Pressemitteilung | Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU)

Reformen für Wachstum und Beschäftigung – warum der Mittelstand in Deutschland eigene Reformideen entwickeln muss

(München) - Das Wahlergebnis haben offenbar viele in der Wirtschaft als Schock und Desaster gewertet: insbesondere für die Wunschzettel der Funktionäre mit ihren „Beamtenstäben“ in den großen Verbänden, die zudem zu gern von den damaligen Oppositionsparteien übernommen wurden, hat sich sehr deutlich keine Mehrheit in der Bevölkerung gefunden. Sicherlich „Vorfahrt für Arbeit“ – aber nicht mit diesen neoliberalen Reformlisten und nicht mit selbsternannten Heilsbringern wie etwa der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

Und so schlecht ist es der Wirtschaft, insbesondere der Großindustrie, unter Rotgrün doch gar nicht gegangen: Exportweltmeister, erhebliche Steuersenkungen, steuerfreie Beteiligungsveräußerungen, Ausweitung befristeter Arbeitsverträge, Senkung der Sozialabgaben auf geringfügige Beschäftigungen, moderate Lohnsteigerungen, Agenda 2010, Hartz IV. Im Ergebnis sind die Aktienkurse im Hoch und die Gewinne (häufig genug auf Kosten von kleinen und mittelständischen Zulieferern und Abnehmern) überproportional gestiegen.

Die Globalisierung musste dann auch noch als Alibi herhalten, dass die gesellschaftliche Verantwortung vielfach verloren ging. Das Grundschema, je weniger Mitarbeiter, desto mehr Gewinn, kann auf Dauer nicht gut gehen, zumal vielfach die gestiegenen Gewinne eben nicht in entsprechende Investitionen und damit in zukünftige Beschäftigung umgeleitet wurden.

Das kann nicht die Politik des Mittelstandes sein, wobei wir uns bewußt sein müssen, dass der Mittelstand in Deutschland keine homogene Gruppe ist. Mittelständler reichen von Familienunternehmen mit milliardenschweren Umsätzen bis hin zum Einmannhandwerker. Was aber vielfach sowohl in der Politik als auch bei den großen Verbänden verdrängt wird, ist, dass 95 % aller Unternehmen nur maximal 10 Beschäftigte haben. Wo ist das Sprachrohr dieses Mittelstandes? Es kann doch kaum bei den großen Verbänden liegen, die sich bisher nie die Frage gestellt haben, ob eine Volkswirtschaft, die zwar Exportweltmeister ist, aber unter einer gravierenden Konsumschwäche leidet, wirklich als zentrale Themen die Mitbestimmung und den Kündigungsschutz hat. Hier ist keines der kleinen Unternehmen, weder von der jetzigen, noch von der künftigen Regelung betroffen.

Wo liegen nun die notwendigen Ansätze in der nächsten Zeit? Wir brauchen sicherlich eine Sanierung der Staatsfinanzen, wobei aber das Motto von Karl Schiller „ Säen und jäten“ doch wieder mehr in den Blickpunkt rücken sollte. Also Ja zum Subventionsabbau, insbesondere dort, wo hinreichend Verfügungsmasse ist, aber Nein zum Rasenmäher, der ungeprüft vielfach das Vertrauen der Verbraucher negativ beeinflusst. Ja zum Schnitt bei konsumtiven Ausgaben, auch im sozialen Bereich (siehe die Mißbräuche beim Arbeitslosengeld II), aber auch Vorfahrt für notwendige investive Ausgaben des Staates. Maastricht kann kein Selbstzweck sein.

Vor allem anderen muss der Abbau der Arbeitslosigkeit Vorrang haben. Mit innovativen, intelligenten Lösungen durch entsprechende Gesetzesänderungen können u. E. bis zu 1,5 Mio. Arbeitslose wieder in Lohn und Brot gebracht werden. Damit wären auch die Defizitprobleme des Staatshaushaltes weitgehend gelöst. Vergünstigungen für Mittelständler sowie andere Arbeitgeber sollten nur gegeben werden, wenn tatsächlich neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Steuern: Auch hier plädieren wir für ein Bündnis der Realisten. Wir brauchen eine Steuervereinfachung; eine großzügige Steuerreform ist angesichts der öffentlichen Haushalte nicht realistisch. Wir fordern aber die unmittelbare Umsetzung der Beschlüsse des Jobgipfels vom März diesen Jahres. Dabei ist die vorgesehene Regelung der Erbschaftssteuer auf Betriebsvermögen besonders dringlich im Interesse der dauerhaften Fortführung von Familienunternehmen.

