Handel fordert Bündnis für mehr Netto
(Berlin) - "Die Steuerbelastung muss runter, für Unternehmen und Arbeitnehmer. Wir brauchen ein Bündnis für mehr Netto als Befreiungsschlag für unseren Wirtschaftsstandort." Dies erklärten Dr. Michael Fuchs, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände (BDH), und Hans Michelbach, Vorsitzender des BDH-Ausschusses Steuerpolitik, auf einer Pressekonferenz zu den steuerpolitischen Vorstellungen des deutschen Handels am 14. März in Berlin. "Im weltweiten Wettbewerb um Steuerstandorte geben die USA das Tempo vor. Die amerikanische Wirtschaft boomt auch gerade durch niedrige Steuern", sagte Fuchs. Die Fachpresse in den USA diagnostiziere für Europa bereits ein "Steuersenkungsfieber". "Deutschland ist davon noch nicht wirklich infiziert", sagte der BDH-Präsident Fuchs.
"Die anziehende Konjunktur wird maßgeblich durch den Außenhandel getragen. Die Binnenkonjunktur dümpelt noch immer auf niedrigem Niveau", führte Fuchs aus. Die BDH begrüße grundsätzlich das Ziel des Regierungsentwurfes zum Steuersenkungsgesetz, die Unternehmensteuerbelastung auf 35 Prozent abzusenken. Fuchs: "Das Ziel ist richtig, Ausmaß und Zeitpunkt sind aber zu zaghaft." Zudem seien die Ausführungen ungenügend und ungerecht, ergänzte Michelbach. Die Entlastung bei der Einkommensteuer falle deutlich zu gering aus, um das für den Handel wichtige Konsumverhalten der Bürger zu beleben und Investitionsanreize für die Betriebe zu schaffen.
"Unzureichend ist auch die vorgesehene Entlastung der Unternehmen durch die Unternehmensteuerreform. Mit acht Milliarden DM wird gerade einmal die Mehrbelastung der Wirtschaft durch das sogenannte Steuerentlastungsgesetz kompensiert. Das Steueraufkommen steigt im Jahr 2001 automatisch um 32 Milliarden DM. Der Staat gibt aber lediglich acht Milliarden DM von seinen Mehreinnahmen an die Wirtschaft zurück. Unter dem Strich nimmt er trotz der Unternehmensteuerreform noch 24 Milliarden DM zusätzlich ein. Deshalb kann und muss die Nettoentlastung deutlich aufgestockt werden", forderte der BDH-Präsident.
Zudem dürfe die eigentümergeprägte Unternehmenskultur in Deutschland nicht durch die Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften beschwert werden. Rund 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland seien Personengesellschaften. Die Reform setze schwerpunktmäßig bei Änderungen der Körperschaftsteuer an, indem dort der Steuersatz deutlich gesenkt werde. "Da sich die Regierung noch nicht zu einer deutlichen Senkung des Spitzensteuersatzes und des Tarifs bei der Einkommensteuer durchringen konnte, sind die Änderungen für Personenunternehmen zwangsläufig nur Hilfskonstruktionen", sagte der Vorsitzende des BDH-Steuerausschusses Michelbach. Für die große Zahl kleinerer mittelständischer Personengesellschaften sei die Option, sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen, uninteressant. "Deren Einkommensteuerbelastung liegt in der Größenordnung von 25 Prozent, so dass die Option keine Entlastung sondern nur zusätzliche Komplizierungen und Nachteile bei der Erbschaftssteuerbewertung und beim Sondervermögen bringt. Daher werden nur wenige Handelsunternehmen von der Option zur Besteuerung als Kapitalgesellschaften Gebrauch machen", sagte Michelbach.
Darüber hinaus kritisiere der deutsche Handel, dass die vorgesehenen Steuerentlastungen von den Unternehmen mit schlechteren Abschreibungsbedingungen zu einem großen Teil selbst finanziert würden. Auch die Ökosteuern lehne der Handel grundsätzlich ab. Eine erhebliche Bedrohung sehen Fuchs und Michelbach in einer schärferen Erbschaftsbesteuerung von Gebäuden und Grundbesitz. Schon heute sei es für Familienunternehmen im Handel schwer genug, Nachfolger für ihre Betriebe zu finden. Um eine noch höhere Erbschaftsteuer als bisher zahlen zu können, müssten unter Umständen Teile der Unternehmensimmobilien verkauft werden.
Die Wirtschaft benötige zuverlässige Perspektiven für Investitionen und für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Daher schlug BDH-Präsident Fuchs ein Bündnis für mehr Netto vor, das aus den folgenden Eckpunkten besteht:
- Das Steuerrecht muss deutlich vereinfacht werden und berechenbar sein. Die durchgreifende Reform muss langfristig tragen. Dazu zählt die rechtsformneutrale Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften.
- Eine durchgreifende Reform der Einkommensteuer muss durchgehend niedrige Steuersätze und eine weitere Nettoentlastung aller Steuerzahler bringen. Dabei muss der Spitzensteuersatz bei 35 Prozent, der Eingangssteuersatz bei 15 Prozent liegen.
- Abschaffung der Gewerbesteuer mit gleichzeitiger Kompensation der kommunalen Einnahmeausfälle.
- Abschaffung des Solidaritätszuschlages und Finanzierung der vereinigungsbedingten Aufgaben aus dem allgemeinen Haushalt des Bundes.
- keine Erhöhungen bei der Erbschaftsteuer; Rücknahme der Steuersatzerhöhungen im Mittelstand.
- Die Reduzierung der Arbeitslosigkeit muss zur Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung führen.
- Die Ökosteuern sind grundsätzlich falsch. Wenn an diesem System festgehalten wird, dann müssen die Einnahmen voll zur Senkung der Rentenversicherungsbeiträge eingesetzt werden.
"Wir verordnen den politisch Verantwortlichen ein einfaches Rezept. Wir hoffen darauf, dass die Bundesregierung auch gemeinsam mit der Opposition die Kraft für diese Standorttherapie aufbringt", erklärte BDH-Präsident Fuchs.
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Pressekontakt: Volker Tschirch, Pressesprecher, Tel.: 030/242 68 28, Tel.: 0170/311 37 38, Fax: 030/24 74 31 70; Quelle: Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände e.V.