Pressemitteilung | Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e.V.

Preissteigerungen bei Wärme und Strom - Sächsische Wohnungsgenossenschaften planen eigenständige Energieerzeugung zur Selbstversorgung

(Dresden) - Der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) lud heute zum Thementag "Unabhängige Energieversorgung" seine Mitglieder ins Wasserkraftwerk Mittweida ein. Seit Jahren bemühen sich die sächsischen Wohnungsgenossenschaften neben der Kaltmiete auch die sogenannte "2. Miete", die warmen und kalten Betriebskosten, in Grenzen zu halten. Fast 90 Prozent aller Gebäude sind energetisch saniert. Diese Modernisierungsmaßnahmen und die Verbesserung der Anlagentechnik zur Warmwasseraufbereitung und zur Beheizung wirken sich insgesamt positiv auf den Verbrauch aus.

"Während der niedrigere Verbrauch anfangs auch zu deutlichen Nebenkosteneinsparungen führte, wird dieser Spareffekt jetzt von immer weiter steigenden Versorgungspreisen (über-)kompensiert und erreicht die Mitglieder unserer Wohnungsgenossenschaften nicht", erklärte Dr. Axel Viehweger, Vorstand des VSWG. Ein durchschnittlicher sächsischer Haushalt einer Genossenschaft gibt bereits heute mehr als ein Viertel der Wohnkosten für Wärme und Strom aus.

Neben der Abhängigkeit der Preisentwicklung für die primären Rohstoffe Erdöl und Erdgas gibt es eine weitere Anhängigkeit von den Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerken. Durch langfristige Lieferverträge und tendenziell steigende Grundgebühren werden Preissteigerungen in der Regel weitergegeben. Die Mieter aber profitieren im Gegensatz oft nicht von Preisrückgängen auf den Rohstoffmärkten oder den geringeren Verbräuchen. Vor diesem Hintergrund scheint die eigenständige Energiegewinnung zur Selbstversorgung eine Möglichkeit, der Entwicklung der Betriebskosten entgegenzusteuern und sich so vom Markt abzusetzen.

"In den letzten Jahren konnten so bereits erste Projekte sächsischer Wohnungsgenossenschaften geplant und zum Teil sogar umgesetzt werden. Dabei lässt sich der Trend, weg vom Einzelgebäude, hin zur kompletten Quartiersbetrachtung erkennen", so Sven Winkler, Referent für Betriebswirtschaft, Energie und Technik beim VSWG.

In der Gemeinde Sebnitz konnte durch Initiative der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Sebnitz eG beispielsweise ein Nahwärmenetz in Betrieb gehen. Die notwendige Wärme wird aus einer Kombination aus einem mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW), einem Pelletkessel sowie einem konventionellen Erdgas-Kessel erzeugt. Ein weiteres wegweisendes Projekt könnte eine Quartierslösung in der Gemeinde Lohmen im Landkreis Sächsische Schweiz - Osterzgebirge werden, bei der öffentliche Gebäude mit Wohngebäuden einer Genossenschaft und mehrerer privater Eigentümer dezentral versorgt werden sollen. Einen wesentlichen Baustein bildet dabei der nahegelegene Fluss Wesenitz. Mit Hilfe einer Wärmepumpenkaskade könnte u.a. rund um die Uhr Wärme erzeugt werden.

Der nächste Schritt zur unabhängigen Energieversorgung wäre konsequenterweise die Erzeugung und Nutzung von Strom als "Nebenprodukt" eines BHKW's oder aus einer Photovoltaik-Anlage auf den Dächern der Wohnungsgebäude. Derzeit widersprechen sich jedoch die Klimaschutzziele der Bundesregierung und die steuerlichen sowie energierechtlichen Rahmenbedingungen. "Da der Großteil des Strombedarfs einer Wohnungsgenossenschaft auf die Mitglieder und nicht die Genossenschaft selbst entfällt, kommt ein Eigenverbrauch in der Regel kaum in Frage. Folglich muss der Strom in der Regel für eine niedrige Vergütung ins öffentliche Netz eingespeist werden. Sinnvoller wäre der Verbrauch des Stroms direkt vor Ort durch die Mitglieder. In diesem Fall müsste sich die Wohnungsgenossenschaft als Energieversorgungsunternehmen behandeln lassen und die gleichen Kriterien wie ein Energieriese auf sich anwenden. Zusätzlich würde in der Regel die Steuerfreiheit im Vermietungsgeschäft verloren gehen. In allen Fällen stehen Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis, so dass bisher alle Projekte gescheitert sind", erläutert Sven Winkler.

