Verbändereport AUSGABE 8 / 2012

BDSG-Novelle: Schonfrist abgelaufen

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Seit September wird es ernst, erste Abmahnungen gab es schon: Die Übergangsfrist für die Datenverwendung zu Werbezwecken (BDSG-Novelle 2009/10) endete am 31. August dieses Jahres. Bis dahin sollten die Kundendatenbanken und CRM-Systeme überprüft und bereinigt sein.

Unternehmen und Verbände, die bisher den „Großputz“ ihrer Kundendatenbanken versäumt haben, sollten jetzt handeln. Das BDSG sieht im Falle der Nichtbeachtung Bußgelder bis zu 300.000 Euro vor. Neu ist auch, dass das Bußgeld in jedem Fall den wirtschaftlichen Gewinn übersteigen soll. Dazu kann der im § 43 BDSG vorgegebene Rahmen auch überschritten werden.

Weitere Risiken für Werbetreibende sind jedoch nicht nur die Vorgaben des BDSG, sondern auch die Novellierung des UWG (Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb) vom 30.12.2008. Dabei gilt es, insbesondere den § 7 UWG gegen jede geplant werbliche Maßnahme abzuklären. Die Auguren, die bei der Novellierung des BDSG das Ende der Werbung voraussagten, nahmen die Änderungen im UWG gar nicht so deutlich zur Kenntnis. Möglicherweise, weil viele immer noch glauben, dass es Unterschiede bei der Werbung an Endkunden und an Geschäftskunden gäbe. Das UWG spricht aber grundsätzlich von Marktteilnehmern und das BDSG macht ebendiesen Unterschied an keiner Stelle.

Einwilligungen

Für die verschiedenen Werbekanäle ist es unbedingt erforderlich, die vorgeschriebenen Einwilligungen vor einer werblichen Aktivität einzuholen. Einige Unternehmen scheuen den Aufwand, ihre Datenbank zu bereinigen und gegebenenfalls Einwilligungen gesondert einzuholen. Es besteht oft die Befürchtung, dass ebendiese versagt wird und Werbung danach nicht mehr zulässig ist. Doch das ist sie aufgrund der Novelle und der fehlenden Einwilligung sowieso nicht mehr. So kann ein unerlaubter Werbeanruf mit bis zu 50.000 Euro nach dem UWG geahndet werden.

Man muss sich jedoch fragen, ob für diese Kunden die getätigten werblichen  Aufwendungen generell ineffektiv sind. Viel wichtiger dürfte es sein, über aktuelle und korrekte Kundendaten zu verfügen. Sind Kunden am Produkt und am Unternehmen interessiert, werden die Einwilligungen wahrscheinlich erteilt. Derartige Daten dürften viel wertvoller sein als große unorganisierte, veraltete und falsche Datenbestände.

Unzulässig sind Versuche, in denen Kunden mitgeteilt wird, dass man sie künftig auf diesem oder jenem Weg bewerben wird und ihnen eine Möglichkeit eröffnet, dies zu verweigern. Reagiert der angefragte Kunde nicht positiv, antwortet nicht und unterschreibt nicht, ist eine Einwilligung als verweigert zu betrachten und er darf nicht beworben werden. Wurde der Betroffene nicht um eine Einwilligung gebeten, sind bestimmte Konstellationen zur Werbeansprache auch ohne Einwilligung möglich. Zum Beispiel Werbung an eigene Kunden, für eigene Produkte oder per Brief unter Nutzung der vorhandenen Listdaten. Generell unzulässig sind z. B. als Marktforschung oder Kundenzufriedenheitsbefragungen getarnte Werbeanrufe, in deren Verlauf versucht wird, sich nachträglich eine Einwilligung für Werbeanrufe zu verschaffen.

Das Listenprivileg

Auch für die Zukunft gibt es Ausnahmen von dem Einwilligungserfordernis. Nach dem sogenannten Listenprivileg erlaubt das Datenschutzgesetz Werbung ohne Einwilligung, wenn hierbei nur sogenannte „Listdaten“ genutzt werden. Dabei handelt es sich um zusammengefasste Daten, die sich auf die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe, Berufsbranchen oder Geschäftsbezeichnung, Namen, Titel, akademischen Grad, Anschrift und Geburtsjahr beziehen. Auf keinen Fall gehören zu den Listdaten Telefon- und Faxnummern, E-Mail-Adressen oder das vollständige Geburtsdatum. Dies gilt für Kunden, zu denen eine entsprechende Geschäftsbeziehung bzw. ein Schuldverhältnis besteht und es sich um eigene Waren oder Dienstleistungen handelt.

