Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten: Bundesregierung kündigt Mietrechtsänderungen an / Vermietern, Maklern und Wohnungswirtschaft gehen Verschlechterungen nicht weit genug / Mieterbund legt eigene Vorschläge vor

(Berlin) - Als "Wettlauf der Mietrechtsverschlechterer" kommentierte der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation in Berlin die Vorschläge, Gesetzesinitiativen und -formulierungen von Makler-, Eigentümer- und Vermieterverbänden. Deren Vorstellungen gehen noch über die von der Bundesregierung angekündigten Mietrechtsänderungen zu Lasten der Mieter hinaus.

"Wir lehnen die Pläne der Bundesregierung zur Abschaffung des Mietminderungsrechts bei energetischen Modernisierungen oder Änderungen bei den Kündigungsfristen ohne Wenn und Aber ab. Sie sind ungerecht und juristisch fragwürdig. Die Vorschläge aus der Wohnungswirtschaft sind völlig indiskutabel", sagte Siebenkotten. "Wenn man über die Notwendigkeit von Mietrechtsänderungen spricht, dann muss das Mietrecht moderner und zeitgemäßer werden, vor allem aber sozial und gerecht bleiben."

Koalitions- und Regierungspläne

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP wurde vereinbart: Wir wollen das Mietrecht auf seine Ausgewogenheit hin überprüfen und dabei seinen sozialen Charakter wahren. Wir wollen klima- und umweltfreundliche Sanierungen erleichtern. Baumaßnahmen, die diesem Zweck dienen, sind zu dulden und berechtigen nicht zur Mietminderung. Die Hürden im Mietrecht für eine energetische Sanierung zum gemeinsamen Vorteil von Eigentümern und Mietern werden gesenkt, die bestehenden Möglichkeiten der gewerblichen Wärmelieferung (EnergieContracting) im Mietwohnungsbereich erweitert. Mietnomadentum sowie Luxussanierungen zum Zwecke der Entmietung werden wir wirksam begegnen. Die Kündigungsfristen für Vermieter und Mieter sollen einheitlich sein. Mietrechtliche Ansprüche müssen auch wirksam vollstreckt werden können. Zweckgebundene staatliche Transferleistungen zu den Wohnkosten müssen auch tatsächlich den Vermieter erreichen.

Federführend für eine Mietrechtsreform bzw. für Mietrechtsänderungen ist das Bundesjustizministerium. In den letzten neun Monaten haben sich zahlreiche Koalitionspolitiker vor allem zu den Themen Kündigungsfristen, Mietminderung bei energetischer Sanierung und Mietnomaden geäußert und Änderungsbedarf gesehen. In der Koalition geht man davon aus, dass ein Gesetzesentwurf noch in diesem Jahr vorgelegt werden wird. Die Bundesjustizministerin hat sich zum Thema Mietrecht bisher nicht geäußert.

Kündigungsfristen

Mieter können ein unbefristet abgeschlossenes Mietverhältnis immer mit Dreimonatsfrist kündigen. Die Kündigungsfrist für Vermieter hängt von der Wohndauer des Mieters ab und schwankt zwischen drei und neun Monaten. Bisher hat die Bundesregierung noch nicht erklärt, ob Vereinheitlichung der Kündigungsfristen bedeutet, die Kündigungsfristen für Mieter zu verlängern oder für Vermieter zu verkürzen.

