Pressemitteilung | Trägerverein des Deutschen Presserats e.V.

Lauschangriff gegen Journalisten / Medienverbände fordern veränderten Gesetzentwurf

(Bonn) - Die Medien befürchten Schlimmes von dem Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin zur Neuregelung des „Großen Lauschangriff“. Der Entwurf beseitigt den Schutz von Journalisten vor staatlichen Abhörmaßnahmen. Der Presserat fordert die Bundesjustizministerin gemeinsam mit den Journalisten- und Verlegerverbänden DJV, dju, BDZV und VDZ auf, den vorliegenden Gesetzesentwurf zurückzunehmen. Das Verbot von Abhörmaßnahmen gegenüber Journalisten muss um der Pressefreiheit willen uneingeschränkt gewährleistet bleiben.

Die Novelle der Normen zu verdeckten Ermittlungsmaßnahmen in der Strafprozessordnung war wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 notwendig geworden. Hierin hatte das Gericht das Abhören von Wohnräumen in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt. Gleichzeitig hat es dem Gesetzgeber aufgegeben, zukünftig einen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu gewährleisten, in dem solche Abhörmaßnahmen ausgeschlossen sind. Nach dieser und weiteren Entscheidungen des Gerichts sind Abhörmaßnahmen aber auch wegen anderer Grundrechtsgarantien nicht uneingeschränkt zulässig, z.B. aufgrund der Pressefreiheit bei Journalisten.

Nach dem jetzigen Entwurf des Bundesjustizministeriums sind Abhörmaßnahmen bei Journalisten als Berufsgeheimnisträgern dem Wortlaut nach zwar immer noch grundsätzlich unzulässig. Aber im Einzelfall soll das Belauschen von Redaktionsräumen – anders als bisher – wegen „unabweisbarer Bedürfnisse“ einer wirksamen Strafverfolgung möglich sein. Diese neue Einschränkung durchlöchert den Informantenschutz und das Redaktionsgeheimnis. Journalisten wird die Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgabe deutlich erschwert. Die Ermittler haben zwar den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit „besonders“ zu beachten, wenn sie bei Journalisten mithören wollen. Nicht nur in der praktischen Anwendung birgt die Klausel aber große Unsicherheiten, da sie mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe enthält. Wann zum Beispiel im konkreten Einzelfall ein unabweisbares Bedürfnis einer wirksamen Strafverfolgung vorliegen soll, wird durch das Gesetz nicht weiter ausgeführt. Dies sind Unsicherheiten mit gravierenden Folgen für die journalistische Arbeit, denn Informanten, die nicht sicher davor sein können, dass ihr Gespräch mit einem Journalisten vom Staat abgehört wird, werden keine brisanten Informationen mehr liefern. Letztlich erweisen sich aber die angeblich das Abhören einschränkenden Rechtsbegriffe als wirkungslos, weil an das Lauschen gegenüber dem Beschuldigten die gleichen Anforderungen gestellt werden.

In der Begründung bezieht sich der Gesetzesentwurf allein darauf, dass im Gespräch mit einem Journalisten der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht betroffen sei. Die isolierte Berücksichtigung dieser Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts verkennt den Sinn des Urteils. Das Gericht hat im Schutz der privaten Sphäre nicht das allein ausschlaggebende Kriterium für die Rechtswidrigkeit einer Abhörmaßnahme gesehen. Nach wie vor sind auch andere grundrechtlich geschützte Belange wie etwa die Wahrung der Pressefreiheit zu berücksichtigen.

Quelle und Kontaktadresse:
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