ifo Institut empfiehlt Heraufsetzung des gesetzlichen Rentenalters
(München) - Der Staat wird seine Finanzen auf Dauer nur mit weiteren Reformen des sozialen Sicherungssystems in den Griff bekommen. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels mit einer stark alternden Bevölkerung empfiehlt das ifo Institut die Heraufsetzung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sowie strukturelle Reformen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, um die langfristige Entwicklung der öffentlichen Finanzen zu verbessern. "Wir kommen in den nächsten Jahrzehnten um eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit nicht herum", erklärt ifo-Sozialexperte Martin Werding.
Dies sei aber nur eine Stellschraube. "In der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung schlummern Effizienzreserven und Privatisierungspotentiale. Wenn wir diese jetzt nicht wecken, ist es bald zu spät. Fragen der Finanzierung --- Stichwort: Bürgerversicherung oder Kopfpauschale --- sind demgegenüber eher zweitrangig", fasst Werding die Ergebnisse einer Studie zusammen, die im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen angefertigt wurde.
In der jetzt veröffentlichten Studie "Modellrechnungen zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen" zeigen die ifo-Forscher, dass es ohne weitere Reformen zu einer nennenswerten Tragfähigkeitslücke der öffentlichen Finanzen kommt. Diese könnte nur geschlossen werden, wenn die staatlichen Ausgaben ab sofort und dauerhaft um mindestens 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gesenkt würden. Die jüngsten Reformen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung haben die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland bereits spürbar verbessert, reichen aber langfristig noch nicht aus. Insbesondere in der Renten- und Krankenversicherung besteht aufgrund der alternden Bevölkerung weiterer Reformbedarf.
Wenn der Reformprozess jetzt ins Stocken gerät, riskiert Deutschland seine Wirtschaftskraft: Bis 2050 könnte sich die Staatsverschuldung in Relation zum laufenden Bruttoinlandsprodukt etwa verdreifachen, oder die Sozialbeiträge steigen auf 46 bis 49 Prozent. Allein die Ausgaben der Rentenversicherung könnten gemessen am BIP um rund ein Viertel steigen, bei gleichzeitigem Absinken des Brutto-Rentenniveaus auf lediglich 36 bis 38 Prozent. Die Ausgaben der Krankenversicherung könnten sich um ein Drittel erhöhen, und die der Pflegeversicherung könnten sich sogar mehr als verdoppeln (beides in Relation zum laufenden Bruttoinlandsprodukt).
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