Siebenkotten: "Beide Alternativen sind für uns unakzeptabel, beide Varianten führen zu Ungerechtigkeiten bzw. sind sinnlos." Längere Kündigungsfristen bringen für Vermieter kaum Vorteile, für Mieter sind sie aber extrem nachteilig. Von Mietern und Arbeitnehmern wird auf dem Arbeitsmarkt Mobilität und Flexibilität gefordert. Bei einer neunmonatigen Kündigungsfrist sind doppelte Mietzahlungen am neuen und am alten Wohnort kaum auszuschließen. Für Mieter bleibt dann häufig nur die Entscheidung, den neuen Arbeitsplatz nicht anzutreten oder diesen Arbeitsplatz teuer zu bezahlen. An kürzeren Kündigungsfristen für Vermieter hat die Wohnungswirtschaft kein Interesse, allenfalls private Vermieter. Konsequenz kann dann aber sein, dass Mieter, die zum Beispiel 10, 20 oder 30 Jahre in ihrer Wohnung und in ihrem Stadtviertel wohnen, die Wohnung bei einer Kündigung des Vermieters kurzfristig innerhalb von drei Monaten räumen müssen.

Siebenkotten: "Es macht einen großen Unterschied, ob Mieter kündigen und freiwillig die Wohnung aufgeben oder ob der Vermieter kündigt und die Mieter zur Räumung der Wohnung gezwungen werden. Das muss bei der Mietrechtsreform berücksichtigt werden."

Nach Informationen aus dem Bundesjustizministerium wird es eine Neuregelung bei den Kündigungsfristen nur geben, wenn sich CDU, CSU und FDP einig sind. "Bisher hat sich die CSU, zum Beispiel Generalsekretär Alexander Dobrindt oder Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, eindeutig gegen Verschlechterungen der Mieterrechte bei Kündigungsfristen ausgesprochen", erklärte der Mieterbund-Direktor.

Mietminderung und energetische Sanierungen

Nach Ansicht der Koalition behindert das Mietrecht energetische Sanierungen und muss deshalb geändert werden. Duldungspflichten sollen erweitert werden, und das Recht, die Miete bei Baumaßnahmen im Rahmen von energetischen Modernisierungsmaßnahmen zu mindern, soll entfallen. "Ich halte diese Argumentation für falsch und zumindest seit den Sparbeschlüssen der Bundesregierung auch nicht für ehrlich. Wenn der Bundesregierung die energetische Sanierung der Wohnungsbestände so stark am Herzen liegt, dann darf sie nicht die Mittel für die CO2-Gebäudesanierung drastisch zusammenstreichen. Durch den Abbau von Mieterrechten wird nicht eine Wohnung zusätzlich energetisch saniert. Die Streichung des Mietminderungsrechts ist nichts anderes als Klientel-Politik", sagte Siebenkotten.

Das Minderungsrecht gibt es nicht nur im Mietrecht, sondern auch im Kaufrecht, Reiserecht oder Werkvertragsrecht. Es ist nicht nachvollziehbar und widerspricht der Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn im Mietrecht die Mietminderung davon abhängig gemacht wird, ob der Vermieter umbaut bzw. eine einfache Modernisierung durchführt oder ob er energetisch modernisiert. Hinzu kommt, dass es eine hundertprozentig energetische Modernisierung nicht gibt. Gleichzeitig werden Instandhaltungen und Instandsetzungen vorgenommen, unter Umständen auch sonstige Modernisierungsarbeiten. Hier müsste nicht nur differenziert werden, in welchem Umfang, sondern ob überhaupt gemindert werden darf. Würde man darauf abstellen, dass eine Baumaßnahme überwiegend energetisch bedingt ist, hätte dies zur Folge, dass das Mietminderungsrecht letztlich bei den meisten Baumaßnahmen ausgeschlossen wäre.

Grund für eine Mietminderung sind darüber hinaus nie die energetische Sanierung selbst, sondern immer nur die erheblichen Beeinträchtigungen und Mängel, die infolge der Bauarbeiten im oder am Haus auftreten, zum Beispiel: Lärm, Schmutz, Heizungsausfall, Warmwasserausfall, Nichtbenutzbarkeit der Toilette usw.

