Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Schüler müssen verkorkste Reform ausbaden / Über 10 Prozent der Abiturienten müssen in die mündliche Prüfung / Durchgefallen sind aus Sicht von BLLV-Präsident Wenzel nicht sie, sondern Spaenle und sein Ministerium

(München) - Die Durchfallquote bei den diesjährigen Abiturienten ist erschreckend hoch: An einem Nürnberger Gymnasium liegt sie bei 17%, an vielen anderen Gymnasien bei rund 10%. Der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, reagierte empört über die bekannt gewordene Quote. "Die Schüler des achtjährigen Gymnasiums müssen gleich zweimal büßen: Nicht nur, dass ihnen eine vollkommen verkorkste Schulreform das Leben unnötig schwer gemacht hat, sie wurden auch noch mit einer überaus anspruchsvollen Abiturprüfung bestraft, an der ganz offensichtlich viele Schüler gescheitert sind. Sicherlich hat sie auch viele an die Grenze der Belastbarkeit geführt. Zahlreiche Schüler sind betroffen, sie mussten nun nochmals pauken, um mit Hilfe der mündlichen Nachprüfungen, die am heutigen Freitag abgeschlossen werden, ihre Leistungen zu verbessern. Sie finden sich erneut im Stress wieder." Für Wenzel ist dieses Ergebnis ein weiterer Beleg für die Ungerechtigkeit im bayerischen Bildungssystem.


Ob eine Nachprüfung Ziel führend sei und jungen Menschen Lernmotivation vermittle, sei mehr als fragwürdig. Wenzel appellierte an das Kultusministerium, die Schüler fair zu behandeln. "Sie haben es nach all dem Stress und ihrem unter Beweis gestellten Durchhaltevermögen verdient." Über ihre Zukunft sollte nicht eine mündliche Prüfung entscheiden.

Die Tatsache, dass es deutlich mehr Einser-Abiturienten gebe, aber gleichzeitig auch viele Schüler, die das Abitur nicht auf Anhieb bestanden hätten, mache in alarmierender Weise deutlich, wie ungerecht das bayerische Bildungssystem ist: "Weil Bildungserfolg vom Geldbeutel der Eltern abhängt, werden starke Schüler immer stärker, schwache Schüler bleiben dagegen auf der Strecke."
"Für die durchschnittlich begabte Schülerschaft am Gymnasium bedeute dies: Wer sich privaten Förderunterricht leisten kann, schafft es und bringt es unter Umständen sogar zu Spitzenleistungen, wer nicht, läuft Gefahr, schlechter abzuschneiden, durchzufallen oder raus zu fliegen."

Der BLLV-Präsident erinnerte daran, dass im vergangenen Schuljahr die Situation ganz anders aussah: Damals war der Eindruck entstanden, das Kultusministerium habe bei den G8-Schülern Gnade walten lassen. Sie sollten, so der vielfach vermutete Verdacht, im Vergleich zu den G9-Absolventen nicht schlechter da stehen. "Dieser Vergleich fällt in diesem Schuljahr weg. Entsprechend hart wird vorgegangen", vermutet Wenzel. Es sei schon erstaunlich, dass die Quote der "Durchfaller" innerhalb eines Jahres so rasant angestiegen sei.

Die Verkürzung um ein ganzes Schuljahr hätte Schülern, Lehrern und Eltern viel abverlangt. Sie am Ende ihrer schulischen Laufbahn noch einmal zu testen, sei überflüssig und auch ungerecht. "Was sagt eine mündliche Prüfung über die Reife eines jungen Menschen aus? fragte Wenzel und stellte erneut den vorherrschenden Lern- und Leistungsbegriff in Frage.

Aus Sicht Wenzels sind nicht die Abiturienten des achtjährigen Gymnasiums durchgefallen, sondern das Kultusministerium: "Es mutet den Heranwachsenden eine unausgegorene und verpfuschte Reform zu und ist bis heute nicht in der Lage, den dadurch verursachten Stress abzubauen und das Gymnasium zukunftsfähig zu gestalten."

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Pressestelle Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

NEWS TEILEN: