Im Jahre 2002 ist in Österreich ein neues Vereinsgesetz in Kraft getreten. Weil es zahlreiche Regeln enthält, die im Rahmen der Novellierungstendenzen auch für das deutsche Recht in Zukunft Vorbildfunktion besitzen können, stellt Verbändereport das neue Recht vor.
Begriffsbestimmungen
Das österreichische Vereinsgesetz enthält eine Reihe von gesetzlichen Begriffsbestimmungen, die der Klarheit dienen. Ein Verein im österreichischen Rechtssinn ist
- ein freiwilliger,
- auf Dauer angelegter,
- auf Grund von Statuten organisierter
- Zusammenschluss von mindestens zwei Personen
- zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks.
Der Verein genießt Rechtspersönlichkeit. Ein Verein darf nicht auf Gewinn zielen und das Vereinsvermögen darf nur im Sinn des Vereinszwecks verwendet werden.
Ein Zweigverein ist ein dem Hauptverein statutarisch untergeordneter Verein, der die Ziele des übergeordneten Hauptvereins mitträgt.
Eine Zweigstelle (Sektion) ist eine rechtlich unselbständige, aber weitgehend selbständig geführte organisatorische Teileinheit eines Vereins.
Ein Verband ist ein Verein, in dem sich in der Regel Vereine zur Verfolgung gemeinsamer Interessen zusammenschließen. Ein Dachverband ist ein Verein zur Verfolgung gemeinsamer Interessen von Verbänden.
Gründung des Vereins
Die Gründung eines Vereins umfasst zwei Phasen: seine Errichtung und seine Entstehung. Der Verein wird durch die Vereinbarung von Statuten (Gründungsvereinbarung) errichtet. Er entsteht als Rechtsperson mit Ablauf einer Frist, während der von der Vereinsbehörde geprüft wird, ob gesetzliche Gründe gegen seine Errichtung sprechen. Erst danach darf er seine Tätigkeit aufnehmen.
Die organschaftlichen Vertreter des errichteten Vereins können vor oder nach der Entstehung des Vereins bestellt werden. Erfolgt die Bestellung erst nach der Entstehung des Vereins, so vertreten die Gründer bis zur Bestellung der organschaftlichen Vertreter gemeinsam den entstandenen Verein. Wenn der Verein nicht innerhalb eines Jahres ab seiner Entstehung organschaftliche Vertreter bestellt, ist er von der Vereinsbehörde aufzulösen. Die Frist kann unter Umständen verlängert werden.
Für Handlungen im Namen des Vereins vor seiner Entstehung haften die Handelnden persönlich als Gesamtschuldner. Rechte und Pflichten, die im Namen des Vereins vor seiner Entstehung von den Gründern oder von bereits bestellten organschaftlichen Vertretern begründet wurden, werden mit der Entstehung des Vereins für diesen wirksam, ohne dass es einer Genehmigung durch Vereinsorgane oder Gläubiger bedarf.
Statuten
Die Gestaltung der Vereinsorganisation steht den Gründern und den zur späteren Beschlussfassung über Statutenänderungen berufenen Vereinsorganen im Rahmen der Gesetze frei (Satzungsautonomie). Die Statuten müssen enthalten:
- den Vereinsnamen,
- den Vereinssitz,
- eine klare und umfassende Umschreibung des Vereinszwecks,
- die für die Verwirklichung des Zwecks vorgesehenen Tätigkeiten und die Art der Aufbringung finanzieller Mittel,
- Bestimmungen über den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft,
- die Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder,
- die Organe des Vereins und ihre Aufgaben, insbesondere eine klare und umfassende Angabe, wer die Geschäfte des Vereins führt und wer den Verein nach außen vertritt,
- die Art der Bestellung der Vereinsorgane und die Dauer ihrer Funktionsperiode,
- die Erfordernisse für gültige Beschlussfassungen durch die Vereinsorgane,
- die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis,
- Bestimmungen über die freiwillige Auflösung des Vereins und die Verwertung des Vereinsvermögens im Fall einer solchen Auflösung.
Das Leitungsorgan eines Vereins ist verpflichtet, jedem Vereinsmitglied auf Verlangen die Statuten auszufolgen.
