Verbändereport AUSGABE 1 / 2008

Der Luftsportvereinfall

Bundesfinanzhof entscheidet über Umsatzsteuerpflicht von Mitgliedsbeiträgen

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In diesem Fall konnten die Mitglieder die vereinseigenen Sportflugzeuge für eigene Zwecke gegen eine „Gebühr“ mieten, die jedoch nicht kostendeckend war. Der BFH prüfte daher, ob der Fehlbetrag aus allgemeinen Mitgliedsbeiträgen gedeckt wurde und insoweit der Mitgliedsbeitrag ein umsatzsteuerliches Entgelt für die Überlassung der Flugzeuge war. Der BFH hat dies bejaht.

Der BFH schließt sich zunächst ausdrücklich der Rechtsprechung des EuGH an, der zufolge Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen sein können und dass es nicht darauf ankommt, dass die Mitglieder die Vorteile tatsächlich in Anspruch nehmen. Daran anknüpfend entschied der BFH, dass bei Sportvereinen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins, den Mitgliedern Vorteile wie Sportanlagen zur Verfügung zu stellen, und den Mitgliedsbeiträgen bestehe. Insofern gibt der BFH seine in einem älteren Urteil aus dem Jahre 1984 vertretene, gegenteilige Auffassung ausdrücklich auf.

Für den konkreten Streitfall entschied der BFH, dass die vom Verein eingeräumte Möglichkeit zur Flugzeugnutzung in unmittelbarem Zusammenhang nicht nur mit der „Gebühr“ stünde, sondern auch mit den Mitgliedsbeiträgen und dem von den Mitgliedern zu entrichtenden „Eintrittsgeld“ und der von ihnen zu erbringenden Werkstattarbeit. Alle diese Leistungen der Mitglieder seien bei der Bemessung des Entgelts (§ 10 Abs. 1 und 2 UStG) für die Flugzeugnutzung zu berücksichtigen.

Die Nutzungsüberlassung wertete der BFH auch nicht als steuerbefreite sportliche Veranstaltung im Sinne des § 4 Nr. 22 b UStG, weil die Mitglieder den Zeitpunkt und die „inhaltliche Ausgestaltung“ ihrer Flüge jeweils selbst bestimmten.

Der Golfclubfall

Der Golfclub wollte die Vorsteuern aus der Errichtung der Golfanlagen ziehen und hatte damit Erfolg. Auch in diesem Fall entschied der BFH, dass Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren das Entgelt für die Leistungen eines Sportvereins an seine Mitglieder sein können. Er verwies insoweit auf sein Urteil im Luftsportvereinsfall. Im Streitfall habe der Verein die Mitgliedsbeiträge „für die Überlassung der Nutzung bzw. die dauerhafte Zur-Verfügung-Stellung der Golfanlage“ erhalten.

Diese Umsätze seien auch weder als sportliche Veranstaltungen nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG noch als Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerbefreit. Die Mitgliedsbeiträge seien daher in vollem Umfang umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig.

Urteilsanmerkung

Die beiden BFH-Urteile werden sicherlich die Diskussion in Deutschland erneut entfachen, inwieweit Mitgliedsbeiträge zu Vereinen der Umsatzsteuer unterliegen. In vielen Fällen ist die Umsatzsteuerpflicht ja sogar erwünscht, um Vorsteuern ziehen zu können. Andererseits würde eine allgemeine Umsatzsteuerpflichtigkeit der Mitgliedsbeiträge eine Unzahl von Vereinen vor schwerwiegende Finanzierungsfragen stellen, soweit die Vereinsmitglieder – wie wohl zumeist – selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Der Verein müsste dann entweder die Mitgliedsbeiträge um 19 Prozent erhöhen, also die Mitglieder erheblich höher belasten als bisher, oder bei Beibehaltung der bisherigen Beitragshöhe den Beitrag insgesamt als Bruttobeitrag behandeln. In diesem Fall müsste der Verein die Umsatzsteuer aus den vereinnahmten Bruttobeiträgen an das Finanzamt abführen, was den Verbandshaushalt erheblich schmälern würde. Beide Alternativen sind für Idealvereine möglicherweise auf Dauer existenzbedrohend. Vorteile könnten sich in diesen Fällen allenfalls befristet ergeben, solange mit erheblichen Vorsteuern behaftete Investitionen im Verein getätigt werden.

