Getreideernte 2000 trotz ungünstiger Witterung auf Vorjahresniveau Agrarpolitische Halbzeitbilanz mit Licht und Schatten
(Bonn) - Die diesjährige Getreideernte wird mit 44,9 Millionen Tonnen trotz ungünstiger Witterungsbedingungen und großer regionaler Unterschiede rund 1 Prozent über dem Vorjahresniveau liegen, jedoch je nach Region erhebliche qualitative Unterschiede aufweisen. Dieses vorläufige amtliche Ernteergebnis hat Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke in Berlin bekannt gegeben und damit die Ernte-Schätzung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) der vergangenen Wochen zur diesjährigen Ernte bestätigt. Der DBV macht darauf aufmerksam, dass für viele Landwirte die Getreideernte 2000 noch nicht beendet ist. Bisher seien gut 80 Prozent der Getreideflächen geerntet. Vor allem in Schleswig-Holstein, in Mecklenburg-Vorpommern sowie in den Höhenlagen sei die Ernte bedingt durch immer wiederkehrende Niederschläge noch nicht abgeschlossen. Die im Umfang erfreulich gute Erntemenge sei darauf zurückzuführen, dass die Getreidefläche um 6 Prozent ausgedehnt und insbesondere der ertragreiche Winterweizen auf einer um 19 Prozent größeren Fläche angebaut wurde.
In der von Minister Funke vorgenommenen agrarpolitischen Halbzeitbilanz der rot-grünen Koalition fordert der DBV eine realistische Sicht. Die erfreuliche Entwicklung der Märkte vor allem bei Getreide, Milch, Schweine- und Rindfleisch, die zu einer positiveren Stimmung bei den Landwirten nach dem (übrigens vom DBV getragenen) ifo Investitionstest geführt habe, könne sich die Politik nicht als Erfolg anrechnen. Noch 1999 hätten EU-Kommission und Bundesregierung bei der Agenda-Diskussion regelrechte Überschuss-Szenarien prognostiziert. Der DBV habe deshalb vor allem mit dem französischen Bauernverband FNSEA die völlig überzogenen Agenda-Vorschläge korrigieren können. Dieses wirke sich jetzt positiv aus.
Bei einer nüchternen Bewertung der agrarpolitischen Entscheidungen zur Halbzeit der Legislaturperiode seien Kritik aber auch Lob angebracht. Nach wie vor wiege schwer, dass die Land- und Forstwirtschaft sowie der ländliche Raum durch die Haushaltssanierung und die finanz- und steuerpolitische Entscheidungen besonders des Jahres 1999 "hart gebeutelt" und im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsgruppen einseitig belastet worden seien. Dies seien keine Katastrophenmeldungen, sondern seriöse Berechnungen der Auswirkungen rot-grüner Bundespolitik. Drastische Einsparungen im Agrarsozialbereich und deutliche Belastungen in der Steuer- und Finanzpolitik aus dem Jahr 1999 könnten jetzt nicht schön geredet werden, erklärte der DBV.
Würden die finanziellen Auswirkungen der Steuer- und Finanzpolitik und die in diesem Jahr beschlossenen Unternehmensteuerreform bilanziert, stünden Belastungen von 2,7 Milliarden D-Mark auf der "Negativ-Seite". Das Entlastungsprogramm für Agrardiesel und Sozialpolitik bzw. die Gemeinschaftsaufgabe betrage allerdings nur insgesamt ca. 700 Millionen D-Mark. Mit der Festlegung eines Steuersatzes in Höhe von 57 Pfennig für Agrardiesel habe die Bundesregierung einen im EU-Vergleich zu hohen Steuersatz gewählt, der für die deutschen Landwirte zudem eine Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Status bedeute. In einer Phase der EU-Agrarpolitik, die für die deutschen Bauern mit erheblichen Anpassungslasten durch die Agenda 2000 verbunden war, wären deutlichere nationale Signale der Ermutigung notwendig gewesen, stellte der DBV fest. Mittlerweile habe die Regierungskoalition die besondere Situation der deutschen Landwirtschaft jedoch erkannt. So sei es gelungen, spürbare Korrekturen zu erreichen. Durch den Kompromiss bei der Unternehmensteuerreform seien auch die Aussichten für die Landwirtschaft besser geworden. Die Beibehaltung der Sonder- und Ansparabschreibungen, die Wiedereinführung des halben Steuersatzes bei Betriebsverkäufen gingen in die richtige Richtung, da sie sich positiv auf die Eigenkapitalausstattung der landwirtschaftlichen Betriebe auswirkten. Trotzdem müsse man feststellen, dass die Land- und Forstwirte durch die Unternehmensteuerreform bis zum Jahr 2005 mehr Steuern zahlen müssten Der DBV wird sich auch weiterhin nachdrücklich dafür einsetzen, dass Kapitalgesellschaften und Einzelunternehmen sowie Personengesellschaften steuerlich gleich behandelt werden.
Auf der "Haben-Seite" der Bundesregierung zur Halbzeit der Legislaturperiode stehe das Stromeinspeisungsgesetz, mit dem die Biomasse eine größere Bedeutung für die Energiegewinnung Deutschlands erhalte, wodurch zusätzliche Impulse für Investitionen und Arbeitsplätze erwartet werden. Auch sei Minister Funke im Rahmen der Agenda 2000 bei der vollen Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen geblieben und habe nicht wie in einigen anderen EU-Ländern mit "Modulation" und "cross-complience" Verschärfugen gewählt.
Der DBV erwartet, dass in der kommenden zweiten Hälfte der Legislaturperiode bei der von Bundesumweltminister Jürgen Trittin beabsichtigten Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes auf Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschützern gesetzt wird. Verbindliche Ausgleichsregelungen für die Landwirte, die gerade erst in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen wurden, dürften nicht wieder außer Kraft gesetzt werden. Auch solle man Gegensätze zwischen Naturschutz und Landwirtschaft abbauen und nicht verstärken wie durch die Forderung nach einer 10%igen Ausweisung der Landesfläche als Biotop oder durch "das Geschenk" von 100.000 Hektar an die Naturschutzverbände in den neuen Ländern.
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