Bürokratieabbau: Hier muss man sich bewußt sein, welche Dimensionen die Bürokratie inzwischen angenommen hat. Ob die Kosten für den Mittelstand tatsächlich bei 40 Milliarden € pro Jahr liegen, ist sekundär. Viel wichtiger ist, dass die Bürokratie in der Regel die Eigeninitiative und die Eigenverantwortlichkeit gerade von uns kleinen Unternehmen bremst. Natürlich bedeutet das dicke Bretter bohren und es ist sicherlich auch mühsam für die verschiedenen staatlichen Ebenen, sich mit den – trotz aller Lippenbekenntnisse - zahlreichen Einflüsterern aus den großen Verbänden, die entweder ihre Systeme erhalten oder perfektionieren wollen, auseinanderzusetzen. Hier war Minister Clement auf dem richtigen Weg und hier müssen vor allem die Kommunen in die Pflicht genommen werden. Auch darf Brüssel nicht außer Acht gelassen werden. Der Europäische Rat ist gefordert, der EU-Kommission ihre übermäßigen bürokratischen Flügel zu stutzen. Wir brauchen liberalere Regelungen, deshalb begrüßen wir eine liberal ausgerichtete Dienstleistungsrichtlinie, um verkrustete Strukturen – auch gegen den Widerstand der ewigen „Blockierer“ - aufzubrechen und so Wachstumshemmnisse zu beseitigen.

Wir brauchen insgesamt Verfallsdaten für Gesetze und Verordnungen sowie eine „Beweislastumkehr“, d.h. eine Begründung, warum ein Gesetz unumgänglich ist.

Lohnnebenkosten: Dies bleibt nicht nur für den Mittelstand, sondern auch für die gesamte deutsche Wirtschaft ein zentrales Thema. Die falsche Finanzierung der deutschen Einheit hat uns spätestens jetzt eingeholt. Natürlich wäre eine Steuerfinanzierung von Anfang an richtig gewesen, allerdings sind in der jetzigen konjunkturellen Lage massive Zweifel gegenüber einer Mehrwertsteuererhöhung anzumelden. Wenn über 2/3 des Sozialproduktes binnenwirtschaftlich erarbeitet werden und hier ein Kern der Wachstumsschwäche liegt, muss alles vermieden werden, um zusätzliche Unsicherheit beim Verbraucher zu schaffen. Wir müssen den schwereren Weg gehen und müssen uns z.B. im Gesundheitsbereich auch gegen den Widerstand der Interessengruppen sowohl mit der Einnahmen- wie auch insbesondere der Ausgabenseite befassen.

Wir sind nicht für eine Abschaffung der Bundesagentur für Arbeit, aber das System muss effizient werden – und zwar schnell. Wir sprechen uns für die Schaffung von privater Konkurrenz aus. Vermittlung von Arbeitsplätzen ist eine Aufgabe, die nicht durch den Öffentlichen Dienst bzw. Beamte, geleistet werden muss. Daneben muss der Einfluss von Gewerkschaften, großen Unternehmerverbänden und deren Fortbildungseinrichtungen eliminiert werden.

Mittelständische Unternehmen sollten beim Arbeitgeberbeitrag entlastet werden, aber nur dann, wenn sie Arbeitslose einstellen - damit Mitnahmeeffekte vermieden werden.

Wir sprechen uns klar gegen Mindestlöhne aus. Wir sehen aber in der Aktivierung des Niedriglohnsektors mit Berücksichtigung etwa der Ansätze in den USA oder Großbritannien einen zentralen Punkt zur Senkung der Arbeitslosigkeit.

Finanzierung: Die Finanzierung bleibt vor dem Hintergrund von Basel II ein Hauptthema des Mittelstandes. Wir sehen positiv, dass Banken und Sparkassen sowie ihre mittelständischen Kunden sich aufeinander zu bewegen. Das Rating ist eine Chance für Mittelständler, gleichzeitig müssen die Banken aber ihrer Finanzierungsfunktion stärker als bisher nachkommen. Wir Mittelständler müssen uns aber auch neuen Finanzierungsformen stärker öffnen.

Mittelständler müssen umdenken. Sie sollten sich nicht mehr ungeprüft vor den Karren der Großwirtschaft mit ihren Funktionärsverbänden spannen lassen. Das bedeutet aber auch, dass wir die Zersplitterung unserer Interessenvertretung überwinden müssen, um hinreichend politisches Gehör zu finden. Die Politik muss also jetzt mit Realitätssinn die Chancen einer großen Koalition, die insbesondere in den nächsten zwei Jahren liegen, angehen. Aber auch wir Mittelständler haben Aufgaben.

Quelle und Kontaktadresse:
Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU) Pressestelle Edelsbergstr. 8, 80686 München Telefon: (089) 570070, Telefax: (089) 57007260

(mm)

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