Mietnomaden

"Wir sind mit der Bundesregierung einig, dass das Verhalten von Wohnungsbetrügern - auch Mietnomaden genannt - nicht akzeptabel ist und nicht geduldet werden darf", sagte Siebenkotten. Wer eine Wohnung in der Absicht anmietet, keine Miete zu bezahlen, betrügt und muss bestraft werden. Aber deshalb brauchen wir keine neuen Gesetze. Auch heute ist der Wohnungsbetrug natürlich verboten und strafbar. "Deshalb ist es auch richtig, wenn die Bundesregierung das Problem der schätzungsweise 1.000 Mietnomadenfälle im Verfahrens- und Prozessrecht und nicht im Mietrecht sucht. Hierbei werden wir die Bundesregierung unterstützen", kündigte der Mieterbund-Direktor an.

Vermieter- und Maklervorschläge

Nachdem schon der Maklerverband IVD sowie die Eigentümerorganisation Haus & Grund eigene Vorschläge für ein künftiges Mietrecht gemacht haben, haben die Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft auch noch einen gemeinsamen Vorschlag veröffentlicht mit dem eindeutige Ziel, das Mietrecht zum Nachteil der Mieter zu verschlechtern, zum Beispiel:

- Abschaffung des Mietminderungsrechts bei klima- und umweltbezogenen Modernisierungen.

- Generell soll der Mieter nur dann die Miete kürzen dürfen, wenn er vorher eine Sicherheitsleistung erbringt.

- Mieter sollen uneingeschränkt verpflichtet werden, klima- und umweltbezogene Modernisierungen zu dulden.

- Die Möglichkeit, die Miete zu erhöhen, soll vereinfacht werden; zusätzliche Mieterhöhungsmöglichkeiten sollen geschaffen werden.

- Vorgaben des Datenschutzes sollen abgeschafft oder ausgehöhlt werden.

- Zusätzliche Möglichkeiten zur fristlosen Kündigung, zum Beispiel wenn die Mietkaution nicht gezahlt worden ist, sollen eingeführt werden.

- Weil Vermieter in ihren Mietverträgen eine Vielzahl von unwirksamen Schönheitsreparaturregelungen vorgegeben haben, soll jetzt eine gesetzliche Verpflichtung sicherstellen, dass Mieter ihre Wohnung regelmäßig renovieren müssen.

"Nicht mit uns. Dieser Forderungskatalog der Wohnungsunternehmen, Makler und Verwalter ist maßlos. Er darf nicht umgesetzt werden", sagte Siebenkotten. Die uneingeschränkte Duldungspflicht von klima- und umweltbezogenen Modernisierungsmaßnahmen oder die Einführung neuer Mieterhöhungsmöglichkeiten nach Modernisierungen, beispielsweise bei Staffel- oder Indexmietverträgen, ist überflüssig und falsch. Bei diesen Mietverträgen ist die Mietpreisentwicklung während der Laufzeit des Mietvertrages nicht an die ortsübliche Vergleichsmiete oder an Kappungsgrenzen geknüpft. Die Eröffnung zusätzlicher Mieterhöhungsmöglichkeiten würde das Vergleichsmietensystem in Frage stellen.

Mit neuen Mietrechtsvorschriften sind Mietnomaden-Fälle nicht zu verhindern. Deshalb müssen auch nicht bewährte mietrechtliche Regelungen und Grundsätze für mehr als 20 Millionen Mieterhaushalte geändert werden. Zusätzliche Kündigungsgründe, zum Beispiel weil die Mietkaution oder eine Rate davon nicht oder nicht pünktlich gezahlt wurde, sind überflüssig. Der Vorschlag, dass Mieter nur dann die Miete mindern dürfen, wenn sie vorher eine Sicherheitsleistung erbringen, ist unsinnig, erschwert die Rechte der Mieter unnötig und ist außerdem äußerst streitträchtig. Die Begründung, so könne am besten unterschieden werden zwischen "normalen Mietern" und "Mietnomaden", die die geschuldete Miete anderweitig verwenden würden, stellt einen großen Teil der Mieter unter Generalverdacht.

