Ingenieure müssen sich wappnen
(München) - Die Bauwirtschaft stagniert. Nicht verschont von der Investitionszurückhaltung öffentlicher und privater Auftraggeber und Überkapazitäten bleiben auch die 2.500 Beratenden Ingenieure im Freistaat Bayern. Neue Ideen müssen her: "Partnering" und "GMP-Verträge" bilden innovative Managementkonzepte mit hohem Kostensenkungspotential. Auch für den Planungsbereich ergeben sich durch mit Anreizsystemen verbundene Wettbewerbs- und Vertragsformen interessante Perspektiven.
Not macht erfinderisch: Die anhaltende Pleitewelle in der Bauwirtschaft bietet nicht erst seit dem Fall Holzmann Diskussionsstoff. Auch die US- Bauwirtschaft steckte Anfang der neunziger Jahre in einer tiefen Krise. In einer konzertierten Aktion entwickelten Auftraggeber, Planer, Generalbauer und Subunternehmer die Idee des "Partnering" und der "GMP (Garantierter Maximalpreis) -Verträge."
Unter "Partnering" versteht man ein Managementprinzip zur Abwicklung komplexer Projekte. Klassische Vertragsbeziehungen wie z.B. zwischen Generalbauer und Subunternehmer werden zu echten Partnerbeziehungen ausgebaut, so daß ein Projektteam mit gemeinsamen Zielen entsteht. Mehrkosten, Nachträge und Zeitverzögerungen durch die ungenaue Beschreibung von Teilbereichen oder vorläufige Planungen sollen vermieden werden. Die durchgeführten Projekte sollen kostengünstiger, schneller und qualitativ besser werden.
Auch aus der deutschen Bauwirtschaft belegen erste Erfolgsmeldungen die Praxisfähigkeit dieser Konzepte. So wurde z. B. das Centro-Einkaufszentrum in Oberhausen oder ein Kino- und Freizeitkomplex in Münster mit "Partnering" gebaut. Ergebnis: pünktliche Fertigstellung und Unterschreitung der Kostenobergrenze.
Was im großen funktioniert, sollte im kleinen nicht scheitern. So eröffnen "Partnering" und "GMP-Verträge" neue Planungsmärkte. Sie entsprechen den Wünschen und Zielsetzungen der Bauherrn nach Qualität, Preis- und Terminsicherheit. Allerdings darf der deutlich erhöhte Beratungs- und Planungsaufwand eines auf derartigen Anreizsystemen basierenden Verfahrens - etwa in bezug auf die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - nicht verschwiegen werden. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau wird deshalb ihre Mitglieder durch Informationen und Ausbildungsangebote entsprechend vorbereiten.
Mit "Partnering" und "GMP-Verträgen" ist deutschen Baumanagern ein international praxiserprobtes Konzept an die Hand gegeben worden. Aus Vertragspartnern wie Planern und Bauhandwerkern werden Partner mit gemeinsamen Zielen. Auch die Umsetzung der guten Vorsätze in die Tat scheint problemlos:
Als Voraussetzung für den Erfolg des "Partnering"- und "GMP-Konzeptes" wird ein Mentalitätswandel betrachtet. Transparenz, Offenheit und Vertrauen müssen das Verhältnis aller Beteiligten bestimmen. Um im Konfliktfall kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, vereinbaren die Partner bereits im Vorfeld Regeln zur Konfliktbeilegung. Projektziele, an denen der Gesamterfolg gemessen wird, werden gemeinsam festgelegt. "Partnering-" und "GMP-Verträge" weichen dabei in vier wesentlichen Elementen von Standard-Bauverträgen ab.
- Garantierter Maximalpreis: Dem Bauherrn wird ein Maximalpreis genannt mit der Garantie, diesen nicht zu überschreiten.
- Open-Book-Policy: Um den Maximalpreis sicher feststellen zu können, müssen alle Beteiligten Kalkulationen, Kalkulationsgrundlagen, Ausschreibungen und alle weiteren relevanten Unterlagen zur Preisbestimmung offenlegen. Ein Schritt, der vielen sicher nicht angenehm erscheinen wird.
- Zuschlagsvergütung: Die Leistungsvergütung erfolgt nach dem Prinzip eines festgelegten Selbstkostenzuschlags für alle Beteiligten, was wiederum auf der Kostenoffenlegung beruht.
- Bonus Vergütung: Bei Unterschreitung des garantierten Maximalpreises wird der Überschuß als Bonus-Vergütung anteilig unter allen Partnern verteilt.
Ergänzt wird diese Instrumentarium durch ein Projektcontrolling. Dies überprüft Abweichungen vom aufgestellten Plan und Zielen und ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen von Mängeln und Verzögerungen. Jedoch befreien auch "Partnering" und "GMP" nicht von der Notwendigkeit einer unabhängigen Bauüberwachung. Im Interesse des Bauherrenschutzes darf aus dem partnerschaftlichen Miteinander von planenden und ausführenden Interessen nicht ein Pakt wider die Bauqualität hervorgehen.
Eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und Partner unter 140 Bauunternehmen und Entscheidern weist auf die geringe Verbreitung des Modells in Deutschland hin. Immerhin 80% der Befragten sind jedoch der Ansicht, "Partnering" und "GMP" hätten gute Zukunftschancen. Niedrigeres Nachtragsvolumen, höhere Kundenzufriedenheit, weniger Streitfälle, höhere Rendite und höhere Mitarbeiterzufriedenheit gelten den Befragten als wichtigste Argumente.
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerische Ingenieurekammer Bau
Pressestelle: Dr. Jörg Meyer-Hesseln
Einsteinstr. 1-3
81675 München
Telefon: 089/4194340
Telefax: 089/41943420
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Der Begriff "Ingenieur" hat es in Zukunft "schwör": Universitätsprofessor Gebbeken: Der "Ingenieur" wird aussterben
- Bayerische Ingenieurekammer-Bau gratuliert: Masterpreis des Vereins Baumanagement der Hochschule Augsburg geht an Kammermitarbeiterin Irma Voswinkel
- Urteilsverkündung im Prozess um den Einsturz der Eissporthalle Bad Reichenhall: Bayerische Ingenieurekammer-Bau kritisiert Preisdumping bei Gutachten