Es muss daher immer wieder betont werden, dass sowohl der EuGH wie auch der BFH keineswegs die Aussage getroffen haben, dass Mitgliedsbeiträge generell der Umsatzsteuer unterliegen. Vielmehr unterliegen sie nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie – wirtschaftlich betrachtet – eine Gegenleistung für eine Leistung des Vereins an seine Mitglieder darstellen. Die Gegenleistungsfrage muss daher in jedem Einzelfall akribisch geprüft werden. Bei Sportvereinen wird häufig eine Gegenleistung der Vereine vorliegen, und zwar dann, wenn sie ihren Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen erbringen, z.B. in Form der Nutzungsüberlassung von Sportstätten (wie im Golfclub-Fall) oder vereinseigenen Gegenständen (wie im Luftsport-Fall). Es stellt sich dann in jedem Fall die weitere Frage, ob diese Leistung im Einzelfall möglicherweise steuerbefreit ist. Es muss dann also nach einer „passenden“ Steuerbefreiungsvorschrift im Umsatzsteuergesetz oder der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie gesucht werden.

Obwohl die bisher bekannt gewordenen Urteile jeweils zu Sportvereinen ergangen sind, sind die Aussagen des BFH zur Umsatzbesteuerung von Mitgliedsbeiträgen darüber hinaus für alle Idealvereine (nichtwirtschaftliche Vereine im Sinne des § 21 BGB) von Bedeutung. Denn umsatzsteuerbare Leistungen des Vereins an seine Mitglieder können bei allen Vereinen vorkommen.

Das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass jeder Mitgliedsbeitrag als Entgelt für eine dem Mitglied erbrachte Leistung anzusehen ist. Häufig wird es bei Vereinen an einem solchen Leistungsaustausch fehlen. Wenn ein Verband sich beispielsweise für den Naturschutz einsetzt, erbringt er gegenüber dem einzelnen Mitglied keine Gegenleistung. Es fehlt dann an einem Leistungsaustausch. Entsprechendes gilt für Berufsverbände, sofern sie ausschließlich Lobby-Tätigkeiten ausüben.

Nach wie vor sind jedoch Mischfälle möglich, in denen Verbände sowohl Tätigkeiten ausüben, die sich nicht als Gegenleistung gegenüber den Mitgliedern darstellen, als auch solche, die eine konkrete Individualleistung an einzelne Mitglieder darstellen. Die Finanzverwaltung teilt nach wie vor in solchen Mischfällen den einheitlichen Mitgliedsbeitrag in einen nichtsteuerbaren Teil und einen umsatzsteuerbaren Teil auf (vgl. Abschnitt 4 Abs. 7 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008).

Der BFH hat sich zu solchen Mischfällen nicht ausdrücklich geäußert. Er sieht sich mit seiner jetzigen Rechtsprechung aber im Gegensatz zu bestimmten Verwaltungsanweisungen (so ausdrücklich zu den Abschnitten 4 Abs. 1 Satz und 22 Abs. 1 Satz 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien). Mir erscheint fraglich, ob dieser Gegensatz tatsächlich besteht. Für die Praxis dürfte jedenfalls auch weiterhin davon auszugehen sein, dass in den Mischfällen bei Vereinen eine Unterscheidung in einen nichtunternehmerischen und einen unternehmerischen Tätigkeitsbereich vorzunehmen ist, mit der regelmäßigen Folge, dass die Mitgliedsbeiträge und ggf. Aufnahmegebühren unter Veranlassungsgesichtspunkten auf diese beiden Bereiche aufzuteilen sind. In den entschiedenen Golfclub- und Luftsportvereinsfällen ging der BFH anscheinend von der Annahme aus, dass diese Vereine ausschließlich eine unternehmerische Tätigkeit ausübten. (WE)

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

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