Name und Sitz
Der Name des Vereins muss einen Schluss auf den Vereinszweck zulassen und darf nicht irreführend sein. Verwechslungen mit anderen bestehenden Vereinen, Einrichtungen oder Rechtsformen müssen ausgeschlossen sein.
Der Sitz des Vereins muss in Österreich liegen. Als Sitz ist der Ort zu bestimmen, an dem der Verein seine tatsächliche Hauptverwaltung hat.
Mitglieder- und Delegiertenversammlung
Die Statuten haben Organe zur gemeinsamen Willensbildung der Vereinsmitglieder (Mitgliederversammlung) sowie zur Führung der Vereinsgeschäfte und zur Vertretung des Vereins nach außen (Leitungsorgan) vorzusehen. Die Mitgliederversammlung ist zumindest alle vier Jahre einzuberufen. Der gemeinsame Wille der Mitglieder kann auch im Rahmen eines Repräsentationsorgans (Delegiertenversammlung) gebildet werden. Mindestens ein Zehntel der Mitglieder kann vom Leitungsorgan die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen.
Leitungsorgan (Vorstand)
Das Leitungsorgan muss aus mindestens zwei Personen bestehen. Zu seinen Mitgliedern dürfen nur natürliche Personen bestellt werden. Mit der Geschäftsführung und der Vertretung können auch mehrere beziehungsweise verschiedene Vereinsorgane betraut sein. Innerhalb eines Vereinsorgans können die Geschäfte und Vertretungsaufgaben auch aufgeteilt werden.
Aufsichtsorgan
Sehen die Statuten ein Aufsichtsorgan vor, so muss dieses aus mindestens drei natürlichen Personen bestehen. Seine Bestellung obliegt der Mitgliederversammlung. Die Mitglieder eines Aufsichtsorgans müssen unabhängig und unbefangen sein. Sie dürfen keinem Organ mit Ausnahme der Mitgliederversammlung angehören, dessen Tätigkeit Gegenstand der Aufsicht ist.
Sehen die Statuten eines Vereins, der zwei Jahre lang im Durchschnitt mehr als dreihundert Arbeitnehmer hat, ein Aufsichtsorgan vor, so müssen ihm zu einem Drittel Arbeitnehmer angehören. Der jeweilige Durchschnitt bestimmt sich nach den Arbeitnehmerzahlen an den jeweiligen Monatsletzten innerhalb des vorangegangenen Rechnungsjahrs. Das Leitungsorgan hat jeweils zum Jahresletzten die Durchschnittsanzahl festzustellen und dem Aufsichtsorgan mitzuteilen.
Prüfer
Jeder Verein hat mindestens zwei Rechnungsprüfer zu bestellen, ein großer Verein auch einen Abschlussprüfer. Rechnungsprüfer wie Abschlussprüfer müssen unabhängig und unbefangen sein. Sofern die Statuten nicht anderes vorsehen, wird der Abschlussprüfer für ein Rechnungsjahr bestellt. Die Auswahl der Rechnungsprüfer und des Abschlussprüfers obliegt der Mitgliederversammlung.
Geschäftsführung und Vertretung
Sehen die Statuten nicht anderes vor, ist Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung anzunehmen. Hiefür genügt im Zweifel einfache Stimmenmehrheit. Zur passiven Vertretung des Vereins sind – wie in Deutschland – die Organwalter allein befugt. Die organschaftliche Vertretungsbefugnis ist mit Ausnahme der Anordnung einer Gesamt- oder Einzelvertretung Dritten gegenüber unbeschränkbar. In den Statuten vorgesehene Beschränkungen wirken nur im Innenverhältnis.
Im eigenen Namen oder für einen anderen geschlossene Geschäfte eines organschaftlichen Vertreters mit dem Verein (Insichgeschäfte) bedürfen der Zustimmung eines anderen zur Vertretung oder Geschäftsführung befugten Organwalters.
Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Vereinsbeschlüssen
Beschlüsse von Vereinsorganen sind nichtig, wenn dies Inhalt und Zweck eines verletzten Gesetzes oder die guten Sitten gebieten. Andere gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse bleiben gültig, sofern sie nicht binnen eines Jahres ab Beschlussfassung gerichtlich angefochten werden. Jedes von einem Vereinsbeschluss betroffene Vereinsmitglied ist zur Anfechtung berechtigt.
