Wenig Service und viele Tücken im Kleingedruckten / Bund der Versicherten warnt vor neuer Senioren-Unfallversicherung "Unfall 60 Aktiv" der Allianz
(Berlin) - Der Bund der Versicherten e.V. warnt vor dem Abschluss dieses neuen Versicherungsangebotes, dass sich speziell an ältere Menschen richtet. Die meisten Senioren sind auch mit 60 Jahren durchaus noch fit, unternehmungs- und reiselustig sowie sportlich aktiv. Damit steigt aber auch das Risiko, einen Unfall zu erleiden. Daher wird diese Altersgruppe vermehrt von den Versicherern ins Visier genommen. Unter anderem bietet die Allianz eine spezielle Unfallversicherung für Ältere mit dem Namen "Unfall 60 Aktiv" an.
Es handelt sich dabei um eine Kombination aus privater Unfallversicherung und Dienstleistung in der häuslichen Betreuung. Die Versicherung zahlt nach einem Unfall nicht nur Geld im Invaliditätsfall, sondern organisiert für den Kunden spezielle Dienste, sogenannte Assistance-Leistungen. Das sind z. B. Hilfsleistungen wie Menüservice, Erledigung von Einkäufen, Begleitung bei Arzt- und Behördengängen, Unterbringung von Haustieren, Gartenpflege und Schneeräumdienst, Wäscheservice sowie ein Hausnotruf. Damit soll so reden die Allianz-Werbestrategen den Älteren ein die Selbständigkeit und damit auch ein wesentliches Stück an Lebensqualität gewahrt bleiben.
Thorsten Rudnik, gerichtlich zugelassener Versicherungsberater beim Bund der Versicherten e.V. meint: Das ist ein weiteres unsinniges Versicherungsangebot auf dem deutschen Markt. So schön die Werbung der Allianz auch klingen mag, die Packung verspricht weit mehr als der Inhalt hergibt!
Im Einzelnen: Die Unterbringung der Haustiere wird zwar organisiert, die Kosten für den Transport und die Unterbringung zahlt aber der Versicherte. Gleiches gilt für die Kosten für die Gartenpflege, den Schneeräumdienst und für die Erledigung der Besorgungen. Alle anderen Leistungen sind in ihrer Stundenzahl erheblich eingeschränkt und werden nur ein- bzw. zweimal die Woche für höchstens zwei Stunden gewährt. Es handelt sich also keineswegs um eine ausreichende oder gar gute Versorgung der Verunfallten. Sogar die Leistungen im Fall der Pflegebedürftigkeit werden nur für längstens sechs Monate und auch nur begrenzt auf zweimal täglich zwei Stunden gewährt. Außerdem enden alle Hilfe- und Pflegeleistungen sofort, wenn Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bezogen werden. Das wird aber in aller Regel bei einem schweren Unfall der Fall sein und dann entfallen alle Leistungen aus dem Vertrag der Allianz. Darüber hinaus nimmt sich die Allianz selbstverständlich das Recht, in jedem Fall selbst den Bedarf zu ermitteln und entscheidet danach, welche Leistungen im Einzelfall gewährt werden.
Weiterer Nachteil: Im Falle einer unfallbedingten Invalidität zahlt die Allianz erst ab einer Invalidität von 20 Prozent nach der sogenannten Gliedertaxe. Darunter gibt es nichts. Ab 70 Prozent unfallbedingter Schädigung wird eine zusätzliche Jahresrente bis maximal 3 Prozent der versicherten Invaliditätssumme gezahlt. Insbesondere der medizinische Fortschritt und die Tatsache, dass mögliche Vorerkrankungen berücksichtigt und von der Invaliditätseinschätzung abgezogen werden, wird dazu führen, dass ein Invaliditätsgrad von 70 Prozent in den seltensten Fällen erreicht wird. Dann zahlt die Allianz keinen Cent!
Im angebotenen Tarif "Unfall 60 Aktiv" gilt ein Oberschenkelhalsbruch als Unfall. Ansonsten ist der Unfallbegriff aber recht eng gefasst. Es sind z. B. Schäden an Bandscheiben, Gesundheitsschäden durch Infektionen, Insektenstiche oder durch die versehentliche Einnahme fester oder flüssiger Stoffe und alle Störungen in Folge psychischer Reaktionen ausgeschlossen. Die Allianz ist damit in ihren Bedingungen deutlich schlechter als andere leistungsstarke Anbieter. Dazu kommt noch, dass das Unternehmen natürlich nicht auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Somit kann der Versicherungsschutz vom Versicherer auch altersbedingt gekündigt werden.
Auch bei den Antragsfragen sehen die Verbraucherschützer große Probleme. Die Senioren werden im Antrag umfassend nach Gesundheitsbeeinträchtigungen gefragt. Angegeben werden müssen alle jemals erlittenen Unfälle und alle Krankheiten, die behandlungsbedürftig sind oder waren. Bei den Fragen gibt es keinerlei Begrenzung des angefragten Zeitraumes oder der Schwere der anzugebenden Beschwerden. Dies dürfte für viele Antragssteller kaum möglich sein. Wenn aber die Antragsfragen nicht mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit beantwortet werden, kann sich der Versicherer im Leistungsfall seiner Zahlungsverpflichtung entziehen.
Neben diesen vielen Fallstricken wird an einer Beispielrechnung deutlich, dass das Angebot der Allianz auch sehr teuer ist. Die Allianz berechnet für einen Vertrag mit einer Invaliditätssumme von 50.000 Euro, monatlicher Rente bei Vollinvalidität von 1.500 Euro und Todesfallsumme von 13.000 Euro folgende Monatsbeiträge: Eine 60-jährige Frau zahlt einen Monatsbeitrag von 25,75 Euro und ein gleichaltriger Mann von 20,81 Euro, allerdings nur bei Abschluss eines 5-Jahresvertrages. Bei einer jährlichen Vertragsdauer liegen die Beiträge um 10 Prozent höher. Zum Vergleich: Eine 60-jährige Frau würde als Mitglied des Bundes der Versicherten für einen Versicherungsschutz von 200.000 Euro bei Invalidität und 15.000 Euro bei Tod nicht einmal 7 Euro monatlich bezahlen. Die Allianz behält sich außerdem vor, den Beitrag entsprechend der Entwicklung der Preise für Dienstleistungen sozialer Einrichtungen und entsprechend der Veränderung des Schadenbedarfs jährlich anzupassen.
Zusammenfassendes BdV-Urteil zur neuen Allianz-Unfallversicherung für Senioren: Schlechte Bedingungen, wenig Serviceleistungen, zu teuer deshalb: Finger weg!
Quelle und Kontaktadresse:
Bund der Versicherten e.V.
Postfach 11 53, 24547 Henstedt-Ulzburg
Telefon: 04193/99040, Telefax: 04193/94221
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