Neben allgemeinen Trends in der Energieversorgung verdeutlichte Prof. Timo Leukefeld auf eindrucksvolle Art den Weg von der Vision zur Realität anhand bereits vorhandener Projekte beim heutigen Thementag im Wasserwerk Mittweida. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die rechtlichen "Fallstricke" bei einer unabhängigen Energieversorgung und Wege, die selbsterzeugte Energie im Rahmen der Nebenkosten abzurechnen. Am Nachmittag standen vor allem bereits praktizierte und theoretische Geschäftsmodelle sowie Effekte von Speichermedien auf der Agenda, welche eine unabhängige Energieversorgung trotz der schwierigen Rahmenbedingungen ermöglichen sollen. Die Veranstaltung bot Anlass für intensive Diskussionen und ermöglichte zudem die Pflege und Erweiterung der bestehenden Netzwerke.

"Zur Realisierung der Ziele der sächsischen Wohnungsgenossenschaften, die Preise für Energie zu senken oder zumindest weitere Preissteigerungen zu verhindern, bedarf es individueller Lösungen mit verlässlichen Partnern aus der Branche. Vor diesem Hintergrund werden wir auch stärker mit Energiegenossenschaften zusammenarbeiten, da diese neben der fachlichen Kompetenz vor allem die gleichen ideellen Werte besitzen und die genossenschaftliche Idee stärken", so der VSWG-Vorstand.

Mit der Energiehaus Dresden eG ist zum 01.01.2015 die erste Energiegenossenschaft dem VSWG beigetreten. "Die Änderung der Satzung des VSWG und damit die Öffnung für Energiegenossenschaften war ein wichtiger und richtiger Schritt in die Zukunft", betonte Sebastian Brandt, Vorstand der Energiehaus Dresden eG, am Rande der Veranstaltung in Mittweida. Der Klimawandel und die dadurch induzierten Veränderungen auf dem Energiemarkt werden die sächsischen Wohnungsgenossenschaften noch vor zahlreiche Herausforderungen stellen. Mit dem Thementag "Unabhängige Energieversorgung" ist bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung gelungen.

Die 219 im Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) organisierten Wohnungsgenossenschaften sind ein bedeutender Faktor im sächsischen Wohnungsmarkt. Sie bewirtschaften mit insgesamt 278.743 Wohneinheiten 20,9 Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes im Freistaat Sachsen und bieten damit rund einer halben Million Menschen ein zukunftssicheres Zuhause. Als Unternehmen erwirtschaften sie mit den jährlichen Umsatzerlösen in Höhe von 1,13 Milliarden Euro einen Anteil von 1,2 Prozent am sächsischen Bruttoinlandsprodukt und sind für rund 2.400 Mitarbeiter und 65 Auszubildende ein verlässlicher Arbeitgeber und sichern gleichzeitig Aufträge sowie Arbeitsplätze in vielen weiteren der Wohnungswirtschaft flankierenden Branchen. Der VSWG hat seinen Sitz im Verbandshaus in Dresden und ist gesetzlicher Prüfungsverband sowie Fach- und Interessenverband für die im Bundesland Sachsen ansässigen Wohnungsgenossenschaften. Zu seinen Aufgaben zählen unter anderem Information, Beratung sowie Aus- und Weiterbildung der Mitglieder. Zudem übernimmt der Verband die gemeinschaftliche Interessenvertretung der Mitglieder in der Öffentlichkeit.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e.V. Vivian Jakob, Referentin, Presse und Öffentlichkeitsarbeit Antonstr. 37, 01097 Dresden Telefon: (0351) 807010, Fax: (0351) 8070160

(cl)

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