Streitschlichtung
Die Statuten haben vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen. Die Anrufung des ordentlichen Gerichts kann nur insofern ausgeschlossen werden, als ein Schiedsgericht nach der Zivilprozessordnung eingerichtet wird.
Anzeige der Vereinserrichtung
Die Errichtung eines Vereins ist der Vereinsbehörde von den Gründern oder den bereits bestellten organschaftlichen Vertretern unter Angabe ihres Namens, ihres Geburtsdatums, ihres Geburtsorts und ihrer für Zustellungen maßgeblichen Anschrift mit einem Exemplar der vereinbarten Statuten schriftlich anzuzeigen. Bereits bestellte organschaftliche Vertreter haben zudem ihre Funktion und den Zeitpunkt ihrer Bestellung anzugeben. Sofern bereits vorhanden, ist auch die für Zustellungen maßgebliche Anschrift des Vereins bekannt zu geben.
Erklärung, dass die Vereinsgründung nicht gestattet ist
Die Vereinsbehörde kann erklären, dass die Gründung eines Vereins nicht gestattet wird, wenn der Verein nach seinem Zweck, seinem Namen oder seiner Organisation gesetzwidrig wäre. Eine solche Erklärung muss spätestens binnen vier Wochen nach Eingang der Errichtungsanzeige bei der zuständigen Vereinsbehörde schriftlich und unter Angabe der Gründe erfolgen.
Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit
Ergeht keine solche Erklärung, so gilt das Schweigen der Vereinsbehörde als Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit. Der mit Fristablauf entstandene Verein kann seine Tätigkeit beginnen. Die Vereinsbehörde hat den Anzeigern eine unbeglaubigte Abschrift der Statuten und einen Auszug aus dem Vereinsregister zu übermitteln.
Schon vor Fristablauf kann an die Anzeiger mit Bescheid eine ausdrückliche Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit ergehen, wenn die Vereinsbehörde zu einer Erklärung keinen Anlass sieht. Der Einladung ist eine unbeglaubigte Abschrift der Statuten und ein Auszug aus dem Vereinsregister anzuschließen.
Änderung der Statuten, der organschaftlichen Vertreter und der Vereinsanschrift
Die Vorschriften über die Errichtung gelten sinngemäß auch für Statutenänderungen. Ein Vereinsregisterauszug ist nur dann zu übermitteln, wenn sich durch die Statutenänderung der Registerstand geändert hat. Der Verein hat alle seine organschaftlichen Vertreter unter Angabe ihrer statutengemäßen Funktion, ihres Namens, ihres Geburtsdatums, ihres Geburtsorts und ihrer für Zustellungen maßgeblichen Anschrift sowie des Beginns ihrer Vertretungsbefugnis jeweils binnen vier Wochen nach ihrer Bestellung der Vereinsbehörde bekannt zu geben.
Lokales Vereinsregister
Die Vereinsbehörden erster Instanz haben für die in ihrem örtlichen Wirkungsbereich ansässigen Vereine folgende Vereinsdaten in einem Register evident zu halten: ´
- den Namen der örtlich zuständigen Vereinsbehörde erster Instanz;
- den Namen des Vereins;
- die ZVR-Zahl des Vereins gemäß § 18 Abs. 3;
- das Datum des Entstehens des Vereins;
- den Sitz und die für Zustellungen maßgebliche Anschrift des Vereins;
- die statutenmäßige Regelung der Vertretung des Vereins;
- die Funktion und den Namen der organschaftlichen Vertreter des Vereins, bis zu ihrer ersten Bekanntgabe den Namen der die Errichtung des Vereins anzeigenden Gründer;
- das Geburtsdatum, den Geburtsort und die für Zustellungen maßgebliche Anschrift der organschaftlichen Vertreter des Vereins, bis zu ihrer ersten Bekanntgabe das Geburtsdatum, den Geburtsort und die für Zustellungen maßgebliche Anschrift der die Errichtung des Vereins anzeigenden Gründer;
- die für den Bereich des Vereinswesens erstellte verwaltungsbereichsspezifische Personenkennzeichnung der organschaftlichen Vertreter des Vereins, bis zu ihrer ersten Bekanntgabe die Personenkennzeichnung der die Errichtung des Vereins anzeigenden Gründer;
- den Beginn der Vertretungsbefugnis der organschaftlichen Vertreter des Vereins und die statutenmäßige Dauer ihrer Funktionsperiode;
- die Mitteilung des Abschlussprüfers im Sinn des § 22 Abs. 5 erster Satz;
- die freiwillige Auflösung und die rechtskräftige behördliche Auflösung des Vereins;
- die Abwicklung oder Nachabwicklung sowie den Namen des Abwicklers und den Beginn seiner Vertretungsbefugnis;
- das Geburtsdatum, den Geburtsort und die für Zustellungen maßgebliche Anschrift des Abwicklers;
- die für den Bereich des Vereinswesens erstellte verwaltungsbereichsspezifische Personenkennzeichnung des Abwicklers;
- die Beendigung der Abwicklung oder Nachabwicklung;
- das Bestehen einer Auskunftssperre.
