Krankenkassen verweigern sich und ignorieren die Zusagen gegenüber Ministerin Fischer zur häuslichen Krankenpflege
(Bonn) - Am Freitag vergangener Woche endete der schier endlos erscheinende Verhandlungsmarathon um die häusliche Krankenpflege. Über Jahre und Monate hinweg hatten sich die Bundesverbände der Krankenkassen immer wieder mit neuen Forderungen den Verbänden der Pflegedienste in den Weg gestellt. Da wurde verlangt, dass der Pflegedienst unentgeltlich ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege für pflegebedürftige Menschen erbringen solle. Oder die Kassen forderten, dass sie bei einem etwaigen Pflegefehler einer Krankenschwester von einer Vertragskündigung absehen könnten, sofern Vertragsstrafen in etwa fünfstelliger Höhe gezahlt würden.
So hatte sich der ehemalige Gesundheitsminister Seehofer das Partnerschaftsmodell sicher nicht vorgestellt, als er mit dem Zweiten
Neuordnungsgesetz 1997 Kassen und Pflegeverbände beauftragte, eine Bundesrahmenempfehlung zur häuslichen Krankenpflege zu vereinbaren.
Damals hatte das BMG interveniert, weil Ärzte und Krankenkassen gemeinsam den Rechtsanspruch der Patienten auf häusliche Krankenpflege, die teure Krankenhausaufenthalte vermeiden hilft, abschaffen wollten. Der Gesetzgeber legte daher fest, dass Ärzte und Krankenkassen im Bundesausschuss eine Richtlinie u.a. zur Verordnung der Krankenpflege verabschieden. Kassen und Pflegeverbände dagegen sollten insbesondere den Inhalt der häuslichen Krankenpflege in einer Bundesrahmenempfehlung festlegen.
Alles kam anders. Der Bundesausschuss hat im Mai eine Richtlinie verabschiedet, die dezidiert festlegt, wann der Arzt was und wie lange verordnen darf. Der individuelle Bedarf des Patienten bleibt dabei allerdings häufig auf der Strecke. Einige Leistungen darf der Arzt überhaupt nicht mehr verordnen, z.B. i.v. Infusionen oder Spritzen in die Vene oder aber Prophylaxen. Gegenwärtig schlagen sowohl bei den Patienten als auch bei den Ärzten deshalb die Wogen hoch. In Bayern z.B. waren bisher Maßnahmen, die verhindern, dass Patienten sich wund liegen, verordnungsfähig. Diese sogenannten Dekubitusprophylaxen dürfen jetzt nicht mehr verordnet werden. Die AOK Bayern hat die Ärzte ausdrücklich angewiesen, keine Prophylaxen mehr zu verordnen. Erst wenn der Patient einen Dekubitus hat, darf der Pflegedienst die ärztlich verordnete Dekubitusbehandlung durchführen.
Der bpa hat deshalb zusammen mit anderen Bundespflegeverbänden gegen die Richtlinie eine Klage eingereicht. Auch das BMG hat die Bundesverbände aufgefordert, eine vernünftige Regelung zu den Prophylaxen zu treffen. Die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm hat sogar gefordert, die Richtlinie zurückzunehmen und insbesondere die unrechtmäßige Regelung zu den Prophylaxen kritisiert. Auch die Gesundheitskonferenz der LänderministerInnen hat sich mit der Richtlinie häusliche Krankenpflege und dem Antrag, diese außer Kraft
zu setzen, intensiv beschäftigt. Aber damit nicht genug; die Bundesverbände der Krankenkassen stellen sich völlig stur. Sie teilten den Bundespflegeverbänden mit, dass diese entweder die Leistungen der Richtlinie akzeptieren oder die Verhandlungen zur Bundesrahmenempfehlung gescheitert seien. Weder der bpa noch die anderen Pflegeverbände können und wollen diesem Diktat folgen.
"Der bpa steht zu aller erst für die Verhinderung und Verhütung von Krankheiten. Einem Leistungsverzeichnis häuslicher Krankenpflege, das die Rechte kranker Patienten einschränkt und das Wegsehen, z.B. bei dem Dekubitus erfordert, akzeptieren wir nicht", so Bernd Tews, Geschäftsführer des bpa.
Dass die Kassen nebenbei noch erklärt haben, dass sie sich vorerst auch außerstande sehen, die häusliche Krankenpflege für psychisch Kranke zu vereinbaren trotz Aufforderung des BMG und monatelanger Vorarbeit einer Expertenkommission, passt ins Bild.
"Die Kassen haben ohne Not die Verhandlungen abgebrochen. Uns drängt sich der Eindruck auf, dass - nachdem mit den Ärzten im Bundesausschuss scheinbar alles geregelt wurde - die Pflege nicht mehr benötigt wird. Jetzt ist das BMG gefordert. Die Kassen haben der Ministerin zugesagt, gerade zu den Prophylaxen und der Krankenpflege für psychisch Kranke mit den Pflegediensten eine Regelung zu treffen. Wir fordern Sie auf, Frau Fischer, verhelfen Sie den Patienten und der Pflege zu ihrem Recht, beenden Sie das Kassendiktat und verlangen
Sie von den Krankenkassen die Einhaltung Ihrer Zusagen", so Bernd Tews.
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