Wegekostendiskussion - neu belebt
(Frankfurt/M.) Die von Verkehrspolitikern, Vertretern kommunaler Institutionen, Umweltverbänden und der Bahn immer wieder aufgestellte Behauptung, der LKW-Verkehr decke die ihm anlastbaren Wegekosten nicht und trüge überproportional zum Verschleiß der Verkehrsinfrastruktur bei, ist vom deutschen Güterkraftverkehrsgewerbe auf der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) in Bremen widerlegt worden.
Der Bundesverband bezog sich dabei auf ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, das mit derselben Methodik, wie früher im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums, die Deckungsgrade für den Güterkraftverkehr auf der Straße ermittelt. In der für den LKW ungünstigsten Rechnungsvariante, die eine Kapitalverzinsung einschließt und von einem angeblich hunderttausendfachen Verschleiß der Fahrbahnen durch LKW gegenüber einem PKW ausgeht, kam das DIW-Institut noch auf einen Deckungsgrad von 75,8 Prozent der Wegekosten deutscher Nutzfahrzeuge. In der für den LKW günstigeren betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung ohne kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten Kapitals, decken die deutschen Brummis ihre Wegekosten dagegen zu 150,6 Prozent.
Die Wegekostendeckung der Bahn liegt dagegen je nach Rechnungsvariante im Güterverkehr nur zwischen 15,8 Prozent bzw. 20,1 Prozent! Selbst in diesen geringen Wegekostenbeiträgen der Bahn stecken, nach Meinung des BGL, hohe Leistungen der Steuerzahler, wie die aus dem Mineralölsteueraufkommen gespeisten Regionalisierungsmittel. Der Bahn sind darüber hinaus durch umfangreiche Investitionshilfen, Altlastensanierung und Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr Zahlungen des Steuerbürgers und damit auch der Güterkraftverkehrsunternehmen in Höhe von 103 Milliarden DM plus 95 Mrd. DM für das Bundeseisenbahnvermögen seit der Bahnreform im Jahre 1994 zugeflossen.
Die Berechnungen des DIW sind auch Beleg dafür, dass jede DM, die der Bund in die Schienenwege investiert, nur mit 15 bis 20 Pf im Güterverkehr zurückfließt. Im Bereich des Verkehrs deutscher LKW hingegen bestehen Rückflüsse zwischen 76 Pf und 1,50 DM. Nach Berechnungen des BGL werden sich die Wegekostendeckungsgrade des deutschen Nutzfahrzeugs unter Berücksichtigung der Ökosteuerreform, die bis zum Jahr 2003 zu einer weiteren Erhöhung der Mineralölsteuer um 30 Pf pro Liter führen soll weiter auf 104 Prozent bzw. 207 Prozent erhöhen! Dagegen sieht der BGL keine Anzeichen für eine Anhebung des Wegekostendeckungsgrades bei der Bahn, die stattdessen weitere Steuererleichterungen verlange. Die von Verkehrspolitikern in diesem Zusammenhang immer wieder erhobene Forderung, die DB AG von der Mehrwertsteuer und anderen fiskalischen Lasten wegen ihrer Wettbewerbsstellung im EU-Verkehrsmarkt zu befreien, ist für den BGL der Beweis für die Wettbewerbsrelevanz der Steuerpolitik. Eine Tatsache, die häufig von den gleichen Verkehrspolitikern in Abrede gestellt wird, wenn es um die Sonderabgaben des Kraftverkehrs geht.
459.000 DM für einen Schienenkilometer
Die mit der angeblich zu hohen Verkehrsinfrastrukturbelastung durch den Straßengüterverkehr begründete Forderung, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, wird auch durch die Ermittlung der Kosten für einen Kilometer Schienenstrang bzw. einem Kilometer Straße, nach Meinung des BGL, "ins Reich der Illusionen" verwiesen. Nach Berechnungen des DIW-Instituts müssen je Netzkilometer auf der Schiene sechsmal so hohe Mittel aufgewendet werden, wie für die Straße. So betragen die Wegekosten je Schienenkilometer 459.000 DM, je Straßenkilometer dagegen 73.000 DM. Nach Ansicht des BGL wäre der mit einer massiven Verkehrsverlagerung pro Schiene verbundene Investitionsaufwand weder in einem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen noch durch den Bund selbst leistbar.
Straßenbenutzungsgebühr nur als Harmonisierungsinstrument
Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Überprüfung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung die sogenannte Pällmann-Kommission hat nach Aussage des BGL festgestellt, dass die DB AG selbst bei einer Beschränkung des Schienennetzes auf überregional bedeutsame Strecken für absehbare Zeit auf hohe Staatszuschüsse angewiesen bleibt. Von eigenständigen Wegekosten wird nicht ausgegangen. Die Kommission schlägt vor, das verlustbringende Netz aus dem Staatsunternehmen DB AG herauszugliedern und potentiellen Interessenten zu diskriminierungsfreien Konditionen zur Verfügung zu stellen.
Der BGL begrüßt den Kommissions-Vorschlag, Nutzerentgelte ausschließlich an den Wegekosten der Verkehrsträger zu orientieren. Die Pällmann-Kommission lehnt die Einbeziehung sogenannter externer Kosten in die Berechnung der Gebührenhöhe ab.
Wie der Bundesverband in Bremen betonte, ist das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe nach wie vor dazu bereit, die vom LKW-Verkehr verursachten Wegekosten über verkehrsspezifische Abgaben selbst zu tragen. Aus Sicht des BGL muss eine solche Gebühr jedoch als Instrument zur Harmonisierung der fiskalischen Wettbewerbsbedingungen im EU-Güterkraftverkehr eingesetzt werden. Dazu wäre die Umfinanzierung von bislang nationalen Abgabelasten auf Gebühren, die nach dem Territorialitätsprinzip erhoben werden, der richtige Weg. Gebühren "on top" für das ohnehin hoch belastete deutsche Transportgewerbe lehnt der BGL kategorisch ab, weil sie keinen Beitrag zu fairem Wettbewerb leisten.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)
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