Erteilung von Auskünften
Das Lokale Vereinsregister ist insofern ein öffentliches, als die Vereinsbehörden erster Instanz auf Verlangen jedermann über die gespeicherten Daten eines nach seinem Namen oder seiner ZVR-Zahl bestimmten Vereins (Einzelabfrage) Auskunft zu erteilen haben, soweit nicht eine Auskunftssperre gegenüber Dritten besteht.
Auskunft über die gespeicherten Daten sowie über historische Daten eines Vereins ist jedermann nur auf ausdrückliches Verlangen und nur bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, an Private überdies nur bei Nachweis ihrer Identität zu erteilen. Die Auskunft ergeht mündlich oder in Form eines Vereinsregisterauszugs.
Wer eine Auskunft einholt darf darauf vertrauen, dass sie richtig ist, es sei denn, er kennt die Unrichtigkeit oder muss sie kennen. Liegt die Ursache einer unrichtigen Auskunft auf Seite des Vereins, so haftet bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen ausschließlich der Verein für den entstandenen Vertrauensschaden. Auskünfte, die sich auf die Registerdaten aller oder mehrerer nach anderen gemeinsamen Kriterien als ihrem Namen bestimmter Vereine beziehen (Sammelabfrage), sind nicht zulässig.
Zentrales Vereinsregister
Der Bundesminister für Inneres hat ein automationsunterstütztes Zentrales Vereinsregister (ZVR) als Informationsverbundsystem zu führen. Die Vereinsbehörden erster Instanz haben dem Bundesminister für Inneres für die Zwecke des ZVR ihre Vereinsdaten im Weg der Datenfernübertragung zu überlassen.
Verwendung der Daten des Zentralen Vereinsregisters
Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, jedermann die gebührenfreie Abfrage der im ZVR verarbeiteten Daten eines nach seinem Namen oder seiner ZVR-Zahl bestimmten Vereins, für den keine Auskunftssperre besteht, im Weg des Datenfernverkehrs zu eröffnen (Online-Einzelabfrage).
Ablauforganisation („Vereinsgebarung“)
Informationspflicht
Das Leitungsorgan ist verpflichtet, in der Mitgliederversammlung die Mitglieder über die Tätigkeit und die finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder dies unter Angabe von Gründen verlangt, hat das Leitungsorgan eine solche Information den betreffenden Mitgliedern auch sonst binnen vier Wochen zu geben.
Rechnungslegung
Das Leitungsorgan hat dafür zu sorgen, dass die Finanzlage des Vereins rechtzeitig und hinreichend erkennbar ist. Es hat ein den Anforderungen des Vereins entsprechendes Rechnungswesen einzurichten und vor allem für die laufende Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben zu sorgen. Zum Ende des Rechnungsjahrs hat das Leitungsorgan innerhalb von fünf Monaten eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung samt Vermögensübersicht zu erstellen. Das Rechnungsjahr muss nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmen, es darf zwölf Monate nicht überschreiten.
Die Rechnungsprüfer haben die Finanzgebarung des Vereins im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel innerhalb von vier Monaten ab Erstellung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu prüfen.
