Rund ein Fünftel der Kinder ist psychisch auffällig / Geplante Mindestquote gefährdet Versorgung
(Berlin) - Die Quotierung der Niederlassungsmöglichkeiten für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten über das nächste Jahr hinaus muss unbedingt vermieden werden, um die ausreichende Versorgung der psychisch auffälligen Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Rund fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind psychisch krank. Wir wissen, dass psychische Krankheiten im Kindesalter lange anhalten und oft auch im Erwachsenenalter weiterbestehen, betont der Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung, der Dipl. Psychologe Dieter Best jetzt in Berlin. Deshalb müsse dringend eine Verbesserung der Versorgung mit Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erreicht werden.
Bei der Bedarfsplanung für ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten war als Übergangslösung für zehn Jahre eine Mindestquote für die ärztliche Psychotherapeuten geschaffen worden, die Frist endet 2008. Nun hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf beschlossen, in dem eine Mindestquote von zehn Prozent für die an der Versorgung teilnehmenden Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) vorgesehen ist. Faktisch käme es damit zu einer Absenkung der Anzahl der versorgenden KJP, heute liegt sie im Bundesdurchschnitt bei 13,6 Prozent.
Besorgniserregend sind die regionalen Unterschiede, verdeutlichte Best. Am besten versorgt ist Baden-Württemberg mit 20,5 Prozent, am schlechtesten Sachsen-Anhalt mit nur 3,3 Prozent. Insgesamt sind die neuen Bundesländer schlecht versorgt, aber auch in den alten Ländern gibt es Mängel, so liegt die Versorgung in Hamburg bei nur acht Prozent, in Nordrhein bei 8,4 Prozent.
Mit der geplanten Einführung einer Quote auf einem Niveau von nur 10 Prozent würden zwar zusätzliche Kassensitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in den wenigen Planungsbezirken geschaffen, in denen die Quote bisher niedriger als 10 Prozent liegt. Dies reicht jedoch bei Weitem nicht aus.
Stattdessen will die Bundesregierung mit einer Verlängerung der Schutzquote für die Ärzte um weitere fünf Jahre die ärztlichen Psychotherapeuten schützen, da die Anzahl der Psychologischen Psychotherapeuten deutlich höher liegt und man vermeiden will, dass die ärztlichen Psychotherapeuten verdrängt werden.
Das ist nicht sachgerecht, sagte Best, denn es geht in erste Linie um die Versorgung unserer jungen Patienten und nicht um den Schutz einer Berufsgruppe. Immer weniger Ärzte entscheiden sich für eine psychotherapeutische Ausbildung, viele Plätze können nämlich gar nicht besetzt werden. Diese Sitze würden für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen aber dringend gebraucht.
Die immer noch große Lücke zwischen Bedarf und Angebot bei der Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen führt zu Wartezeiten auf einen freien Therapieplatz von mehreren Monaten bis über ein Jahr. Dies hat inzwischen dazu geführt, dass Eltern zunehmend auf die Möglichkeiten der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V zurückgreifen und Nicht-Vertragsbehandler (mit oft unklarer Qualifikation) in Anspruch nehmen.
Ein Problem ersten Ranges stellt die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit sozial auffälligem Verhalten und mit hyperkinetischen Störungen dar, betont der Vertreter der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung.
Die Einführung einer Mindestquote von 20 Prozent für diejenigen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln, entspräche dem Anteil der Altersgruppe und der Prävalenz psychischer Störungen in dieser Gruppe. Aus diesem Grund plädieren wir für die Einführung einer Mindestquote in dieser Höhe, auch wenn damit eine gleichmäßige Versorgung noch immer nicht erreicht und die Fehlversorgung lediglich gemildert wird, unterstrich Best.
Sein Appell an die Bundesregierung: Überarbeitung des Gesetzesentwurfs, Anhebung der Quote für Psychotherapeuten die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln auf 20 Prozent entsprechend der Stellungnahme von Bundespsychotherapeutenkammer und Deutschern PsychotherapeutenVereinigung, keine Verlängerung der Quote für ärztliche Psychotherapeuten. Nur so könne die ausreichende Versorgung sichergestellt und Langzeitschäden von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen vermieden werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche PsychotherapeutenVereinigung e.V. (DPtV)
Carsten Frege, Geschäftsführer
Am Karlsbad 15, 10785 Berlin
Telefon: (030) 235009-0, Telefax: (030) 235009-44
(el)