohnung beauftragt hat. Union und SPD haben sich jetzt auf das Bestellerprinzip verständigt. Wer den Makler bestellt, der bezahlt.

Dr. Franz-Georg Rips: Diese geplante Neuregelung ist gerecht. Wer eine Dienstleistung in Auftrag gibt, muss dafür zahlen. Nicht mehr oder weniger bedeutet das Bestellerprinzip. Gibt der Mieter einem Makler den Auftrag, für ihn eine Wohnung zu suchen, muss er zahlen. Schaltet aber ein Vermieter oder eine Wohnungsgesellschaft den Makler ein, damit der die Wohnung anbietet, einen Mietinteressenten auswählt und das Vermietungsgeschäft weitgehend abwickelt, muss der Vermieter hierfür zahlen.

Ein Großteil der Makler oder auch der Ring Deutscher Makler (RDM) scheint mit dieser geplanten Reform auch keine Probleme zu haben. Kritische Stimmen kommen nahezu ausschließlich von den IVD-Maklern. Soweit sie steigende Mieten, Umgehungsgeschäfte usw. prophezeien, ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Regelungen zum Bestellerprinzip gefordert. Außerdem gehe ich davon aus, dass sich auch Makler gesetzestreu verhalten."

Mietrecht

Union und SPD planen eine Mietrechtsänderung, wonach künftig nur die tatsächliche Wohnfläche Grundlage für Mietfestsetzungen, Mieterhöhungen oder Betriebskostenabrechnungen sein soll.

Lukas Siebenkotten: "Hier ist die gesetzliche Regelung überfällig. Wir unterstützen die Pläne der Politik. Zurzeit gilt die im Mietvertrag genannte Wohnfläche. Erst bei Flächenabweichungen von mehr als 10 Prozent kommt es stattdessen auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. Das kann bedeuten, dass Mieter für Wohnraum zahlen, den es 'nur auf dem Papier' gibt, dass sie für nicht existierende Wohnflächen auch noch Mieterhöhungen oder Betriebskosten zahlen müssen."

Weitergehende mietrechtliche Korrekturen sind bisher offensichtlich nicht geplant bzw. vereinbart.

Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes gehören die Mietrechtsverschlechterungen, die Mitte des Jahres durch das Mietrechtsänderungsgesetz in Kraft getreten sind, aber auf den Prüfstand. Gleichzeitig sollten die Lücken im Kündigungsschutz geschlossen werden, die durch die Rechtsprechung der letzten Monate und Jahre aufgezeigt wurde.

"Bei fristlosen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs kann der Mieter durch Nachzahlung der offenstehenden Mieten der Wohnungsräumung entgehen. Bei einer ordentlichen Kündigung mit Kündigungsfrist hilft dem Mieter die Zahlung der offenen Mieten dagegen nicht. Das ist nicht nachvollziehbar", sagte Siebenkotten.


Wohnungsneubau - Soziale Wohnraumförderung - Altengerechter Umbau

Allein in den Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten fehlen mehr als 250.000 Mietwohnungen. Gleichzeitig steigen hier die Einwohner- und Haushaltszahlen weiter an. Insbesondere die Nachfrage nach preiswerten Wohnungen wächst. Das Angebot an Sozialwohnungen hat mit 1,5 Millionen Wohnungen einen Tiefstand erreicht, und jährlich fallen knapp 100.000 weitere Wohnungen aus den sozialen Bindungen. Der frei finanzierte Wohnungsneubau hält mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt, so dass die Mieten - insbesondere die Wiedervermietungsmieten - stark ansteigen.

Aktuell gibt es nur rund 550.000 altengerechte Wohnungen in Deutschland. Der Bedarf wird bis zum Jahr 2020 auf das Fünffache ansteigen.

Union und SPD wollen den Wohnungsneubau stärken und die steuerlichen Abschreibungsbedingungen verbessern. Im Gespräch ist eine degressive Abschreibung für die Dauer von fünf Jahren, die auf den von den Ländern festgelegten Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten soll. Für den sozialen Wohnungsbau ist beabsichtigt, die Zahlungen an die Länder in Höhe von jährlich 518 Millionen Euro bis zum Jahr 2019 in unveränderter Höhe fortzuschreiben. Erwartet wird, dass die Länder die Finanzmittel zweckgebunden vor allem für den Bau neuer Sozialwohnungen einsetzen und die Vorhaben zusätzlich mit eigenen Mittel unterstützen. Hinsichtlich der Schaffung neuer altersgerechter Wohnungen soll ein neues Programm "Altersgerecht Umbauen" aufgelegt und mit Investitionszuschüssen ausgestattet werden. Die bisher schon bestehende KfW-Förderung für den altersgerechten Umbau soll daneben bestehen bleiben.

Rips: "Der Wohnungsneubau muss belebt werden. Der Bund kann hier durch verbesserte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten ein Zeichen setzten. Als Deutscher Mieterbund haben wir eine Anhebung des bisherigen linearen Abschreibungssatzes von 2 Prozent auf 4 Prozent gefordert. Aber auch die degressive Abschreibung kann den Wohnungsneubau ankurbeln, wenn es gelingt, die Förderung auf Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf zu begrenzen.

In der nächsten Legislaturperiode muss die Schaffung preiswerter und altengerechter Wohnungen ein Schwerpunktthema werden."


Wohngeld - Städtebauförderung

Union und SPD haben sich offensichtlich darauf verständigt, die Wohngeldleistungen zu erhöhen und die Heizkosten- bzw. Energiekostenkomponente wieder einzuführen. Außerdem sollen die Wohngeldleistungen künftig zeitnah aktualisiert werden.

Siebenkotten: "Mit diesen Vereinbarungen werden unsere Forderungen aufgegriffen. In der Sache dürften sie völlig unstreitig sein. Die Rund 750.000 Wohngeld-Empfängerhaushalte in Deutschland haben Anspruch auf einen höheren Zuschuss zum Wohnen. Die 2011 abgeschaffte Heizkostenkomponente muss wieder eingeführt werden, idealerweise als Energiekostenkomponente."

Bei der Städtebauförderung besteht Einigkeit, dass die Programme weiterentwickelt und die Bundesmittel bedarfsgerecht auf insgesamt 700 Millionen Euro erhöht werden sollen. Im Rahmen der Städtebauförderung soll auch das Programm "Soziale Stadt" weiter aufgewertet und mit 150 Millionen Euro ausgestattet werden.

Siebenkotten: "Die Aufstockung der Mittel für die Städtebauförderung haben wir als Deutscher Mieterbund zusammen mit der Wohnungswirtschaft immer wieder gefordert. Gerade auch dem Thema 'Soziale Stadt' kommt große Bedeutung zu. Wir hoffen, dass bei diesen, sicherlich unter Finanzierungsvorbehalt stehenden Vorhaben keine Abstriche gemacht werden."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Pressestelle Littenstr. 10, 10179 Berlin Telefon: (030) 223230, Fax: (030) 22323100

(cl)

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