Der Prüfungsbericht hat die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel zu bestätigen oder festgestellte ‚Gebarungsmängel’ oder Gefahren für den Bestand des Vereins aufzuzeigen. Auf ungewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben, vor allem auf Insichgeschäfte, ist besonders einzugehen.
Die Rechnungsprüfer haben dem Leitungsorgan und einem allenfalls bestehenden Aufsichtsorgan zu berichten. Die zuständigen Vereinsorgane haben die von den Rechnungsprüfern aufgezeigten Gebarungsmängel zu beseitigen und Maßnahmen gegen aufgezeigte Gefahren zu treffen. Das Leitungsorgan hat die Mitglieder über die geprüfte Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu informieren. Geschieht dies in der Mitgliederversammlung, sind die Rechnungsprüfer einzubinden.
Stellen die Rechnungsprüfer fest, dass das Leitungsorgan beharrlich und auf schwerwiegende Weise gegen die ihm obliegenden Rechnungslegungspflichten verstößt, ohne dass zu erwarten ist, dass im Verein in absehbarer Zeit für wirksame Abhilfe gesorgt wird, so haben sie vom Leitungsorgan die Einberufung einer Mitgliederversammlung zu verlangen. Sie können auch selbst eine Mitgliederversammlung einberufen.
Qualifizierte Rechnungslegung für große Vereine
Das Leitungsorgan eines Vereins, dessen gewöhnliche Einnahmen oder gewöhnliche Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren jeweils höher als eine Million Euro waren, hat ab dem folgenden Rechnungsjahr an Stelle der Einnahmen- und Ausgabenrechnung einen Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses entfällt, sobald der Schwellenwert in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren nicht mehr überschritten wird.
Das Leitungsorgan eines Vereins, dessen gewöhnliche Einnahmen oder gewöhnliche Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren jeweils höher als 3 Millionen Euro waren oder dessen jährliches Aufkommen an im Publikum gesammelten Spenden in diesem Zeitraum jeweils den Betrag von einer Million Euro überstieg, hat einen erweiterten Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang) aufzustellen und überdies für die Abschlussprüfung durch einen Abschlussprüfer zu sorgen. Im Anhang sind jedenfalls Mitgliedsbeiträge, öffentliche Subventionen, Spenden und sonstige Zuwendungen sowie Einkünfte aus wirtschaftlichen Tätigkeiten und die ihnen jeweils zugeordneten Aufwendungen auszuweisen. Der Abschlussprüfer übernimmt die Aufgaben der Rechnungsprüfer. Diese Verpflichtungen entfallen, sobald die im ersten Satz genannten Schwellenwerte in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren nicht mehr überschritten werden.
Als Abschlussprüfer können beeidete Wirtschaftsprüfer und Steuerberater oder Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften, beeidete Buchprüfer und Steuerberater oder Buchprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften sowie Revisoren herangezogen werden.
Stellt der Abschlussprüfer bei seiner Prüfung Tatsachen fest, die erkennen lassen, dass der Verein seine bestehenden Verpflichtungen nicht erfüllen kann, oder die erwarten lassen, dass der Verein in Zukunft zur Erfüllung seiner Verpflichtungen nicht in der Lage sein wird, so hat er dies der Vereinsbehörde mitzuteilen. Die Vereinsbehörde hat diesen Umstand im Vereinsregister ersichtlich zu machen.
Haftung
Haftung für Verbindlichkeiten des Vereins
Für Verbindlichkeiten des Vereins haftet der Verein mit seinem Vermögen. Organwalter und Vereinsmitglieder haften persönlich nur dann, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund persönlicher rechtsgeschäftlicher Verpflichtung ergibt.
Haftung von Organwaltern und Rechnungsprüfern gegenüber dem Verein
Verletzt ein Mitglied eines Vereinsorgans seine gesetzlichen oder statutarischen Pflichten oder rechtmäßige Beschlüsse eines zuständigen Vereinsorgans, so haftet es dem Verein für den daraus entstandenen Schaden; dies gilt sinngemäß auch für Rechnungsprüfer. Bei der Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs ist eine Unentgeltlichkeit der Tätigkeit zu berücksichtigen. Vereinsmitglieder sind in ihrer Eigenschaft als Teilnehmer der Mitgliederversammlung keine Or-ganwalter.
