Studie: Die Zukunft der Dienstleister / Wandel in der M+E-Industrie
(Köln) - Die gemeinsame Erklärung des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und der IG Metall war eindeutig: "Weil die Zahl der Arbeitsplätze im produzierenden Kernbereich der Metall- und Elektro-Industrie begrenzt ist, ist es umso wichtiger, gemeinsam dafür einzutreten, im Technologie- und Dienstleistungsbereich den Aufbau von Arbeitsplätzen zu forcieren." Zudem vollen beide Verbände prüfen, "ob für die Zukunftsbereiche der industrienahen Dienstleistungen, die innerhalb und außerhalb der industriellen Unternehmen entstehen, besondere Tariflösungen sinnvoll und notwendig erscheinen".
Diese Erklärung, vom Juni 1998, kam nicht von ungefähr. Immerhin fiel die Zahl der Beschäftigten in der Deutschen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) von knapp 4,7 Millionen in 1991 auf nur noch 3,3 Millionen in 1998. Und das, obwohl die Branche in den vergangenen Jahren eine äußerst positive Produktions- und Absatzentwicklung, vor allem im Ausland, verzeichnete. Dies schlug sich allerdings nicht nennenswert auf die Schaffung von Arbeitsplätzen nieder. Im Gegenteil: Das durchaus beachtliche Produktionswachstum hat nicht ausgereicht, um den Arbeitsplatzabbau zu verhindern.
Während der Abbau der Beschäftigung im Kernbereich der M+E-Industrie in den letzten Jahren somit kontinuierlich voranschritt, und durch überhöhte Tarifabschlüsse, wie etwa 1998/99, sogar forciert wurde, nahm die Beschäftigung im Zulieferbereich hingegen zu. Eine Entwicklung, die nicht nur für die künftigen Beschäftigungs-Perspektiven in der M+E-Industrie wichtig ist, sondern für beide Tarifpartner auch eine tarif- und organisationspolitische Herausforderung bedeutet.
Um eine statistisch fundierte Diskussionsgrundlage zu haben, beauftragen Gesamtmetall und IG Metall daher das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) und das Wirtschafts- und Sozial-wissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI), eine Bestandsaufnahme der Beschäftigungspotentiale der M+E-Industrie und ihrer Zulieferer zu erstellen und die mittelfristige Beschäftigungsentwicklung zu prognostizieren.
Diese Studie liegt jetzt vor. Danach ist die M+E-Industrie in Deutschland nach wie vor ein wichtiger Industriezweig. Mehr als jeder zweite von insgesamt 6,1 Millionen Arbeitsplätzen im Verarbeitenden Gewerbe entfiel 1998 auf die M+E-Industrie. Die Bruttowertschöpfung betrug fast 350 Milliarden Mark. Das entspricht rund 54 Prozent der Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes. Auch gesamtwirtschaftlich hat die Branche nach wie vor eine große Bedeutung. Knapp jeder zehnte Arbeitsplatz befindet sich in einem Unternehmen der M+E-Industrie.
Der Beschäftigungsabbau der letzten Jahren wird sich allerdings, wenn auch gebremst, mittelfristig fortsetzen. Die Wissenschaftler beider Forschungsinstitute gehen davon aus, "dass der deutsche M+E-Sektor zwischen 1998 und 2005 im Basisfall einen Beschäftigungsrückgang von 417.000 Personen (12,5 Prozent), im optimistischen Fall von 297.000 (8,6 Prozent) und im pessimistischen Fall einen Rückgang von 543.000 Personen (16,3 Prozent) verzeichnen muss".
Beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall in Köln möchte man diese Prognosen allerdings nicht als "gottgegeben" hinnehmen. "Wir haben durchaus die Möglichkeit", so Gesamtmetall-Präsident Werner Stumpfe, "dem Beschäftigungsabbau tarifpolitisch gegenzusteuern." So konnten 1998 in der M+E-Industrie rund 70.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Verantwortlich dafür war unter anderem eine vorausgegangene lohnpolitische Zurückhaltung der Gewerkschaften. "Dieser Zuwachs an Beschäftigung", so Stumpfe, "wurde in diesem Jahr durch den völlig überhöhten Tarifabschluss allerdings wieder zunichte gemacht."
Der Beschäftigungsabbau im Kernbereich der M+E-Industrie wird nach Ansicht der Forschungsinstitute zum größten Teil durch die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Zulieferindustrie ausgeglichen. Die Unternehmen der M+E-Industrie sind schließlich ein wichtiger Kunde. So schaffen zwei Arbeitsplätze in der M+E-Industrie einen zusätzlichen Arbeitsplatz im Zulieferbereich. Dieser Faktor wird bis 2005 noch ansteigen.
Doch die zusätzlichen Arbeitsplätze im Zulieferbereich werden nicht in erster Linie industrielle Arbeitsplätze sein, sondern aus dem bereich der Dienstleistungen kommen. Die Gewinner im Gesamtverbund der M+E-Industrie, so die Forscher, "werden die Lieferanten aus den Dienstleistungssektoren sein. Die ihren Anteil von gut 40 Prozent (1994), über 42 Prozent (1998) auf 48 Prozent (2005) steigern werden".
Diese Entwicklung wird nach dem vorgelegten Bericht durch die "überwiegend wirtschaftsnahen Dienstleistungen" angetrieben. Das sind unter anderem Unternehmensberatungen, Rechtsanwälte, Architekturbüros, Werbung, Ausstellungswesen, Verpackung, Vermögensverwaltung, Schreibbüros, Bewachungsdienste, Reinigungsdienste sowie Arbeitnehmerüberlassung - alles Dienstleister, die zum Gesamtverbund der M+E-Industrie gehören. Sie sind immerhin dafür verantwortlich, "dass sich die Gesamtbeschäftigung im M+E-Verbund bei einem Niveau von rund fünf Millionen Beschäftigten stabilisieren kann".
(Autor:Peter Blum)
Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitgeberverband Gesamtmetall, Pressestelle
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