Es gibt eine gesetzliche Regelung zu Fragen der Instandhaltung der Wohnung und damit zu Schönheitsreparaturen und es gibt eine Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen zu diesen Fragen. Insoweit besteht objektiv kein Bedürfnis nach einer Neuregelung der Schönheitsreparaturfrage. Die von Vermietern und der Wohnungswirtschaft beklagte Rechtsunsicherheit ist allein darauf zurückzuführen, dass Vermieter in ihren Formularmietverträgen unwirksame Schönheitsreparaturklauseln vorgegeben haben. Es ist aber nicht Aufgabe des Gesetzgebers, diese Fehler von Eigentümern und Vermietern zu "reparieren".

Vorschläge des Deutschen Mieterbundes

Der Deutsche Mieterbund hat im Rahmen seiner Gremien auf der diesjährigen Bundesarbeitstagung der Mieterorganisation und zusammen mit Experten und Fachleuten diskutiert, an welchen Stellen Mietrechtsänderungen tatsächlich sinnvoll und wichtig wären, zum Beispiel:

Stichwort Modernisierung / Sanierung

- Die Mieterhöhungsmöglichkeit gemäß Paragraph 559 BGB (11-Prozent-Regelung) ist ersatzlos zu streichen. Modernisierungsmieterhöhungen sind grundsätzlich über das Vergleichsmietensystem vorzunehmen. Der energetische Zustand als Beschaffenheitsmerkmal kann wertsteigernd oder wertmindernd die Vergleichsmiete beeinflussen.

- Bleibt es bei der Mieterhöhungsmöglichkeit nach Paragraph 559 BGB, ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit einzuführen bzw. zu beachten. Ziel muss es sein, Mietsteigerungen warmmietenneutral auszugestalten.

- Wenn der Vermieter energetische Modernisierungen durchführt und zur Verfügung stehende öffentliche Mittel nicht in Anspruch nimmt, darf dem Mieter hieraus kein wirtschaftlicher Nachteil entstehen.

- Energieausweise sind allen Mietern auf Wunsch auszuhändigen. Bei Vertragsabschluss muss der Vermieter neben dem Mietvertrag auch den Energieausweis übergeben.
- Mieter erhalten einen Erfüllungsanspruch sowie Sanktionsansprüche, wenn der Vermieter gegen geltende öffentlich-rechtliche Regelungen der Energieeinsparverordnung verstößt.

Stichwort Miethöhe und Betriebskosten

- Eine wirksame Begrenzung der Neuvertragsmieten ist durch eine Reform des Paragraphen 5 Wirtschaftsstrafgesetz sicherzustellen.

- Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen darf der Vermieter nur anhand der tatsächlichen Quadratmeterzahl der Wohnung vornehmen. Abweichungen zum Nachteil des Mieters sind immer unzulässig.

- Bei Vertragsabschluss hat der Vermieter bei der Vereinbarung von Betriebskosten-vorauszahlungen realistische Beträge anzugeben.

- Der Mieter hat zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung Anspruch auf Übersendung von Fotokopien der Rechnungsunterlagen (gegen Kostenerstattung).

- Betriebskosten dürfen nur umgelegt werden, wenn sie namentlich im Mietvertrag aufgeführt sind. Pauschale Verweisungen auf gesetzliche Regelungen reichen nicht aus.

Stichwort Kündigung und Mietkaution

- Sicherzustellen ist, dass Kündigungsschutz- und Kündigungssperrfrist-Regelungen nicht unterlaufen bzw. umgangen werden können, beispielsweise durch Bildung von BGB-Gesellschaften und nachträglichen Verkauf an die Gesellschafter.

- Bei Mietkautionen muss es eine feste Abrechnungsfrist geben. Innerhalb von drei Monaten nach Vertragsende ist abzurechnen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Pressestelle Littenstr. 10, 10179 Berlin Telefon: (030) 223230, Telefax: (030) 22323100

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