Flutkatastrophe Anlass für Wende in der Entwicklungspolitik? / Halbierung der Armut bis 2015 erfordert Ausbau der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit
(Berlin) Die großartige Hilfe für die Tsunami-Opfer muss Anlass sein, um endlich das große Projekt der weltweiten Armutsbekämpfung entschlossen voran zu bringen. Dafür ist die zügige Umsetzung der UN-Millenniums-Entwicklungsziele von ausschlaggebender Bedeutung. Dies forderte am 25. Januar in Berlin Reinhard Hermle, Vorsitzender des Verbandes Entwicklungspolitik (VENRO): Die Überwindung der aktuellen Notlage in Südasien sei wichtig. Sie dürfe aber das tägliche Sterben insbesondere in Afrika nicht in den Hintergrund drängen. Allein jeden Monat stürben in Afrika fast so viele Kinder an Malaria wie die Flut in Indonesien Menschenleben gekostet hat. Ohne einen erheblichen Ausbau der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit werde das Ziel, Armut und Hunger weltweit bis zum Jahr 2015 zu halbieren, nicht erreichbar sein, so Hermle weiter.
Mit den Millenniumszielen der Vereinten Nationen hatten sich 189 Staats- und Regierungschefs im Jahr 2000 auf ein gemeinsames Programm zur Bekämpfung der extremen Armut verpflichtet. 2005 ist ein Schlüsseljahr für die Armutsbekämpfung. Wir haben die Chance, entscheidende Schritte einzuleiten, um die Millenniumsziele zu verwirklichen und Armut Geschichte werden zu lassen. Wenn jetzt nicht die Weichen gestellt werden, ist diese Chance vertan, unterstrich der VENRO-Vorsitzende. Auf dem G8-Gipfel in Schottland im Juli und beim UN-Gipfel Millennium+5 in New York im September werden die Ziele auf der Tagesordnung stehen. Es sei absehbar, dass sie ohne eine kurzfristige Verdoppelung der Entwicklungshilfe, weitere Schuldenerlasse und Handelserleichterungen nicht zu erreichen seien.
In Deutschland will die Weltweite Aktion gegen Armut unter Federführung von VENRO die Bundesregierung drängen, zu ihrem Wort zu stehen. Es sind sowohl zahlreiche regionale Aktionen einzelner Organisationen als auch gemeinsam getragene zentrale Veranstaltungen im Frühjahr, zum G8-Gipfel und zum UN-Gipfel geplant.
Politisch stehen bei der Weltweiten Aktion gegen Armut die Forderungen nach mehr und besserer Entwicklungshilfe, einem gerechten Welthandel und einer umfassenden Entschuldung der armen Länder im Vordergrund. Konkret soll sich die Bundesregierung für einen leichteren Marktzugang für die Entwicklungsländer, eine rasche Beendigung marktverzerrender Exportsubventionen, umfassende Schuldenerlasse sowie die Durchsetzung eines fairen internationalen Insolvenzverfahrens einsetzen. Es gelte, die öffentlichen Leistungen für Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2006 auf die zugesagten 0,33 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen. Darüber hinaus müsse die Regierung einen verbindlichen Zeitplan vorlegen, wie sie die Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent in absehbarer Zeit erreichen kann. Nur im Zusammenwirken der verschiedenen Ansätze und Maßnahmen lassen sich Armut und Hunger erfolgreich überwinden. Auch die Regierungen der Entwicklungsländer müssen ihren Beitrag leisten, weil Entwicklung nur dort stattfindet, wo gut regiert und mit dem Geld verantwortlich umgegangen wird, so Reinhard Hermle.
VENRO ruft zur breiten Unterstützung der Aktion auf. Unsere Generation verfügt über die finanziellen und technischen Möglichkeiten, die extreme Armut auf der Welt zu beseitigen. Diese einmalige Chance dürfen wir nicht verstreichen lassen, mahnte Hermle.
Die Weltweite Aktion gegen Armut versteht sich als Teil des internationalen Global Call to Action Against Poverty. Mit dieser weltweiten Kampagne zur Mobilisierung der Öffentlichkeit sollen die Regierungen gedrängt werden, die Millenniums-Entwicklungsziele konsequent umzusetzen. Vorbereitungen hierzu laufen bereits in 80 Ländern, vor allem in den G7-Staaten USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland.
Quelle und Kontaktadresse:
VENRO - Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nicht Regierungs Organisationen e.V.
Kaiserstr. 201, 53113 Bonn
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