Organwalter können insbesondere schadenersatzpflichtig werden, wenn sie schuldhaft
- Vereinsvermögen zweckwidrig verwendet,
- Vereinsvorhaben ohne ausreichende
finanzielle Sicherung in Angriff genommen, - ihre Verpflichtungen betreffend das Finanz- und Rechnungswesen des Vereins missachtet,
- die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vereinsvermögen nicht rechtzeitig beantragt,
- im Fall der Auflösung des Vereins dessen Abwicklung behindert oder vereitelt oder
- ein Verhalten, das Schadenersatzpflichten des Vereins gegenüber Vereinsmitgliedern oder Dritten ausgelöst hat, gesetzt haben.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn die Handlung auf einem seinem Inhalt nach gesetzmäßigen und ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss eines zur Entscheidung statutengemäß zuständigen Vereinsorgans beruht. Die Ersatzpflicht entfällt jedoch nicht, wenn der Organwalter dieses Vereinsorgan irregeführt hat.
Geltendmachung von Ersatzansprüchen des Vereins
Zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen des Vereins gegen einen Organwalter kann die Mitgliederversammlung einen Sondervertreter bestellen. Für den Fall, dass die Mitgliederversammlung die Bestellung eines Sondervertreters ablehnt oder mit dieser Frage nicht befasst wird, können Ersatzansprüche von mindestens einem Zehntel aller Mitglieder geltend gemacht werden. Diese bestellen für den Verein einen Sondervertreter, der mit der Geltendmachung der Ersatzansprüche betraut wird.
Verzicht auf Ersatzansprüche durch den Verein
Ein Verzicht auf Ersatzansprüche des Vereins gegen Organwalter oder Prüfer ist Gläubigern des Vereins gegenüber unwirksam. Anderes gilt nur, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig oder überschuldet ist und sich zur Abwendung oder Beseitigung des Konkurses mit seinen Gläubigern vergleicht.
Beendigung des Vereins
Die Rechtspersönlichkeit eines Vereins endet mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister; ist eine Abwicklungerforderlich, verliert er seine Rechtsfähigkeit jedoch erst mit Eintragung ihrer Beendigung.
Freiwillige Auflösung
Die Statuten bestimmen, unter welchen Voraussetzungen sich ein Verein selbst auflösen kann und was in diesem Fall mit dem Vereinsvermögen zu geschehen hat. Der Verein hat der Vereinsbehörde das Datum der freiwilligen Auflösung und, falls Vermögen vorhanden ist, das Erfordernis der Abwicklung sowie den Namen, das Geburtsdatum, den Geburtsort und die für Zustellungen maßgebliche Anschrift sowie den Beginn der Vertretungsbefugnis eines allenfalls bestellten Abwicklers binnen vier Wochen nach der Auflösung mitzuteilen.
Abwicklung und Nachabwicklung (Liquidation)
Der aufgelöste Verein wird durch den Abwickler vertreten. In Erfüllung seiner Aufgabe stehen ihm alle nach den Statuten des aufgelösten Vereins den Vereinsorganen zukommenden Rechte zu. Ein von der Vereinsbehörde bestellter Abwickler ist dabei an ihm erteilte Weisungen gebunden. Der Abwickler hat das Vereinsvermögen zu verwalten und zu verwerten. Er hat die noch laufenden Geschäfte zu beenden, Forderungen des Vereins einzuziehen und Gläubiger des Vereins zu befriedigen. Das verbleibende Vermögen ist, soweit dies möglich und erlaubt ist, dem in den Statuten bestimmten Zweck oder verwandten Zwecken, sonst Zwecken der Sozialhilfe zuzuführen. An die Vereinsmitglieder darf im Fall der freiwilligen Auflösung eines Vereins verbleibendes Vermögen auf Grund einer entsprechenden Bestimmung in den Statuten soweit verteilt werden, als es den Wert der von den Mitgliedern geleisteten Einlagen nicht übersteigt. Stellt sich nach Beendigung des Vereins heraus, dass noch weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, so lebt der Verein vorübergehend wieder auf. (HM)