Bei Kunden, mit denen man in bestehendem Rechts- oder Geschäftsverhältnis steht, dürfen in Kundendatenbanken weitere, legitim erhobene Daten hinzugespeichert werden. Diese können dann als Selektionsmerkmale genutzt werden, sofern sich dies auf das bestehende Geschäftsverhältnis bezieht.

Nutzung gekaufter Daten

Werden Daten von Auskunfteien oder Adressbrokern zum Zwecke der Werbung gekauft, ist darauf zu achten, dass die Verantwortung für den gesamten Werbevorgang beim Werbenden liegt. Es ist daher besonders wichtig, sich eindeutig zu versichern und gegebenenfalls Kontrollen vorzunehmen, dass die Daten auch zum Zwecke der werblichen Ansprache erhoben wurden. Vor jeder Werbemaßnahme empfiehlt sich grundsätzlich der Abgleich mit der eigenen Widerspruchsliste wie auch mit den Robinsonlisten des deutschen Dialogmarketing Verbandes.

Handlungsfelder

Viele Fehler werden bei der Erhebung von Daten für digitale Newsletter gemacht. Über sogenannte „Muss-Felder“ werden Daten erhoben, die mit der eigentlichen Anforderung nichts zu tun haben. Für die Registrierung eines Newsletters würde also die Angabe einer E-Mail-Adresse völlig ausreichen. Bei der Bitte um Zusendung von Prospektmaterial ist die Zwangsabfrage einer Telefonnummer oder E-Mail-Adresse unzulässig. Sie verstößt schon gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit.

Für den Benutzer muss transparent sein, ob und welche personenbezogenen Daten erhoben und wie sie genutzt werden. Es muss möglich sein, für jedes Formular zu erkennen, zu welchem Zweck seine Daten genutzt werden sollen. Auch soll darüber informiert werden, an wen seine Daten gegebenenfalls übermittelt werden. Werden über die für den jeweiligen Zweck erforderlichen Angaben weitere Daten abgefragt, sollte klar dargestellt sein, dass diese nur freiwillig erhoben werden. Die entsprechenden Hinweise sollten gut ersichtlich beim Formular oder in der Datenschutzerklärung zu finden sein. SSL-verschlüsselte Seiten erhöhen die Datensicherheit und schaffen Vertrauen.

Beschwerden

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Datenschutzbehörde von sich aus tätig wird, ist gering. Beschwert sich jedoch ein Kunde bzw. ein (ehemaliges) Mitglied wegen unrechtmäßiger Verwendung seiner Daten, sollte unverzüglich und angemessen gehandelt werden. Auskunftsbegehren von Betroffenen, und diese kann jeder nach § 34 BDSG geltend machen, auch wenn er nicht mit dem betreffenden Unternehmen bzw. Verband in Verbindung steht, sind in angemessener Frist und vollständig zu beantworten. Das Ignorieren derartiger Anfragen kann die Aufsichtsbehörden auf den Plan rufen, sofern sich Betroffene an diese wenden. Gerne sind in solchen Fällen auch Verbraucherzentralen und Abmahnanwälte behilflich. Im Bereich unzulässiger Datennutzung kann dies also auch Wettbewerber auf den Plan rufen.

Aus eigener Tätigkeit und aus dem Berufsnetzwerk kann versichert werden, dass die Abmahnungen wieder zunehmen. Offensichtlich wird der Termin aus der BDSB Novelle noch einmal dazu genutzt. Dabei betreffen diese Abmahnungen fast immer nur Fehler des Werbetreibenden aus der Nichtbeachtung des UWG.

Wenn nach BDSG oder UWG die geplante Werbung nicht zulässig ist, sollten Sie das Risiko genau abwägen. Im Zweifel ziehen Sie Ihren Datenschutzbeauftragten und Ihren Anwalt für wettbewerbsrechtliche Fragen hinzu. Je nach geplanter Maßnahme ist dies im Rahmen einer erforderlichen Vorabkontrolle sowie durch den DSB zu prüfen. Letztendlich werden für beide nebeneinanderstehenden Gesetze die vorgegebenen Bedingungen erfüllt sein müssen.    

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Autor/in

Jürgen Hartz

berät seit 2005 in allen Belangen des Datenschutzes und ist als externer Datenschutzbeauftragter bestellt. Er ist Mitglied im Vorstand des Berufsverbandesder Datenschutzbeauftragten BvD e. V. und in verschiedenen Gremien aktiv.

http://www.bvdnet.de

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