Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: Sozialcharta für Dresdner Woba ist Mogelpackung / Kommunalpolitikern und Mietern wird Sand in die Augen gestreut
(Berlin) - Als Luftnummer und Mogelpackung bezeichnete Dr. Franz-Georg Rips, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), die mehr als 30 Seiten umfassende so genannte Sozialcharta im Kaufvertrag zwischen Fortress und der Stadt Dresden. Die hier vereinbarten Schutzrechte für Mieter sind weitgehend wertlos. Sie sind eher geeignet, Mietern und Kommunalpolitikern Sand in die Augen zu streuen. Wer das komplizierte Klauselwerk gelesen und verstanden hat, kann als sozialverantwortlicher Politiker dem Verkauf der 48.000 Wohnungen nicht zustimmen, erklärte der Mieterbund-Direktor nach einer ersten Durchsicht der Unterlagen. Nach seiner Einschätzung werden bestehende gesetzliche Mieterschutzregelungen nur wiederholt, teilweise verwässert, vermeintliche Schutzrechte verklausuliert. Drei Beispiele nannte Rips:
Mietererhöhungsbegrenzung
Die vorgesehenen Mieterhöhungsbegrenzungen beziehen sich auf den Gesamtdurchschnitt aller Woba-Wohnungen, nicht auf die einzelnen Wohnungen.
Das bedeutet, der einzelne Mieter muss mit drastischen Mietsprüngen von bis zu 20 Prozent in drei Jahren rechnen. Überall da, wo der Wohnungsmarkt entsprechende Mieterhöhungen zulässt, wird es spürbar teurer werden, so Rips. 20 Prozent Mieterhöhungen, wann immer möglich, keine Mieterhöhung, wenn nicht durchsetzbar im Durchschnitt aller 48.000 Woba-Wohnungen wird damit die Mieterhöhungsgrenzung eingehalten. Diese Fortress-Mieterhöhungs-Formel wurde schon beim Kauf der Gagfah-Wohnungen angewandt. Der Deutsche Mieterbund hat der Gagfah nach Bekanntwerden dieser Mieterhöhungspraxis deshalb auch untersagt, weiter zu behaupten, die Schutzvereinbarungen seien aus Mietersicht positiv.
In Dresden werden die Mieten steigen, prognostizierte Rips. Bei Neuvermietung der 48.000 Wohnungen gilt völlige Vertragsfreiheit. Die hier vereinbarten höheren Mieten werden das Durchschnittsniveau und damit die ortsübliche Vergleichsmiete in Dresden kurz bis mittelfristig verteuern. Außerdem können Modernisierungsmieterhöhungen ohne weiteres verlangt und durchgeführt werden.
Wohnungsverkäufe
Die Vereinbarung, dass den betroffenen Mieterhaushalten ihre Wohnung zu 85 Prozent des Marktwertes angeboten werden muss, ist praktisch wertlos. Ausgegangen wird vom Marktwert unvermieteter Wohnungen. Da diese im Regelfall mindestens 20 bis 25 Prozent teurer gehandelt werden als vermietete Wohnungen, ist die Gefahr groß, dass betroffene Mieter ihre Wohnung tatsächlich zu einem höheren Preis angeboten bekommen als marktüblich.
Schon die bestehenden gesetzlichen Schutzregelungen, wie Kündigungssperrfrist und Vorkaufsrecht, stellen den Mieter besser als die vereinbarten Schutzrechte in der Sozialcharta, sagte Rips.
Instandhaltung
Künftig wird allein Fortress entscheiden, wo Instandhaltungen durchgeführt werden, wann Reparaturen veranlasst, ausgesetzt oder auf die lange Bank geschoben werden. Ob die von der Woba gebildeten Rückstellungen für Instandhaltungen von mehr als 20 Millionen Euro zweckentsprechend verwendet werden, ist nicht geregelt.
Der zugesicherte Instandhaltungsbetrag von 5 Euro pro Quadratmeter im Jahr ist unzureichend. Zum Vergleich: Bei Sozialwohnungen werden je nach Baualter 7,10 bzw. 9 Euro pro Quadratmeter angesetzt, erklärte der Mieterbund-Direktor.
Dass Luxusmodernisierungen, Eigenbedarfs- oder Verwertungskündigungen ausgeschlossen werden, fällt unter die Rubrik Luftnummer. Diese Fragen sind im Gesetz geregelt. Die Sozialcharta verbessert die Mieterposition nicht. Gewerbemieter werden nach dem Verkauf völlig schutzlos dastehen. Bei Stadtumbau und Stadtentwicklung wird Fortress nur die Verpflichtungen gezwungenermaßen übernehmen, zu denen sich die Woba ohnehin bereits vertraglich verpflichtet hat.
Ich bleibe dabei, der Verkauf der Dresdner Woba muss verhindert werden. Ich appellierte nochmals an den Stadtrat, gegen den geplanten Verkauf zu stimmen. Die vorgelegte Sozialcharta ist als Alibi für Ja-Sager völlig ungeeignet, warnte Rips.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)
Pressestelle
Littenstr. 10, 10179 Berlin
Telefon: (030) 223230, Telefax: (030) 22323100