Pressemitteilung | Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung e.V. (KWB)

Lehrstellensteuer schafft Chaos / Wirtschaft: Abgabe-Gesetz sofort stoppen

(Berlin) - Das geplante Gesetz zur Erhebung einer Ausbildungsplatzabgabe wird die Ausbildungssituation nicht verbessern, sondern verschärfen. Die Anstrengungen der Wirtschaft zur Mobilisierung von Ausbildungsplätzen werden erheblich erschwert und behindert. Chaos ist vorprogrammiert. Weder Zwangsabgaben noch Prämien werden zusätzliche Lehrstellen schaffen, sondern bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen und geeignete Bewerber. Die Spitzenorganisationen der Wirtschaft fordern deshalb die Bundesregierung auf, die Pläne für eine Ausbildungsabgabe aufzugeben.

Schon jetzt führt die erhebliche Verunsicherung der Unternehmen zur Zurückhaltung beim Lehrstellenangebot. Wenn die rot-grüne Regierungskoalition nicht auf ein solches Gesetz verzichtet, riskiert sie eine drastische Verschlechterung der Lehrstellensituation im Herbst. Die Wirtschaft begrüßt, dass sich die Ministerpräsidenten sowie die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern gegen die Abgabe aussprechen, und erwartet ein entsprechendes Votum auch der SPD-Länder im Bundesrat.

Eine Abgabe wird auf Dauer die Berufsausbildung vom Beschäftigungssystem abkoppeln. Damit droht die Verdoppelung der Jugendarbeitslosigkeit. Der wichtigste Vorteil der dualen Ausbildung geht verloren. Gegen den Gesetzentwurf zur Ausbildungsabgabe sprechen:

1. Der Gesetzentwurf setzt nicht bei den Ursachen an und ist sogar ungeeignet, die Symptome erfolgreich zu behandeln. Stattdessen wird das knappe Angebot an Ausbildungsplätzen einsei­tig den Arbeitgebern angelastet.

2. Ausbildungsmärkte sind regionale Märkte. Eine zentralistische Lösung geht an der regionalen Ausbildungssituation vorbei.

3. Die Ausbildungsabgabe setzt Fehlanreize, Ausbildungsplätze zurückzuhalten. Sie erzeugt Mitnahmeeffekte und führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Beschäftigungsintensive Betriebe werden besonders "bestraft", da sich die Höhe der zu zahlenden Umlage an der Mitarbeiterzahl orientiert. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit hohem Teilzeitanteil, die zusätzlich be­troffen sind.

4. Auch Unternehmen, die dringend geeignete Bewerber suchen und nicht finden, werden be­straft. Ein zentrales Problem - die mangelnde Ausbildungsreife vieler Schulabgänger - wird im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt.

5. Grundlage der Abgabemechanismen ist die Berufsberatungsstatistik der Arbeitsagenturen. Die Aussagekraft dieser auf freiwilligen Meldungen basierenden Geschäftsstatistik ist begrenzt, was auch die Bundesagentur für Arbeit immer wieder unterstreicht.

6. Die Festlegung einer einheitlichen Ausbildungsquote ist vor dem Hintergrund unterschiedlicher Beschäftigungsstrukturen in Branchen und Betriebsgrößen nicht zu rechtfertigen.

7. Die Anbindung des Förderbetrags an die Ausbildungsvergütung berücksichtigt zwar Kostenunterschiede bei den Vergütungen, nicht aber Unterschiede bei anderen Ausbildungs­kosten und bei den Erträgen der Auszubildenden, was Fehlsteuerungen und Qualitätsverluste zur Folge haben wird: Anspruchsvolle, kapitalintensive Ausbildung geht zurück.

8. Die Ausbildungsabgabe führt zu hohem Verwaltungsaufwand - auch in den Betrieben - und zusätzlicher Bürokratisierung, da kostenträchtige Verwaltungskapazitäten aufgebaut und zahl­reiche Ausnahmen und Sondertatbestände berücksichtigt werden müssen. Ein Verwaltungs­chaos ist vorprogrammiert. Bezeichnend ist, dass im Gesetzentwurf der Verwaltungsaufwand für die Durchführung nicht beziffert wird.

9. Der Vorrang tarifvertraglicher Regelungen ist so eng gefasst, dass alle bestehenden Branchen­vereinbarungen nicht darunter fallen und es unrealistisch ist, entsprechende Tarifverträge ab­zuschließen. Ein solches Gesetz gefährdet die bestehenden tariflichen Regelungen und führt zur Vernichtung von Ausbildungsplätzen.

10. Eine Ausbildungsabgabe hat massive Fehlsteuerungen zur Folge, da von staatlicher Seite massiv in die Struktur des Ausbildungsplatzangebots eingegriffen wird. Damit steigt die Jugendarbeitslosigkeit - die in anderen EU-Ländern deutlich höher ist - mit erheblichen gesell­schaftlichen Folgekosten.

Die Einführung einer Ausbildungsabgabe ist wirtschaftlich unvertretbar und nicht zuletzt im Interesse der Jugend aus gesellschaftlicher Verantwortung abzulehnen. Deshalb wenden sich die Spitzenorganisationen der Wirtschaft - gemeinsam mit zahlreichen Ländern, Kommunen, Wissen­schaftlern und weiten Teilen der Öffentlichkeit - mit Nachdruck dagegen, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen.

Gemeinsame Presseerklärung:
- Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
- Deutscher Industrie- und Handelskammertag
- Hauptverband des Deutschen Einzelhandels
- Zentralverband des Deutschen Handwerks
- Bundesverband der Deutschen Industrie
- Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels
- Bundesverband der Freien Berufe
- Deutscher Bauernverband

Quelle und Kontaktadresse:
Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung Baunscheidtstr. 2, 53113 Bonn Telefon: 0228/915230, Telefax: 0228/9152399

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